Bunthaus/Gauert. . Bunthaus/Gauert. Der Containerponton an der Elbe ist unscheinbar. Doch sein Inhalt hilft bei der Aufklärung von Störfällen in der Elbe.
Was für ein Gegensatz: Unscheinbar dümpelt ein grauweißer Containerponton auf der Norderelbe – doch im Inneren findet sich Technik vom Feinsten.
Wer am Gauerter Hauptdeich etwa in Höhe der Hausnummer 45 (Deichkilometer 29,5) über die Elbe schaut, kann sie sehen: die Messstation des Instituts für Hygiene und Umwelt. Der Container liegt querab vom Wohnmobilstellplatz Elbepark Bunthaus. Die Geräte im Inneren liefern eine Fülle an Daten zur Wassergüte der Elbe. Nicht nur Experten haben darauf Zugriff. Wer etwa wissen möchte, wie warm die Norderelbe gerade ist, wie sich der Sauerstoffgehalt in den vergangenen Jahren entwickelt hat, kann online nachschauen: https://gate way.hamburg.de oder er nutzt die „Gewässerdaten Hamburg“-App.
Daten werden rund um die Uhr erfasst
Die Messstation Bunthaus ist eine von zehn an Elbe, Bille, Alster, Wandse, Tarpenbek und Ammersbek. Sie ist seit 1988 in Betrieb. Sauerstoffgehalt, pH-Wert, Leitfähigkeit, Trübung und Temperatur der Elbe werden rund um die Uhr erfasst. Alle zehn Minuten werden die Daten in den Stationsrechnern gespeichert und an den Zentralrechner weitergegeben.
Michael Lechelt (47), Ingenieur für Umwelttechnik, geht am Elbeufer mit seinem Besuch eine lange schmale Brücke hinunter bis zum Ponton, auf dem die Messstation Bunthaus installiert ist. An der Türschwelle heißt es für den Gast erstmal warten: Das Computersystem wird darüber informiert, dass Ingenieur und Gast da sind – sonst gibt es Alarm. Ein Motorboot braust vorbei, der Wellengang lässt die Station schaukeln. Michael Lechelt zieht eine Augenbraue hoch. Langsam sollen die Boote fahren. Denn je ruhiger die Messinstrumente ihre Arbeit tun können, umso besser.
Nicht nur im Katastrophenfall, etwa bei Schiffshavarien, ist das Wassergütemessnetz wichtig. „Ein Ölfilm auf dem Wasser, ist meist auch so erkennbar und zu bekämpfen“, sagt Michael Lechelt. Doch das System erfasst eben auch eine giftige, unerlaubte Einleitung, die unter der Wasseroberfläche schwimmt oder die Partikel, die der Regen von den Äckern spült und macht, wenn nötig, eine schnelle Gegenwehr möglich. Bei einem Alarm an der Station Fischerhof bei der St.-Petri-und-Pauli-Kirche in Bergedorf wird beispielsweise sofort die Einspeisung von Bille-Wasser ins Trinkwassergewinnungsgebiet Curslack gestoppt.
Kleine Krebse geben Auskunft zum Zustand des Wassers
Die Messstation Bunthaus kann andere Fragen beleuchten: Was kommt alles auf dem Weg von Dresden die Elbe herunter? Was fließt mit der Flut von Cuxhaven über den Hafen wieder hinauf? „Auch Gutachten stützen sich auf das Material“, sagt Michael Lechelt. Sowohl Gegner als auch Befürworter der Elbvertiefung beispielsweise werten die Daten aus.
Umweltingenieur Lechelt kann zu jedem Messinstrument, zu jeder Sonde und jedem Becken eine Menge erzählen, dass dem Laien schnell der Kopf schwirrt. Besonders interessant sind die Daphnien- und Algentoximeter. Es sind Testsysteme mit Wasserflöhen und Algen. „Es sind aber keine Flöhe in dem Sinne, sondern kleine Krebse “, sagt Michael Lechelt. Er weist auf einen Bildschirm. Zehn winzige Tierchen schwirren in einem Behältnis umher, das vom Elbwasser durchströmt wird – solange es ihnen gut geht. Sie werden rund um die Uhr gefilmt, ihre Bewegungen werden aufgezeichnet. Sinken sie zu Boden oder streben hektisch der Oberfläche entgegen, dann stimmt etwas nicht. „Dann muss kontrolliert werden“, sagt Michael Lechelt. Verunreinigtes Wasser könnte der Grund für ihr Absterben sein.
Schlamm wird auf Schwermetalle untersucht
Ähnlich verhält es sich mit dem Algentoximeter: Grünalgen schwimmen in einem durchsichtigen Behältnis, reagieren entsprechend auf Giftstoffe, die mit dem Elbwasser durch ihren Lebensraum gespült werden könnten. Wichtig ist hier die Photosynthese-Aktivität. Den Grünalgen geht es gut, solange sie eine bestimmte Menge Sauerstoff produzieren. Auch hier wird alles aufgezeichnet, können die Experten sofort reagieren, wenn die Leistung der Algen sinkt.
Aber die kleine, nur etwa drei mal acht Meter große Messstation kann noch mehr. In einem Sedimentationsbecken sinken Stoffe ab, die sich an Partikel binden – etwa Schwermetalle und bestimmte Pflanzenschutzmittel. „Der Schlamm wird einmal im Monat abgezogen, getrocknet und untersucht, etwa auf Schwermetalle“, erklärt Michael Lechelt.
Wasserproben vor und nach der Katastrophe
Und dann gibt es in der Nähe des Ausgangs noch eine besonders faszinierende Vorrichtung mit 15 Flaschen – ein automatischer Probenehmer. Das Gerät nimmt Wasserproben, alle sechs Stunden wechseln die Flaschen auf die nächste Position, sodass Mischproben entstehen. Der Mischprobennehmer ist mit dem Stationsrechner verbunden – ein intelligentes Gerät, das einen Alarmindex berechnet. Im Störfall reagiert der Probenehmer sofort, füllt die hohe Schadstoffkonzentration in kurzen Abständen in Flaschen – ohne dass weitere nachrücken, also nicht gemischt wird. Das heißt: Im Labor können sowohl unbelastete Proben als auch solche mit der Verunreinigung analysiert werden. Die Wissenschaftler werden von dem Alarm sofort per SMS und E-Mail informiert.
Michael Lechelt meldet sich und seinen Besuch am Computer ab, schließt die Tür, geht die schmale Brücke wieder an Land. Der Gast blickt voller Respekt zurück: So also hilft der kleine, unscheinbare Container, die Wasserqualität zu erhalten, bei Katastrophen schnell zu reagieren und Verursacher von Verunreinigungen zu finden. Ein stiller Gruß geht beim nächsten Deichspaziergang am Gauert ganz sicher über die Elbe zu dem kleinen, großen Mess-Multitalent.