Allermöhe. Es ist nicht besonders groß und im Winter zieht es kalte Ritzen. Doch für Susanne Wilke ist es ihr Traumhaus.
Es erinnert ein bisschen an ein Puppenhaus: Das kleine, hübsche Fachwerkhaus am Allermöher Deich 134. Tatsächlich ist das 177 Jahre alte reetgedeckte Häuschen etwas ganz Besonderes, denn es gibt nicht mehr viele seiner Art. Seit 2005 steht es unter Denkmalschutz. Für Susanne Wilke (51) ist es noch viel mehr: „Das ist mein Traum hier“, sagt sie.
Von Dortmund in die HafenCity und raus aufs Land
Vor fünf Jahren haben sie und ihr Mann Heinrich Wilke (55) das Kleinod gekauft. Dabei schien es erst gar nichts zu werden. Denn der Wunsch, von Dortmund aus endlich ans geliebte Wasser zu ziehen, brachte die Pädagogin und den Projektentwickler zunächst in die HafenCity nach Hamburg. Doch Susanne Wilke fehlte das Grün: „Ich wollte aufs Land.“ Ihr Mann sah das gelassen: „Wenn du was findest, was bezahlbar ist“, meinte er nur.
So stöberte sie im Internet und stieß auf das eingeschossige Haus in Allermöhe – auf dem Land und doch nah dran an der Stadt: perfekt. Doch zu spät. Es gab schon keinen Besichtigungstermin mehr, „ich war sehr enttäuscht“, erinnert sich Susanne Wilke. Und dann zwei Monate später war es doch wieder zu haben, der andere Interessent abgesprungen. „Ich habe sofort angerufen“, sagt sie – und es klappte.
Denkmalschutzamt untersützt Sanierung der Balken
„Ich bin rein und es war sofort meins. Das ist ein Haus mit Geschichte. Diese Atmosphäre, man kann es gar nicht greifen, das ist so ein Gefühl“, sagt sie und streicht liebevoll über einen der uralten Eichenbalken.
Dabei machen die Balken den Eigentümern derzeit ein wenig Sorgen. Denn nach dem Abschleifen der weißen Farbe sind einige Schäden offenbar geworden. Morten Krafzik (50), Tischler und Techniker für Baudenkmalpflege, schaut sich das stellenweise bröckelige Holz an, überlegt, wie es zu retten ist. Das Denkmalschutzamt unterstützt das Engagement der Wilkes, das Kleinod zu erhalten und hat gerade für die notwendige Sanierung 10 000 Euro bewilligt.
Typus der ländlichen Wohnhäuser des 19. Jahrhunderts
Das Häuschen mit etwa 80 Quadratmetern Grundfläche steht auf einer am Deich angeschütteten Wurt. Anders als die alten Hofstellen ist es nicht binnen-, sondern außendeichs angesiedelt. Besonders charmant wirkt das kleine Zwerchhaus mittig im reetgedeckten Krüppelwalmdach.
Den Denkmalschützern wichtig: Das Backsteinfachwerkhaus repräsentiert „den Typus der ländlichen Wohnhäuser, die im Laufe des 19. Jahrhunderts ohne eigenen Landbesitz in den Hamburger Landgebieten entstanden sind und die allmähliche Bevölkerungszunahme in den Dörfern zum Ausdruck bringen.“ Damals machte das schlichte Wohnhaus offenbar nicht viel her – ganz im Gegensatz zu heute.
„Einmaliges Gefühl“ ist unbezahlbar
Ebenerdig vermittelt ein offenes Wohnzimmer mit einem großen Kachelofen Großzügigkeit, im Anbau, früher ein Stall, ist ein gemütliches Gästezimmer untergebracht. Schmal aber funktional ist die Küche, auch im früheren Dachboden ist jede Lücke bestens genutzt. So verschwinden hinter einer Schiebetür Waschmaschine und Trockner, führt eine winzige Tür in ein Mini-Badezimmer im Zwerchhaus. Luxus und Komfort bieten andere Häuser vielleicht mehr. Aber „dieses einmalige Gefühl“ – das ist unbezahlbar.