Ochsenwerder. Ochsenwerder. In diesem Jahr ist alles anders: Das Fernsehen überträgt die Christvesper als Eurovisionssendung bis in die Schweiz.
So eine Christvesper hat Ochsenwerder noch nicht erlebt: Der Gottesdienst an Heiligabend in der Kirche St. Pankratius wird live im Fernsehen übertragen – ist als Eurovisionssendung in Deutschland, Österreich, in der Schweiz und Luxemburg zu sehen. Die Vorbereitungen für die 45-minütige Sendung laufen seit fast einem Jahr.
TV-Übertragung aus einer Dorfkirche ist extrem selten
„Der Regisseur hat sich gleich bei seinem ersten Besuch im Januar in unsere Kirche verliebt“, sagt Pastor Andreas Meyer-Träger. Es sei die große Ausnahme, dass der Heiligabend-Gottesdienst nicht aus einer mächtigen Hauptkirche wie dem Michel oder dem Kölner Dom übetragen werde, berichtet der 55-Jährige. „Die Übertragung aus einer kleinen, evangelischen Dorfkirche in Norddeutschland ist extrem selten.“ Der Pastor glaubt aber, dass die Kirche St. Pankratius „eher die Erwartungen der Fernsehzuschauer erfüllt“, weil aus ihr besonders romantische und idyllische Bilder geliefert werden könnten.
400 Besucher können in der Kirche live dabei sein
Obwohl aufgrund der Fernsehtechnik diesmal keine 500, sondern nur maximal 400 Besucher Platz im Gotteshaus finden, macht sich Meyer-Träger Sorgen, dass – im Gegensatz zu den bisherigen Christvespern – einige Bänke leer bleiben: „Viele Interessierte glauben vermutlich, dass es eh zu voll wird und das sie keinen Parkplatz finden.“ Dabei gebe es genügend Parkplätze, etwa auf dem Gelände der Ochsenwerder Schützen, am Elversweg oder am ehemaligen Marschbahn-Bahnhof.
Parkplätze gibt es in der Umgebung
Der Pastor schlägt zudem „Familien-Shuttle-Dienste“ vor: „Ein Familienmitglied bringt den Rest der Familie, guckt sich die Fernsehübertragung an und holt seine Lieben wieder ab.“ In der Kehre des Alten Kirchdeichs hingegen ist kein Platz. Dort werden zwei große Fahrzeuge des NDR stehen, die den Strom für die Scheinwerfer und weitere Fernsehtechnik liefern.
Kirchentür wird ausgetauscht, durch die Attrappe führt ein Kabelschacht
Die Stromkabel werden – zusammengebunden zu einem 30 Zentimeter dicken Kabelbaum – durch eine Tür-Attrappe in die Kirche verlegt. Meyer-Träger: „Die richtige Tür wird ausgehängt und durch eine Attrappe mit einer Aussparung ersetzt.“
„Ochsenwerder soll auch in diesem Gottesdienst erkennbar sein“
Die Wortbeiträge würden sonst von Bischöfen, Schauspielern und professionellen Sprechern vorgetragen. Meyer-Träger bestand jedoch auf „seine“ Leute – mit Erfolg. „Ochsenwerder soll auch in diesem Gottesdienst erkennbar sein“, sagt der Pastor. Überhaupt sei die Abstimmung mit den Fernsehverantwortlichen sehr intensiv gewesen: „Wir haben sogar über Lied-Strophen diskutiert, die dem NDR nicht fröhlich genug waren.“ Außer einigen Treffen wurde viel telefoniert und E-Mails geschrieben.
Countdown der Vorbereitung eine Woche vor Heiligabend
In der Woche vor Weihnachten geht es dann richtig rund: Kameratraining für die Akteure am Montag, Orgelstimmen am Dienstag, Bühnenbildaufbau am Mittwoch und Donnerstag, Proben am Freitag und Sonnabend. Die Besucher der Vesper werden es schön warm haben: „Weil der Klang der Orgel perfekt und nicht von Temperaturschwankungen beeinflusst werden soll, wird die Kirche eine Woche lang durchgehend beheizt“, sagt der Pastor.
Lange Vesperversion am 9. Dezember – Familien-Advent am 17. Dezember
Die Christvesper beginnt statt 17 Uhr schon um 16.10 Uhr. Zur gewohnten Zeit, um 23 Uhr, wird hingegen die Christmette (Abendgottesdienst) gefeiert – ganz ohne Fernsehen. Das Krippenspiel fällt aus. Dafür gibt es am Sonntag, 17. Dezember, 15 Uhr, einen „Advent für Familien mit Kindern“, zu dem nach Geschichten, Liedern und Gebeten auch der Weihnachtsmann erwartet wird. Am heutigen Sonnabend, 17 Uhr, erklingt ein Adventskonzert – das Vesper-Musikprogramm in Originallänge. Heiligabend sind Musikstücke und Wortbeiträge gestrafft, wird der eigentlich einstündige Gottesdienst für das Fernsehen um 15 Minuten gekürzt. „Alles ist exakt getimt. Meine Begrüßung darf beispielsweise nur 80 Sekunden dauern, die Predigt acht Minuten“, sagt Meyer-Träger. Er schaue während der Sendung auf Pappschilder, die ihm etwa „Noch eine Minute“ anzeigen. Für ihn sei das Timing jedoch kein Problem: „Ich feiere seit 25 Jahren Gottesdienste und habe ein Gefühl für die Abläufe.“
Musikprogramm von Kirchenmusikerin Uta Leber
Das Musikprogramm hat Uta Leber, Kirchenmusikerin in St. Pankratius, organisiert – in Zusammenarbeit mit Meyer-Träger, der für die Wortbeiträge zuständig ist. Zu hören sind vertraute Lieder und Texte, „denn viele Besucher sind nur an Weihnachten in der Kirche“, betont der Pastor. Aber auch sie sollen sich eingebunden fühlen.
So wenig künstliches Licht wie möglich
Heiligabend wird neben dem Altar ein etwa sechs Meter hoher Weihnachtsbaum stehen, der kurz zuvor auf dem Friedhof gefällt wird. Ein gelb leuchtender Stern, ein Adventskranz, gestaltet von Friedhofsgärtner Michael Popp, und Kerzen auf den Bankwangen werden ebenfalls für festliches Flair sorgen. Scheinwerfer werden ausschließlich draußen aufgebaut. Sie leuchten durch die frisch geputzten Kirchenfenster. „Die Fernsehleute wollen so wenig künstliches Licht wie möglich, setzen Spezialkameras ein“, sagt der Pastor.
Einlass in die Kirche ist Heiligabend von 15.30 Uhr an
In Deutschland ist der Gottesdienst im Ersten zu sehen. Einlass in die Kirche ist zwischen 15.30 und 15.55 Uhr. „Dann werden die Besucher gebrieft, gibt es ein viertelstündiges Einsingen“, sagt Meyer-Träger. Er freut sich besonders über das Programm, das vor der Vesper im Fernsehen gezeigt wird – „Weihnachten bei Hoppenstedts“, der Klassiker von Loriot. „Das ist eine fröhliche Einstimmung auf unseren Gottesdienst.“
Mitwirkende der Christvesper-Langversion am 9. Dezember
„Bereite dich, Zion“ ist das Konzert überschrieben, das am Sonnabend, 9. Dezember, 17 Uhr, in der St.-Pankratius-Kirche (Alter Kirchdeich) erklingt.
Es ist die musikalische Langversion der Heiligabend-Christvesper, die am 24. Dezember live aus Ochsenwerder vom Fernsehen übertragen wird. „Bereite dich, Zion“, beginnt eine Arie aus dem Weihnachtsoratorium von Bach. Sie wird gesungen von Counter-Tenor Matthias Dähling (22), einem sehr begabten Studenten der Hamburger Musikhochschule. Er wurde mit Preisen beim Landes- und Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ ausgezeichnet. Das Gleiche gilt für die Sopranistin Lea-Francesca Grünbichler (14) und ihre Schwester Sina Fabienne (12), die am Klavier/ an der Truhenorgel begleitet: ein romantisches Marienlied von Max Reger und die virtuose Arie „Erwach, frohlocke“ aus dem Messias von Georg Friedrich Händel. An der Arp-Schnitger-Orgel begleitet die angehende Konzertorganistin Xiaojing Sheng. Außerdem musizieren Asli Dogan (Violine), Annika Stolze (Violoncello), der Marschländer Posaunenchor (Leitung Udo Griem) sowie die Kantorei Ochsenwerder (Leitung Uta Leber). Astrid Hansen trägt mit der Lesung einer Weihnachtsgeschichte von Siegfried Lenz zur besinnlichen Stimmung bei: „Das Wunder von Striegeldorf“. Die Zuhörer sind eingeladen, bekannte Weihnachtslieder mitzusingen.
Der Eintritt zu diesem Konzert ist frei. Um Spenden wird gebeten.