Moorfleet. Moorfleet. Zwei Männer starben 1980 durch einen Brandanschlag an der Halskestraße. Doch kaum etwas erinnert an ihr trauriges Schicksal.
Es passierte mitten in Hamburg. Gerade einmal 37 Jahre sind vergangen, seit an der Halskestraße zwei junge Männer ihr Leben verloren. Doch es scheint, als wäre die Erinnerung daran völlig ausgelöscht. Nur bei einigen wenigen Menschen nicht. Die setzen sich dafür ein, dass der Tod von Nguyễn Ngọc Chau und Đỗ Anh Lan nicht vergessen wird.
In der Verantwortung, die Erinnerung zu bewahren
Einer von ihnen ist Michael Ostendorf, Pastor der Kirchengemeinde Moorfleet-Allermöhe-Reitbrook. „Es ist unsere Verantwortung, dass nicht vergessen wird, was hier in unserer Nachbarschaft passiert ist“, sagt der 54-Jährige
Im August 1980 waren die beiden jungen Männer aus Vietnam nach Hamburg gekommen, mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Was sie fanden, war der Tod. In der Nacht zum 22. August verübten Mitglieder der terroristischen Neonazigruppe „Deutsche Aktionsgruppen“ an der Halskestraße einen Brandanschlag auf eine Unterkunft für Geflüchtete.
Der Anschlag ist völlig unterrepräsentiert
Etwa 240 Menschen sind damals in dem Gebäude untergebracht, das heute ein Hotel beherbergt. Die beiden Neonazis, ein Mann und eine Frau, werfen Molotowcocktails in ein Zimmer im Erdgeschoss, in dem zwei junge Männer aus Saigon schlafen. Es steht sofort in Flammen, Rettungsversuche durch andere Hausbewohner sind vergebens. Der 22-jährige Ngoc Chau Nguyen stirbt noch in der Nacht an seinen schweren Verbrennungen. Sein vier Jahre jüngerer Mitbewohner ringt neun Tage mit dem Tod, am Ende vergeblich.
Die Bilder eines ähnlichen Anschlags in Rostock-Lichtenhagen, der sich in diesen Tagen zum 25. Mal jährt, ist vielen Menschen präsent. „Doch der Anschlag aus der Halskestraße ist in der Öffentlichkeit völlig unterrepräsentiert“, sagt Michael Ostendorf.
Kaum etwas erinnert an die Opfer
Dabei war die Anteilnahme anfangs noch groß: 400 Trauergäste sind bei der Beisetzung dabei, bei der Hamburgs Erster Bürgermeister Hans-Ulrich Klose die Trauerrede hält. „Doch danach wurde das Thema schnell verdrängt, raus aus Hamburg“, sagt Michael Ostendorf.
Heute erinnert kaum noch etwas an die beiden Männer. Auch der Gedenkgottesdienst, den Pastor Michael Ostendorf im Juni organisierte und in dem Zeitzeugen teilweise das erste Mal öffentlich von ihren Eindrücken der Nacht berichteten, sei spärlich besucht gewesen. „Doch die dabei waren, waren sehr gerührt“, sagt Ostendorf.
Gelegenheit, um Berührungsängste zu verlieren
Eine Gelegenheit, um an die beiden Männer zu erinnern, gibt es schon am kommenden Sonntag. Dann organisiert die Initiative, die sich für ein Gedenken an Nguyễn Ngọc Chau und Đỗ Anh Lan einsetzt, eine Kundgebung an der Halskestraße 72. Von 16 Uhr an soll es ein Gebet geben und Blumen niedergelegt werden.
Damit möchte die Initiative ein Zeichen setzen: Denn auch heutzutage werden Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verübt und wird gegen den Einzug von Geflüchteten protestiert. Deshalb sei es wichtig, die Opfer aus der Anonymität zu reißen, ihnen Namen und Gesicht zu geben. Und dafür haben sie auch konkrete Forderungen: So soll die Straße nach Nguyễn Ngọc Chau und Đỗ Anh Lan benannt werden. Auch die Bushaltestelle, direkt vor dem einstigen Tatort, soll nach den beiden Männern benannt und eine Gedenktafel fest installiert werden, die die Ereignisse dokumentiert und an die beiden Opfer erinnert.
Initiative ist auch beim Gemeindefest dabei
Auch bei dem Gemeindefest von Moorfleet-Allermöhe-Reitbrook, das am 3. September nach dem Gottesdienst auf der Wiese vor dem Moorfleeter Gemeindehaus gefeiert wird, sollen Vertreter der Initiative dabei sein. „Es ist wichtig, in Kontakt zu kommen und die Berührungsängste mit der Geschichte abzubauen“, sagt Michael Ostendorf.