Neuengamme. Neuengamme. 15 Bescherungen in wenigen Stunden – das schafft ein Weihnachtsmann nur, wenn er schnell ist wie die Feuerwehr.
Die Seiten seines goldenen Buches sind voll mit pikanten Geschichten. Im vergangenen Vierteljahrhundert hat Björn Beeken darin kleine, aber entscheidende Details über die Kinder der Vierlande notiert. So lange bringt der Neuengammer den Mädchen und Jungen in den vier Kirchspielen an Heiligabend schon die Geschenke. „Ich bin vermutlich der dienstälteste Weihnachtsmann der Vierlande“, sagt der 43-Jährige.
Ob jemand sein Gemüse nicht aufisst oder sein Zimmer nicht aufräumt – all das ist auf ungezählten Seiten notiert. „Über den ein oder anderen in der Nachbarschaft hab ich noch etwas in der Hinterhand“, scherzt Björn Beeken.
„Ich will den Kindern keine Angst machen“
Im 24. Jahr schlüpft er heute in den roten Mantel. Dann legt er den weißen Rauschebart an, setzt die Perücke auf, malt sich die Augenbrauen weiß an, legt den schwarzen Gürtel mit der goldenen Schnalle um. Und während er sein goldenes Buch, aus dem er bei der Bescherung den Kindern vorliest, stets dabei hat, lässt er die Rute weg. „Ich will den Kindern keine Angst machen, sondern Freude in die Familien bringen“, sagt der 43-Jährige.
So ganz genau kann er sich selbst nicht mehr daran erinnern, wie er als 19-Jähriger zu der Rolle des rotgewandeten Geschenke-Überbringers kam. „Das war irgendwann mal bei der Feuerwehr“, erinnert sich Björn Beeken, der seit 2015 Wehrführer der FF Neuengamme ist.
Die Zugehörigkeit zu den freiwilligen Brandbekämpfern hätte ihn beinahe mal entlarvt: „Mama, der Weihnachtsmann ist auch bei der Feuerwehr“, stellte ein kleiner Knirps nach der Bescherung fest. Unter der roten Hose hatte er die Schuhe des weißbärtigen Mannes eindeutig als Feuerwehrstiefel erkannt.
Doch bei dieser einen „brenzligen“ Situation ist es in all den Jahren geblieben: „Ich habe weder meinen Bart an einer Kerze angesengt noch hat jemals ein Kind daran gezogen“, sagt Björn Beeken.
Die Nachfrage wurde immer größer
Stattdessen hat er sich in den Vierlanden einen so guten Namen als Weihnachtsmann gemacht, dass die Nachfrage immer größer wurde: „Das hat sich irgendwie verselbstständigt“, sagt der 43-Jährige.
Von 13.30 Uhr an erwartet ihn heute ein strammer Zeitplan: Bis zu 15 Bescherungen stehen dann auf dem Programm. Das erfordert Organisation, gutes zeitliches Management und einen ausgeklügelten Routenplan, um auch überall rechtzeitig mit dem motorisierten Schlitten vorzufahren. Doch er wird einige Stunden unterwegs sein: „Die Tagesschau werde ich wohl nicht zu Hause auf dem Sofa miterleben“, sagt er.
Auch wenn zum 24. Dezember für Björn Beeken seit 24 Jahren stets ein wenig Stress dazu gehört, überwiegt doch der Spaß: „Man muss einen Hang zur Schauspielerei haben“, verrät er. So muss er nicht nur schnell und spontan reagieren, wenn Nachfragen der Kinder zu einem Geschenk kommen, das gerade nicht im Jutesack enthalten ist. Ebenso ist behutsames Vorgehen gefragt, wenn ein Kind schüchtern ist und Angst vor dem fremden Mann im roten Mantel hat.
Ein geschulter Blick für Geschenke
Nicht nur Einfühlungsvermögen, auch einen geschulten Blick für Geschenke hat er in all den Jahren bekommen: „Das allerkleinste ist meistens für die Mutter“, weiß er. Auch bei kleinen Präsenten in türkisfarbenem Geschenkpapier ist meist die Frau im Hause die Empfängerin. Dagegen werden die Präsente für die Kinder immer größer: Kettcar, Fahrrad oder Skier – da muss der Vater dann auch schon mal als Assistent mithelfen. Das skurrilste Geschenk hatte in jedem Fall vier Hufe: „Da stand ein Pony bereit, das ich in den Garten geführt habe“, erinnert sich Björn Beeken.
In seinem goldenen Buch notiert er sich dann nicht nur die Hinweise zu den kleinen Verfehlungen der Kinder, sondern auch die Uhrzeit, Anschrift und Versteck des Geschenkesacks: „Das bedarf guter Absprache. Wenn mich ein Kind beobachten würde, wie ich als Weihnachtsmann ums Haus irre auf der Suche nach dem richtigen Eingang, wäre das verstörend – für beide Seiten“, sagt er.
An einem Abend erlebt Björn Beeken Weihnachten auf unterschiedliche Art und Weise: „Von der Mutter im schicken schwarzen Abendkleid, die das Essen für die zehnköpfige Familie an einer edel gedeckten langen Tafel serviert bis hin zur kleinen, gemütlichen Runde, die Würstchen mit Kartoffelsalat auf dem Sofa sitzend neben einem bunt blinkenden Baum zu sich nimmt ist alles dabei.“
„Für uns fängt Weihnachten am ersten Feiertag an“
Wenn er zwischen Geschenken, Kerzen und Lametta aber an seine Ehefrau Carmen denkt, plagt ihn schon das schlechte Gewissen. Denn sie wird Heiligabend allein verbringen, während ihr Mann Freude in die anderen Häuser bringt. „Für uns fängt Weihnachten am ersten Feiertag an“, sagt er. Dann darf auch für Ehepaar Beeken ein Besuch bei der Familie ebenso wenig fehlen wie richtig gutes Essen.