Billwerder. Billwerder. Landwirte machen sich Sorgen über ihre Pachtflächen. Die Stadt lässt Bauern im Unklaren, verspricht aber „fairen Ausgleich“.

Dass der Senat den Startschuss für die Entwicklung des neuen Stadtteils Oberbillwerder gegeben hat, beunruhigt viele Menschen, die in der Nähe des 120 Hektar großen Areals zwischen S-Bahnhalt Allermöhe und Billwerder Billdeich leben. Besonders große Sorgen machen sich Landwirte, die dort Flächen und angrenzendes Land gepachtet haben. Ihre 16-jährigen Pachtverträge enden zum Jahreswechsel. Eine verbindliche Auskunft, ob sie die Äcker weiter bestellen können oder welche Alternativen ihnen die Stadt anbietet, haben sie nicht.

Landwirt Jürgen Stubbe (81) sprach die Pachtverträge in der öffentlichen Fragestunde der jüngsten Bezirksversammlung an. Arne Dornquast vertröstete ihn auf den darauffolgenden Montag. Dann, so der Bezirksamtsleiter, würden die zuständigen Behörden eine Entscheidung mitteilen. Stubbe und die anderen Landwirte erschienen zum verabredeten Termin in den Räumen der Landwirtschaftskammer am Brennerhof – vergeblich.

„Leider waren da nur Referentinnen von Wirtschaftsbehörde und der mit der Erarbeitung eines Masterplan-Entwurfs beauftragten IBA Hamburg, die uns mitteilten, dass noch keine Entscheidung getroffen worden sei“, sagt Stubbe. Erst am späten Freitagnachmittag habe sich dies herausgestellt, da sei keine Zeit mehr gewesen, den Termin mit den Bauern abzusagen.

„Werden fairen Ausgleich sicherstellen“

Warum die Abstimmung in den beteiligten Behörden – neben IBA Hamburg und Wirtschaftsbehörde auch die Umwelt- und die Finanzbehörde – so lange dauert und wann die Landwirte informiert werden, konnte Susanne Meinecke, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde, gestern auf unsere Nachfrage nicht beantworten. Ihre Behörde sei aber im Dialog mit den Pächtern der betroffenen Flächen und mit der Landwirtschaftskammer. „Wir werden einen fairen Ausgleich sicherstellen“, sagte Susanne Meinecke.

Jürgen Stubbe ist gespannt: Seit seine Familie 1919 Hof und Land an die Stadt verkauft und das Land gepachtet hat, gab es mit den Pachtverträgen immer wieder Ärger, schrumpfte die zur Verfügung stehende Fläche stetig.

Stubbe übernahm den Hof 1960. Damals fielen landwirtschaftliche Flächen weg, um Bergedorf-West zu bauen. „1972 wurde auch unser Pachtvertrag gekündigt, weil die neue Heimat 40 000 Wohnungen in Billwerder, Allermöhe und Moorfleet bauen wollte. Wir sollten nach Ratzeburg umgesiedelt werden“, sagt er. Doch das Wohnungsunternehmen verwarf die Pläne. Eine Ausnahme bildete Neuallermöhe-Ost, mit dessen Planung 1979 begonnen wurde.

Anfang der 70er-Jahre Leihverträge unterschrieben

Stubbe: „Wir unterschrieben Anfang der 70er-Jahre sogenannte Leihverträge, die nur kurze Zeit galten, bis uns 1975 wieder reguläre Verträge vorgelegt wurden.“ Die Ackerflächen in Moorfleet waren jedoch nicht wieder verpachtet worden. Sie lagen gut zehn Jahre lang brach. Dann entstanden dort die Gewerbegebiete. Nach dem Mauerfall kündigte die Stadt auch Pachtflächen in Allermöhe, um Neuallermöhe-West zu bauen. Um die Jahrtausendwende wollte die Stadt abermals die Verträge nicht verlängern, weil eine Naturschutzverordnung des Bundes den Bau neuer Gruben für Gülle, Jauche und Silage vorschrieb. Am Ende investierte sie 12 Millionen Mark und verlängerte die Verträge.

Doch welche Art von Vertrag den Landwirten diesmal vorgelegt wird, vermag Stubbe nicht einzuschätzen. „Dabei brauchen wir dringend Klarheit“, sagt der frühere Vorsitzende des Hamburger Pächterverbandes.