Ochsenwerder . Korken-Club ist Männersache und reines Vergnügen
Mitglied darf jeder werden, „der bei Betreten des Lokals ,Zum blasenden Otto’ in der Lage ist, mehr als DM 1,50 an Bargeld vorzuweisen“ heißt es in der „Vereinssatzung vom November 1976. Doch ganz so streng nahmen es die Mitglieder des Neudorfer Korken-Clubs (NKC) nie mit ihren Statuten. So heißt es weiter, dass auch Mitglied werden darf, wer kein Bargeld dabei hat, aber „beim Vereinswirt seinen Zahlungsverpflichtungen stets nachgekommen ist“.
Vor 40 Jahren gründete sich der NKC im Gasthof Neudorf, der in der Satzung kurzerhand in Anspielung auf den musizierenden Gastwirt Otto Garbs (78) „Zum blasenden Otto“ umbenannt wurde. „Eigentlich war es bereits die zweite Gründung des Clubs“, sagt der Vorsitzende Harald Glitscher. „Denn der NKC war bereits 1886 in einer Gaststätte in Tatenberg gegründet worden.“ Der Gasthof brannte in den 1920er-Jahren ab. Der Club existierte noch bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs, „dann lag das Vereinsleben brach“, sagt Glitscher.
Der 72-Jährige, der beim Gasthof Neudorf um die Ecke wohnt, ist seit Mitte der 80er-Jahre Mitglied. Seit zwei Jahren steht er an der Spitze des Clubs mit den humorvollen und durstigen Mitgliedern. Glitscher übernahm den Posten nach dem Tod von Klaus Kröger, der den Vergnügungsclub mehr als 20 Jahre lang anführte.
Derzeit zählt der Korkenclub 13 Mitglieder (Mitte 30 bis 80 Jahre) „und zwei Anwärter“ (Glitscher). Jeder gibt bei den Treffen an jedem ersten Freitag im Monat (20 Uhr) im Gasthof Neudorf mal eine Runde aus. „Wir reden über alles, nur Politik ist tabu“, sagt der 72-Jährige, der sein Geld als Betreiber eines Barkassenbetriebs im Hamburger Hafen verdient.
Am 5. November feiern die Clubmitglieder einen „Korkenball“ bei Otto Garbs. Dann wird zusammen mit geladenen Freunden gegessen, natürlich getrunken und vielleicht auch getanzt. „Einer von uns macht bei solchen Anlässen üblicherweise den DJ“, sagt Glitscher. Ausnahmsweise dürfen bei dem Ball auch Frauen mitfeiern, ansonsten ist der Club Männersache.
Früher wurde „gelegentlich gefeiert, bis es hell wurde“. Otto Garbs sei auf die Tische gekrabbelt und habe die Trompeten geblasen, die an der Decke seiner Gastwirtschaft hängen. Doch inzwischen sei um Mitternacht Schluss. „Wir sind ja nicht mehr die Jüngsten. Deshalb sind wir mittlerweile ein ziemlich solider Verein“, sagt Glitscher und lächelt.
In den 90er-Jahren zählte der NKC knapp 30 Mitglieder. Viele sind inzwischen gestorben. Damals habe Otto Garbs, der selbst Gründungsmitglied ist, bei den NKC-Versammlungen zwei Kellnerinnen gebraucht.
Neben Garbs gibt es zwei weitere Gründungsmitglieder, die noch immer dabei sind: Horst Amels (80) und Hermann Feilke (77). Stolz sind die Männer auch auf ihren früheren Club-Kameraden Peter-Michael Kolbe, fünffacher Weltmeister im Einer-Rudern. Der „Sportler des Jahres“ lebte in den 80er-Jahren am Elversweg, trank gern mal ein Bier.
Woher der Name kommt? „Jedes Mitglied muss einen halben Weinkorken mit den Initialen ,NKC’ in der Tasche haben“, sagt Glitscher. Die Club-Kameraden seien jederzeit befugt, sich den halben Korken vorweisen zu lassen – mit dem Satz „Hest em bi Di?“ (Hast ihn bei Dir?). „Diese Regelung gilt auf der ganzen Welt zu jeder Tages- und Nachtzeit“, sagt Glitscher. Nur wer Schwimm- oder Sportkleidung trage, sei von der Korkenpflicht befreit. Und wer in eine leere Hosentasche greift, der muss beim nächsten NKC-Treffen 50 Cent in die Vereinskasse zahlen. Das Geld wird meist noch am selben Abend in Flüssignahrung umgesetzt.