Billwerder. Billwerder. Das Ehepaar Busse leidet seit 2004 unter dem Lärm – ein Rückbau ist nicht geplant

Als „Ratterpflaster“ erlangte der Straßenbelag des Billwerder Billdeichs vor elf Jahren Berühmtheit: Der Einbau von Kopfsteinpflaster bei der Grundinstandsetzung des 3,7 Kilometer langen Straßenabschnittes von Bergedorf-West bis zum Mittleren Landweg sollte das Tempo der Autos und Lkw auf der Straße drosseln, damit der Straßenlärm verringert werden. Doch das Gegenteil war der Fall. Immer wenn seitdem ein Fahrzeug über das Kopfsteinpflaster rollt, verursachen die Reifen ein lautes Rattern.

Nachdem Anwohner der Straßen Auf der Bojewiese und Bojendamm geklagt hatten, musste das Pflaster 2007 an fünf Stellen wieder entfernt werden. Doch Hans-Heinrich Busse soll weiter mit dem Lärm leben. Gemeinsam mit seiner Frau wohnt er seit 1990 am Billwerder Billdeich 296. Und direkt vor seiner Haustür, nur 20 Meter vom Schlafzimmerfenster entfernt, liegt eine der ungeliebten Kopfsteinplaster-Abschnitte. „Wir können nachts kein Fenster öffnen, weil dieser Lärm bei jedem vorbeifahrenden Auto auftritt“, sagt der 70-Jährige.

Viele Raser ein weiteres Ärgernis

Er ärgert sich nicht nur über den Lärm. Auch das hohe Tempo auf der kurvenreichen Deichstraße kann der 70-Jährige nicht nachvollziehen. Nicht selten komme ein Auto von der Straße ab und lande auf einem Feld, im Zaun oder einer Hecke. Besonders gravierend sei der Fall bei Hausnummer 445: Dort sei erst durch Einbau einer Verkehrsinsel mit beiderseitigem Kopfsteinpflaster die unfallträchtige Situation entstanden, sagt Busse. Durch die Verkehrsinsel werden die Autofahrer in einer scharfen Linkskurve nach rechts aus der Kurve gelenkt. Noch dazu hat die Straße an der Stelle Gefälle nach rechts. Nicht selten schossen Autos geradeaus in die Hecke des Ehepaars Vinken. Erst im August landete dort wieder eine 19-Jährige mit ihrem Opel Corsa – das zehnte Auto innerhalb der vergangenen elf Jahre (wir berichteten).

Polizei stellt Schild auf

Die Bergedorfer Verkehrspolizei hat nun reagiert – und vor der Verkehrsinsel ein Schild aufgestellt: Seitdem gilt in dem Abschnitt bei Nässe Tempo 30. Das wäre aber gar nicht notwendig, wenn sich alle Verkehrsteilnehmer an den Paragraf 3 der Straßenverkehrsordnung erinnern würden, den sie in der dritten Theoriestunde der Fahrschule gelernt haben, meint Polizeihauptkommissar Rainer Wilke: „Nur so schnell zu fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird und die Geschwindigkeit an Straßen-, Sicht- und Wetterverhältnissen und persönlichen Fähigkeiten anzupassen.“

Die verzeichnete Anzahl der Unfälle in dem Straßenabschnitt sei laut Wilke nicht dramatisch. „Allerdings gibt es dort auch viele Anstöße an den Kantsteinen und damit ein Indiz, dass noch mehr passiert, als sich der Polizei darstellt“, sagt Rainer Wilke.

Im zweiten Sanierungsabschnitt des Billwerder Billdeichs vom Mittleren Landweg bis zur Autobahnüberquerung wurde 2015 auf die Aufpflasterung verzichtet. „Wann werden die Fehler im ersten Abschnitt beseitigt?“, fragt jetzt Hans-Heinrich Busse.

Keine Veranlassung für einen Rückbau

Martina Parlow, Sprecherin des Bergedorfer Bezirksamtes, macht dem 70-Jährigen keine Hoffnung: 2007 seien Pflasterbereiche entfernt und durch einen Asphaltaufbau ersetzt worden, weil Anlieger der nahegelegenen Bojewiese bei dem Planverfahren nicht beteiligt worden waren. Sie hatten sich beim Senat beschwert.

„Der Senat und die Fachbehörde lenkten aufgrund eines Lärmgutachtens freiwillig ein“, sagt Martina Parlow. Dieser Formfehler sei aber nicht bei den bestehenden Pflasterstrecken gemacht worden: „Anwohner und Bürgerinitiative waren ja beteiligt. Es gibt daher zurzeit keine Veranlassung, über einen Rückbau nachzudenken.“ Zudem verfüge das Bezirksamt über keine entsprechenden Mittel.