Curslack/Kirchwerder (ten). Restaurierung Atelier Hempel rettet Kirchwerder Kleinod
Der Rahmen vom Holzwurm durchbohrt, manche kleine Scheibe gesprungen, die Einfassung brüchig: Zeit, Wind und Sonne haben dem großen Fenster in der St. Severini-Kapelle zu schaffen gemacht. Erstmals ist es deshalb vollständig ausgebaut und im Glaskunst-Atelier Hempel aus Curslack restauriert worden. Gestern kehrte es in die Kapelle zurück.
Um 1890 war das 3,60 Meter hohe und 1,60 Meter breite Fenster von der ältesten Glasmalerei Deutschlands, Kröplin & Sohn in Reinbek (gegründet 1724), geschaffen und in die Kapelle eingebaut worden. Adolf Hempel (80) freut sich sehr, dass er das einmalige Stück nun in der Werkstatt am Achterschlag hatte. Denn 1951 bot es die erste Arbeit, an der er als Lehrling mitgewirkt hat. Damals restaurierte Kröplin Teile des Fensters in der Kapelle, der 15-jährige Hempel durfte helfen, defekte Glassegmente herauszupulen und neue zuzuschneiden.
An Selbstbewusstsein mangelte es dem jungen Mann nicht, als ahnte er, dass ihm eine erfolgreiche Karriere bevorstehen sollte: „Heimlich habe ich da meine Initialien in eins der Fenster geritzt“, erzählt Adolf Hempel. Tatsächlich findet sich im unteren Teil bei der Friedenstaube „AH 12.7.1951“. Solche versteckten Zeichen sind ein Brauch, der unter Glaskünstlern durchaus üblich ist.
Nicht minder begabt sind die Töchter Manuela und Corinna Hempel, die nun mit frischen Einfassungen dafür gesorgt haben, dass die dreiteilige Christusfigur samt Kreuz und die florale Umrandung wieder sicher zusammenhalten. Das aufwendig gestaltete Kreuz fasziniert dabei alle drei Hempel-Glaskünstler gleichermaßen: „Es ist wirklich toll gemacht“, sagt Corinna Hempel. Die Glasstücke sind pyramidenartig geformt und um etwa vier Zentimeter erhaben. Jedes Glasstück trägt selbst ein Kreuz in sich. Scheint Licht durch sie hindurch und wird es weit gestreut, erstrahlt das Kreuz. Einige der seltenen Glasbrocken hat Adolf Hempel noch in seinem Fundus – kaufte er doch weitsichtigerweise den Bestand seiner Lehrfirma auf, als diese aufgab. So können die Glaskünstler aus Curslack noch heute häufig mit passendem historischen Material restaurieren.
Heino Goes vom Kirchengemeinderat ist froh, dass die Experten das Kleinod gerettet haben. Schon vor etwa eineinhalb Jahren hatte Corinna Hempel Wölbungen festgestellt. Mittlerweile beulte sich das Christusbild erheblich aus, bogen sich manche Bleieinfassungen in alle Richtungen – höchste Zeit einem Zusammenbruch zuvorzukommen. Tischlerei Fölsch fertigte einen neuen Rahmen, in das die restaurierten Fensterteile gestern verkittet wurden.
Sehr gut versteckt gibt es übrigens wieder einen kleinen Hinweis der Hempels auf ihre aktuelle Arbeit – doch es darf gern wieder ein halbes Jahrhundert dauern, bis dieser bei der nächsten Restauration entdeckt wird.