Neuengamme. Neuengamme. Dr. Andreas Schroeter ist rund um die Uhr für „seine“ Tiere da: Der Veterinär verzichtet, wenn es muss, auch auf eine stille Nacht.

.Die Garantie für eine stille Nacht gibt es bei ihm nicht – schon seit 32 Jahren nicht mehr. So lange betreibt Tierarzt Dr. Andreas Schroeter seine Praxis für Groß- und Kleintiere am Neuengammer Hausdeich 246. Für seine Patienten ist er rund um die Uhr da – auch an Feiertagen. „Eine kalbende Kuh fragt nicht, ob Weihnachten ist“, sagt Dr. Andreas Schroeter.

Es ist schon viele Jahre her, die Kinder waren noch klein, da klingelte kurz vor der Bescherung sein Telefon. „Eine Kuh konnte nicht kalben“, erinnert sich der Tierarzt. Er fuhr zu dem Tier, ertastete zwei Kälbchen und brachte die „Weihnachtszwillinge“ auf die Welt. „Dann gab es die Geschenke eben eine Stunde später. Und die Kuh war sich keiner Störung bewusst“, sagt er und lächelt.

Besuche im Stall sind unabdingbar

Für den Veterinär ist es selbstverständlich, 24 Stunden ansprechbar zu sein, 365 Tage im Jahr. Sein ursprünglicher Motor sind die landwirtschaftlichen Nutztiere. Und deren Transport in die Praxis ist nun mal nicht möglich. Besuche im Stall oder auf der Weide sind daher unabdingbar.

Als er im Oktober 1983 die Praxis in Neuengamme übernahm, waren gut 75 Prozent seiner Patienten Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine oder Geflügel. Doch die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ist in den vergangenen drei Jahrzehnten stark gesunken. Neue Bewohner zogen in die Höfe, bauten ehemalige Kuhställe in Wohnungen um, und statt Ziegen oder Schweine leben Tiere wie Hund, Katze und Meerschweinchen mit im Haus. So machen Kleintiere heute etwa zwei Drittel seiner Patienten aus.

„Ich habe keinen inneren Stress“

Jederzeit zu einem Einsatz gerufen werden zu können ist für Dr. Andreas Schroeter kein Problem. „Ich bin weder angespannt, noch habe ich inneren Stress“, sagt er. Dennoch bedarf es einer gewissen Disziplin: „Man muss stets einsatzbereit sein. Übermäßiger Alkoholkonsum ist also unpassend.“

Die dauerhafte Präsenz ist allerdings nicht für jeden seiner Berufskollegen selbstverständlich. Knapp 140 Tierarztpraxen gibt es in Hamburg. Laut Tierärztekammer sind alle dazu angehalten, am tierärztlichen Notdienst teilzunehmen. Tatsächlich sind aber nur gut ein Viertel der Hamburger Veterinäre dabei und übernehmen etwa einmal im Monat den Notdienst für die ganze Stadt. Der folgt bei Andreas Schroeter direkt im Anschluss ans Weihnachtsfest. Vom 27. Dezember um 8 Uhr bis zum Morgen des 28. Dezembers müssen auch Tierbesitzer aus weit entfernten Stadtteilen im Notfall nach Neuengamme rausfahren.

Er mag Neuengamme und das große kulturelle Angebot in der Nähe

Es war ein Zufall, der Dr. Andreas Schroeter vor mehr als 32 Jahren in den „südöstlichen Zipfel“ der Stadt führte. Nach seiner Studienzeit in München und Berlin folgten ein Tropenseminar mit Erfahrungsaufenthalt in Afrika, eine Vertretungsstelle in Frankreich sowie Assistenzzeit an der tierärztlichen Fakultät der Freien Universität Berlin – bis er über Freunde seiner Eltern von der Praxis in Neuengamme erfuhr. Der dort ansässige Tierarzt wollte wieder den Weg in seine portugiesische Heimat antreten, und seine Praxis war zu haben. Nach dem ersten Besuch in Hamburgs „landwirtschaftlicher Enklave“ war es um den jungen Tierarzt geschehen. Denn die Vierlande waren für ihn die perfekte Kombination: „Ich wollte in der Nähe von Kühen sein, aber nicht ganz in der Prärie landen“, erzählt er. Denn während seines Studiums in zwei Metropolen hatte er ein großes kulturelles Angebot zur Verfügung – das er auch als Tierarzt mit eigener Praxis nicht missen wollte.

Die Kombination aus ländlicher Umgebung in Nähe der Großstadt und der Möglichkeit, kleine und große Tiere behandeln zu können, ist für ihn nach wie vor perfekt. Auch nach drei Jahrzehnten Selbstständigkeit und ständiger Präsenz ist Dr. Andreas Schroeter kein bisschen müde: Er habe sich „noch längst nicht abamüsiert“ und brenne weiter.

An den elementaren Schritten des Lebens beteiligt

„Das kommt wohl durch den glücklichen Umstand, dass ich beruflich da gelandet bin, wovon ich als Kind immer geträumt habe“, sagt er. Schon als Zweijähriger tobte er lieber durch die Ställe als die heimische Wohnung in der Nähe von Celle. „Nach der Geburt meiner Schwester wurde der Platz knapp. Also ging ich eben in den Stall“, erzählt Dr. Andreas Schroeter mit einem verschmitzten Lächeln. Die Faszination der Tierwelt ist bis heute geblieben: „Von der Geburt bis zum Sterben – ich bin an den elementaren Schritten des Lebens beteiligt“.

Und falls diese auf Heiligabend fallen, wird er wieder zur Stelle sein. In diesem Jahr ist Dr. Andreas Schroeter zum Essen eingeladen. Die Garantie für eine stille Nacht wird es auch dort nicht geben.