Neuallermöhe/Billwerder. Billwerder. 150 Bürger äußern beim Infoabend in der Gretel-Bergmann-Schule zum Flüchtlingsstadtteil Kritik und fordern ein Einlenken Hamburgs.
Die Anwohner vom Mittleren Landweg und der näheren Umgebung dürften die Hoffnung auf ein Einlenken der Politik in Sachen Gleisdreieck nun komplett aufgegeben haben. Auf dem zweiten Infoabend zum geplanten Flüchtlingsstadtteil in Billwerder hatten sie erneut vehement ein Umdenken gefordert – ohne Erfolg. Statt dessen informierten die Verantwortlichen diesmal in der Gretel-Bergmann-Schule in Neuallermöhe über den aktuellen Planungsstand.
Auf dem Podest saßen Bezirksamtsleiter Arne Dornquast, Matthias Kock (Staatsrat der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen) und Martin Leo (fördern & wohnen) sowie Kurt-Ove Schroeder und Dario Guljas vom Investor, der PGH Planungsgesellschaft Holzbau (FeWa). Ihnen gegenüber hatten sich knapp 150 Besucher eingefunden, die ihren Frust deutlich artikulierten.
André Humbert, Sprecher der Bürgerinitiative (BI) „Integration: Ja! Ghetto: Nein!“, forderte er die Herren auf dem Podium auf, „jetzt anzufangen, dezentral zu planen und kleine Unterkünfte zu bauen“. Auch die künftigen Bewohner der Unterkünfte würden so eine Entscheidung den Verantwortlichen später sich danken. „Lassen sie uns eine Wende in der Senatspolitik einleiten“, sagte Humbert und erntete kräftigen Applaus.
„In Bergedorf sind Flächen für eine Verteilung vorhanden“
Helmuth Sturmhoebel (Die Linke) sieht dies ähnlich: „In Bergedorf sind vier, fünf geeignete Flächen für eine Verteilung der Flüchtlinge vorhanden.“ Dies sei jedoch nicht in der Kürze der Zeit umsetzbar, erklärte unter anderem der Vertreter von fördern & wohnen. Dornquast machte zudem klar, dass er vom Senat entsprechend angewiesen wurde: „Wir hatten keine Entscheidungsmöglichkeit.“
Ein weiterer zentraler Kritikpunkt: „Die Menschen sind nicht einbezogen worden“, sagte Sturmhoebel. Dies warf auch Pastor Michael Ostendorf den Vertretern von Stadt und Bezirk vor. „Sie werben nicht um uns. Sie sagen nicht, dass es eine Kraftanstrengung für die gesamten Vier- und Marschlande wird“, sagte er, sprach auch von „respektlosem Auftreten“. Ostendorf: „Es passiert mehr als gesagt wird.“
Zu einem Containerdorf äußerte sich Dornquast nicht
Immer neue Informationen würden durchsickern, aktuell über ein mögliches Containerdorf am Rande des Allermöher Gewerbegebietes. Dazu äußerte sich Arne Dornquast nicht: „Es gibt keinen Beschluss, dass die Fläche in Anspruch genommen wird.“ Auf Gerüchte werde nicht eingegangen. „Dies erspart Diskussionen bevor es eine Entscheidung gibt.“
Das Bezirksamt sei gehalten, „möglichst schnell Planrecht zu schaffen“, bekräftigte Staatsrat Kock. Die Bürgerinitiative vermisst dagegen einen ordentlichen Bebauungsplan, will genau diesen Umstand nutzen, gegen das Quartier juristisch vorzugehen. „Das Baugenehmigungsverfahren läuft falsch. Eine Vermischung von öffentlicher Unterbringung und Wohnungsbau ist rechtlich nicht erlaubt“, sagt Dr. Kerstin Gröhn, Rechtsanwältin der von der BI beauftragten Kanzlei Klemm und Partner. „Aufgrund der neuen Vorschriften auf Bundesebene sind die Maßnahmen rechtmäßig“, widerspricht Kock. Auch die Umweltverträglichkeitsprüfung – vor Erteilung der Baugenehmigung – werde „nach Recht und Gesetz“ durchgeführt, befand Dornquast.
Das Gleisdreieck werden „ökologisch entwertet“
Naturschützer Horst Schramm scheint so eine Prüfung „im Winter unmöglich“. Das Gleisdreieck als Landschaftskorridor zwischen den Naturschutzgebieten Boberger Niederung und Die Reit, werde „ökologisch entwertet“.
Probleme mit steigendem Grundwasser nach Aufschüttung von Sand für den Bau des Stadtteils und Sorge vor Schäden an den umliegenden Häusern durch Pfahlgründungen sind weitere Sorgen der Anlieger. Sie haben kaum noch Vertrauen in Politik und Verwaltung. „Sie schaffen es nicht, binnen vier Monaten auf dem P+R-Platz Container aufzustellen und bis heute nicht, neue Parkplätze zu schaffen. Wie sollen wir ihnen dann bei so einem Großprojekt vertrauen?“, fragte ein Besucher.