Neuengamme. Ein Haufen Steine, verkohlte Balken, Asche - mehr ist nicht geblieben von dem schönen Hufnerhaus, das mehr als 450 Jahre am Neuengammer Hausdeich stand.

Als Helga Hamester (67) am Sonnabend gegen 18 Uhr vor ihre Haustür trat, um etwas in die Garage zu bringen, traute sie ihren Augen nicht: Aus dem Dachfirst des Nachbarhauses loderten Flammen, dichter Rauch stieg auf. Innerhalb weniger Minuten breitete sich das Feuer auf dem etwa 400 Quadratmeter großen Reetdach des denkmalgeschützten Hufnerhauses von 1559 aus.

„Nach einer halben Stunde war von dem Dach kaum noch etwas übrig“, sagt Helga Hamesters Ehemann Günter (69). Die Hitze sei so stark gewesen, dass man „kaum noch atmen konnte“.

Nachlöscharbeiten noch am Sonntag

Zwei Löschzüge der Berufsfeuerwehr und zahlreiche freiwillige Feuerwehren sowie Helfer des THW mit schweren Fahrzeugen waren am Neuengammer Hausdeich 413 im Einsatz. Sie konnten nur ein Übergreifen der Flammen auf die Nachbargebäude, darunter zwei weitere Reetdachhäuser, verhindern. Das Hufnerhaus, eines der ältesten und schönsten in den Vier- und Marschlanden, brannte komplett nieder. Noch am Sonntag waren Retter mit Nachlöscharbeiten beschäftigt.

Als das Feuer ausbrach, waren die Bewohner, Eigentümer Christian E. (47) und seine Frau, nicht in dem Haus. Als sie von dem Brand erfuhren, eilten sie an den Neuengammer Hausdeich. Vor dem brennenden Heim, das sich seit seiner Erbauung im Besitz der Familie E. befindet, lag sich das Paar weinend in den Armen.

Nachbarn spritzten Wasser aus Gartenschläuchen

Unterdessen spritzten die Nachbarn mit Gartenschläuchen Wasser auf die Dächer ihrer Häuser. „Starker Wind wehte brennendes Reet zu uns hinüber. Auf unserem Flachdach begann die Dachpappe zu brennen. Da bin ich mit dem Gartenschlauch rauf“, sagt Pierre Tanger (34). Später pumpten auch Feuerwehrleute Wasser auf die benachbarten Dächer.

Besonders schlimm ist das Doppelhaus mit der Nummer 411 betroffen. Es muss wohl wegen des Rauchs und des eingedrungenen Löschwassers komplett saniert werden. Das Haus gehört ebenfalls Christian E., der es an zwei Familien vermietet hat. Am Sonntag besuchte der 47-Jährige seine Mutter (87), die in einem Seniorenheim in Wentorf lebt, um ihr die traurige Nachricht zu überbringen, dass es das große, alte Haus, in dem auch sie aufwuchs, nicht mehr gibt.

Ursache vermutlich der Kaminzug

„Die Brandursache steht vermutlich in Zusammenhang mit dem Zug des geschlossenen Kaminofens“, sagt Karina Sadowski, Sprecherin der Polizei. „Für ein Fremdverschulden gibt es keine Anhaltspunkte.“ Im oberen Bereich des Kamins sei es zu einem „Hitzeüberschlag“ gekommen. Der Kaminzug wurde erst vor einem Dreivierteljahr neu eingezogen – und soll vom Fachmann als geeignet bewertet worden sein.

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