Bürgerpreis-Kandidat: Harald Bröcking engagiert sich für das Theater99
Was haben die Vierländer Amateurbühne Theater99 und die Wurstbude der Oberligakicker vom SV Curslack-Neuengamme auf dem Sportplatz Gramkowweg gemeinsam? Bei beiden macht Harald Bröcking eine gute Figur.
Bröcking (51) ist in Vierlanden bekannt wie ein bunter Hund. Seine Leidenschaft gilt dem plattdeutschen Theater - eine selbstständige Sparte im SC Vier- und Marschlande - und nicht minder dem Heimatfußball in Curslack. Viele kennen den blonden Hünen mit den strahlend blauen Augen vom Tresen an der Bratwurstbude, wenn er immer mit einem flotten Spruch auf den Lippen ehrenamtlich seinen Verein unterstützt. Einkauf und Saubermachen gehören selbstverständlich dazu, nehmen viel Zeit in Anspruch.
Nachdem er vor Jahren "spontan wie ich bin" den Spruch "keine Oberliga ohne Wurst" losgelassen hatte, kam Bröcking aus der Nummer nicht mehr raus: Kurzentschlossen ließ er eine Bude zimmern und engagiert sich seitdem mit Herzblut.
Der kinderlose, verheiratete Außendienstler ist nun wegen seines langjährigen Einsatzes als Chef der 99er-Mimen für den Bürgerpreis Bergedorf von bz und Volksbank Bergedorf nominiert. Bevor er das Theater99 am 9. 9. 1999 als Forum zur Förderung und Pflege der plattdeutschen Sprache mit 17 Gleichgesinnten gründete, machte sich Bröcking jahrelang als Mitglied der Lohbrügger Bürgerbühne an Boulevard-Stücken zu schaffen.
Geschick beim Entwerfen, Sägen und Malen des Bühnenbildes sowie Organisationsaufgaben, Öffentlichkeitsarbeit, Kartenverkauf, Beleuchtungstechnik und pädagogisches Gespür im Umgang mit den jugendlichen Mimen sowie ein Kostümfundus, der seinesgleichen sucht - all das fordert einen Allrounder. "Mein Team ist meine Familie. Wir sind alle Multitasking."
Die Theater-Familie besteht aus Akteuren zwischen sechs und 60 Jahren. Sie bringen jährlich drei Stücke auf die Bühne - das beliebte Weihnachtsmärchen, ein Frühjahrsstück und noch eine weitere Aufführung. Das kostet Zeit. "Häufig übe ich meinen Text im Auto. Ich bin ja beruflich viel unterwegs." Wenn er zusätzlich Regie führt, muss er auch noch koordinieren, den Leitwolf machen, "das ganze Ding immer im Auge behalten".
In Räumen am Eichbaumsee lagert der große Kostüm-Fundus der Amateur-Mimen. Hier findet sich auch die Werkstatt, ein Gruppenraum für Treffen und zum gelegentlichen Proben.
Die Stückeauswahl erfolgt demokratisch. "Unsere Komödien sind aus dem Alltag gegriffen, sollen auf gutem Niveau unterhalten." Das Publikum soll sich damit identifizieren können. Das neue Stück "Een Kerl speelt verrückt" hat Ende März Premiere. Anspruchsvoll ist Bröcking auch in Bezug auf die Außenwirkung, er kümmert sich um professionelle Szenenfotos, Riesenplakate und Flyer. "Wir machen keine halben Sachen, Stunden zähle ich nicht".
2014 brachten die 99er-Mimen allein das Weihnachtsmärchen achtmal an unterschiedlichen Standorten im Bezirk Bergedorf auf die Bühnen. Es wird wegen des jungen Publikums nicht in Plattdeutsch aufgeführt. Geprobt wird meist in der Schule Curslack. In der heißen Phase gibt es zwei Termine pro Woche, vorwiegend sonntags. "Da wir dort wegen des Schulbetriebes allerdings weder unser Bühnenbild noch unseren Material- und Kostümfundus während der Hauptproben-Phase stehen lassen können, wäre es super, wenn uns jemand einen großen, beheizten Übungsraum kostenlos zur Verfügung stellen könnte. Dann würden wir uns viele Materialtransporte und kostbare Zeit sparen."
Vergangenes Jahr gab Bröcking den Vorsitz nach 15 Jahren an Udo Stieler ab. Das Theater99 würde häufig mit seinem Namen personifiziert. "Das ist natürlich nicht gerecht", sagt Bröcking.
Langeweile hat er nicht, "jetzt kann ich wieder kreativer arbeiten." Seine Herzensangelegenheit sind die Jugendlichen: Sie sollen am Ball bleiben - nicht so einfach angesichts Schul- und Freizeitanforderungen sowie der großen Konkurrenz der modernen Medien heutzutage. "Das Zeitmanagement unser jungen Mimen gleicht manchmal einer Katastrophe", seufzt das Multitalent. Texte werden oft noch schnell zwischen den Hausaufgaben gelernt.
Doch Erfolge machen Mut: "Gleich beim ersten Mal hat unsere Jugendgruppe vor drei Jahren den Sieg bei den Bergedorfer Jugendtheatertagen errungen - und das mit einem plattdeutschen Stück. Das motiviert natürlich." Neues Pilotprojekt: Jetzt peilt Bröcking eine Jugend-Theaterproduktion an, bei der der Nachwuchs alles alleine macht - "von der ersten Leseprobe bis zum Kartenverkauf." Harry Bröcking liebt Herausforderungen.