Allermöhe. Tee aus aller Welt wird bei Hälssen & Lyon zu beliebten Sorten gemischt und veredelt. Dass sich hinter des Fassade des schlichten Baus am Wilhelm-Iwan-Ring 6 das weltweit größte Lager für Teespezialitäten versteckt, ist kaum bekannt.

Mehr als 15 000 Tonnen Tee werden hier gelagert und für Großabnehmer gemischt.

Bevor der Tee das Lager erreicht, wird er von Spezialisten, den sogenannten Teatastern (Geschmackstestern) dreimal verkostet. "Wir bekommen täglich jede Menge Muster zum Probieren und Bewerten", sagt Dietmar Scheffler (52), Geschäftsführer des traditionsreichen Familienunternehms, das 350 Mitarbeiter beschäftigt, davon 140 in Allermöhe. Besteht der Tee die erste Probe, wird geboten - auf Auktionen in Kalkutta, Mombassa und Colombo (Sri Lanka) oder direkt bei der Erzeugergemeinschaft. Nach einem Zuschlag kommt die nächste Probe nach Hamburg und wird bewertet. Scheffler: "Sind sie identisch, geht das Schiff mit tonnenweise Tee auf die Reise." Die dritte Hürde muss er im Hamburger Hafen nehmen.

Nun kommen die Geschmacksexperten, ein knappes Dutzend, richtig zum Einsatz. Sie stellen die endgültigen Mischungen zusammen. Diese Spezialisten probieren bis zu 400 Tassen am Tag - nippen, schmecken, spucken aus, wie beim Testen von Wein.

Ihre Arbeit ist das Herzstück der Firma. Fast alle Tees sind Mischungen. Denn die Erzeuger können nie zuverlässig gleiche Mengen des Rohproduktes liefern. Wenn aus dem einen Land zu wenig geliefert wird, kaufen die Spezialisten in anderen Ländern dazu. Scheffler: "So besteht ein Tee mal aus vier Sorten, mal aus 19. Doch am Ende hat er immer den gleichen Geschmack und das gleiche Aussehen." Die Tee-Kenner halten stets die Balance.

Zwischen den Teatastern und den Produktentwicklern, die bei neuen Mischungen auch viel mit Kräutern, Blüten und Kornblumen arbeiten, gibt es eine enge Zusammenarbeit. Scheffler: "Was die Teataster im Kleinen in der Speicherstadt kreieren, wird in Allermöhe im großen Maßstab umgesetzt."

Im Aromatisieren von Tee, dem Verfeinern mit Fruchtstücken, ist das Unternehmen Marktführer, hat es seit 1967 Erfahrung. "Bis dahin gab es als aromatisierten Tee lediglich Earl Grey. Wir haben dem Kreieren von Aromen eine neue Dimension verpasst, das Verfahren im großen Stil umgesetzt", sagt Scheffler.

Beliefert werden vor allem Teepacker, Markenartikler und Großhändler - Labels, die den Tee mit ihrem Firmen-Etikett versehen und weiter verkaufen. Scheffler: "Von uns bekommen sie den Tee auf dem Silbertablett." Hälssen & Lyon sei in vielen Packungen, stehe aber nie drauf. "Wir sind die Leute hinter den Kulissen", sagt der 52-Jährige. Es gebe zwar in Rotterdam größere "Mischer", doch in Sachen Vielfalt und Exklusivität seien Hälssen & Lyon weltweit ungeschlagen. "Wir besitzen mehr als 25 000 Rezepturen. Aus allen wurde schon Tee gemacht und verkauft."

Die Hamburger beliefern auch Boutiquenketten. "Dort kaufen die Tee-Fanatiker ein. So sind wir dicht an den Kunden dran, werden auf neue Ideen gebracht", sagt Scheffler, der seine Firma als "Impulsgeber" sieht.

"Die höchsten Preise für Spitzentees zahlen Deutschland und Japan", sagt Scheffler. "Hierzulande wird zwar wenig Tee getrunken, dafür aber viel hochwertiger." Schefflers Favoriten wechseln wöchentlich, mal Macha aus Japan, mal Darjeeling Second Flush aus Indien. Der Dauerbrenner ist Oolong aus China. "Nach dem Essen trinke ich aber auch einen Kaffee", sagt er und schmunzelt.

Zum Tee: Die Blätter werden frisch von 1,20 Meter hohen Bäumen gepflückt und schnell in Tee-Fabriken auf Drahtgestellen getrocknet. Für Schwarztee werden die Blätter auch gerollt und zerbrochen, so dass der Zellsaft austritt (fermentieren). Vier Kilogramm grünes Blatt ergeben ein Kilo Grüntee oder 250 Gramm schwarzen Tee.