Allermöhe(hy). Ein gewaltiger Knall erschütterte in der Nacht zum 4. November Neuengamme und die Umgebung. Mit ohrenbetäubendem Tosen schossen auf dem Acker am Kirchwerder Landweg, gegenüber Hausnummer 120, drei Feuersäulen wie ein gigantisches Feuerkreuz in die pechschwarze Nacht.

In 247 Metern Tiefe waren die Arbeiter der "Deputation Hamburger Stadtwasserkunst", wie Hamburgs Wasserwerke damals hießen, statt auf Trinkwasser auf Erdgas gestoßen. Es dauerte 20 Tage, bis das Höllenfeuer gelöscht werden konnte. Das war vor 100 Jahren.

Mit einer grünen Gedenktafel erinnern der Bergedorfer Bürgerverein und E.on Hanse nun an das Flammenkreuz. Sie wurde an der Zufahrt zum Erdgasspeicher am Allermöher Deich 449 aufgestellt - etwa zwei Kilometer von dem Acker entfernt, aus dem damals die Flammen schlugen. "Der eignet sich aufgrund der Verkehrslage nicht für das Aufstellen einer Schautafel", sagt der zweite Vorsitzende des Bürgervereins, Gerd Hoffmann.

Die Kosten für die Gedenktafel (600 Euro) übernahm E.on Hanse, die Initiative kam vom Bürgerverein. Dessen Mitglied Ulf Schirmer installierte das Schild, Hoffmann hatte den Text geschrieben und das Layout gestaltet.

In Gegenwart von Bezirksamtsleiter Dr. Christoph Krupp, Politikern, Mitgliedern des Bergedorfer und des Geesthachter Bürgervereins sowie Mitarbeitern der Heimat-Zeitschrift "De Latücht", die in ihrer aktuellen Ausgabe über das Flammenkreuz berichtet, erinnerte Christa Timmermann, Vorsitzende des Bürgervereins, an die Aufregung, die die Probebohrung vor 100 Jahren verursachte. "Das Flammenkreuz war eine Touristenattraktion. Die Eisenbahn setzte für die vielen Schaulustigen Sonderzüge ein", sagte sie.

1913 wurde am Kirchwerder Landweg das erste deutsche Erdgasfeld für die Hamburger Gasverbraucher erschlossen. Bis 1955 förderten die Hamburger Gaswerke dort mehrere hundert Millionen Kubikmeter des flüchtigen Brennstoffs. Nach seiner Ausbeutung wurde das Erdgaslager zu einem der ersten Erdgasspeicher der Welt ausgebaut. Bis heute ist der Gasspeicher der einzige in Hamburg.

"Wir können hier bis zu 380 Millionen Kubikmeter Gas speichern", sagt Michael Vogt, stellvertretender Leiter des E.on-Hanse-Speichers. "Derzeit sind es etwa 350 Millionen Kubikmeter. Diese Menge Erdgas würde zur Versorgung von 200 000 Haushalten über den Zeitraum von einem Jahr reichen." E.on Hanse ist nur "Lagerist", vermietet Speicherplatz an diverse Erdgaslieferanten.

Da Erdgas nicht selten gemeinsam mit Erdöl entstanden ist, wurden in der Nähe des damaligen Erdgasfeldes in den Jahren 1935/36 entsprechende Messungen vorgenommen - mit Erfolg. Seit Juni 1937 wird in Reitbrook Erdöl gefördert.