Fünfhausen. Früher hatten Schüler auch schon Probleme. Nicht so wie heute mit dem Lernen. Vielmehr damit, überhaupt zur Schule zu kommen.

1948 gab es in Fünfhausen zwar rund 150 schulpflichtige Kinder, aber keine Schule. Sie wurden in Kirchwerder-Seefeld oder in Warwisch unterrichtet. Das bedeutete für die meisten Sechs- und Siebenjährigen: morgens in aller Frühe 45 Minuten Fußweg hin und nachmittags wieder zurück. Über Felder, durch Gräben, Schulbusse gab es nicht. Jedoch waren viele Jungen und Mädchen in der Nachkriegszeit unterernährt und kränklich. "Eltern berichten mir, dass die Kinder, wenn sie nach Hause kommen, vor Erschöpfung nichts mehr essen können", schrieb Walter Pelzer am 5. April 1948 an den Hamburger Schulsenator Heinrich Landahl. Gemeinsam mit den betroffenen Eltern forderte der am Durchdeich ansässige Amtsgerichtsrat die Errichtung einer Volksschule in Fünfhausen.

Zwei Jahre später, am 1. April 1950 konnten tatsächlich die ersten Schüler in Fünfhausen eingeschult werden - aber nicht in einer schönen neuen Schule, sondern im kleinen Clubraum des Marschenbahnhofs Fünfhausen. "Und immer wenn ein Zug hielt, hatten wir Pause", freut sich Wolfgang Pelzer (66) noch heute. Er profitierte vom Kampfgeist seines Vaters und gehörte zu den 12 ersten Abc-Schützen in der Bahnhofsschule. Nach 60 Jahren ließ er die Zeit jetzt mit sieben Klassenkameraden noch einmal Revue passieren.

In dem kleinen Raum, der heute zur gemütlichen Bahnhofsgaststätte Fünfhausen gehört, wurden zwei Jahrgänge und einige Förderschüler, insgesamt 30 Jungen und Mädchen, gemeinsam unterrichtet. "Es war so eng, dass man zwischen den Tischen kaum durchgehen konnte." Noch schlimmer wurde es, als im Winter ein Ofen aufgestellt wurde. Die Wandtafel lehnte auf zwei Tischen. Spätestens als Wolfgang Pelzer aus seinem alten, gut erhaltenen Schulranzen Ölkreide, Schiefertafeln und die "Bunte Welt"-Fibel herauszog, war es für alle wieder ein bisschen so wie früher.

Eineinhalb Jahre später stand endlich der Neubau, in den die Schüler umzogen. "Ein Schmuckkästchen", wie sich Günther Hamel, der erste Schulleiter bei der Einweihung im August 1951 freute. Ihren alten Klassenraum in der inzwischen erweiterten Schule Fünfhausen-Warwisch erkannte die Ehemaligen-Gruppe aber kaum wieder: Neue Fenster, moderne Möbel und auch das alte schwarze Bord, in das sie immer ihre Ranzen legen mussten, ist verschwunden. Aber es gibt noch den alten Sandspieltisch. "Wenn man nicht allzu viel Mist gebaut hatte, durfte man die Klappe hochheben und im Sand spielen", erinnerte sich Inge Möller, geborene Kopheiß (66). Sie war aus Eichstetten am Kaiserstuhl angereist, sah die meisten Schulfreunde nach 46 Jahren zum ersten Mal wieder - und erkannte sie fast alle.

Der heutige Schulleiter, Dr. Matthias Jakob, zog anlässlich des Klassentreffens nach 60 Jahren Parallelen zu damals: "Auch heute kämpfen Eltern wieder für diese Schule." Wegen der Schulreform brauche sie mehr Platz. Nach den Sommerferien wird Fünfhausen-Warwisch zusammen mit der Schule Ochsenwerder zur Primarschule.