Hamburg. Nach der Massenschlägerei in der Kreisklasse dürfen zwei Spieler nie mehr auflaufen. Ein Video überführte die Schläger.

Ali Osman Sözen fand klare Worte, als er vor dem Sportgericht des Hamburger Fußball-Verbands (HFV) zu den gewalttätigen Auseinandersetzungen während der Kreisklassen-Partie der zweiten Mannschaft des FC Bergedorf 85 gegen den TuS Hamburg II am 27. März Stellung nahm. Das Verhalten der Spieler sei „asozial“ gewesen und gehöre nicht auf den Fußballplatz, erklärte der FCB-Vorsitzende und versprach, dass der Club alles dafür tun werde, dass sich ein derartiger Vorfall nicht wiederholen werde.

Die erst zu dieser Saison gemeldete „Zweite“ hatte der Verein bereits einen Tag nach den brutalen Angriffen einiger Kicker auf TuS-Akteure, die überregional für Entsetzen sorgten, abgemeldet. Das HFV-Sportgericht verhängte nun teils drastische Strafen gegen die Spieler, denen eine Beteiligung an dem Gewaltexzess auf dem Kunstrasenplatz an den Sander Tannen nachgewiesen werden konnte.

Zwei Bergedorfer Akteure, darunter der Kapitän, wurden lebenslang gesperrt. Heißt: Sie dürfen nie wieder in Hamburg Vereinsfußball spielen. Sechs weitere FCB-Kicker erhielten Sperren von einigen Wochen bis zu drei Jahren. Auch ein TuS-Spieler wurde für vier Begegnungen gesperrt.

Video überführt Bergedorfer Schläger

Er war bei der Verhandlung am Mittwochabend im Gebäude des HFV an der Jenfelder Allee nicht persönlich vor Ort, wurde aber wie einige seiner Mannschaftskameraden und ein TuS-Vereinsoffizieller per Videoschalte befragt. Dabei gab sich der TuS-Kicker reumütig und erklärte, dass er sich nicht dazu hätte hinreißen lassen dürfen, in das Gerangel einzugreifen. Er habe aber nicht mehr weitergewusst, wie er seinen Mitspielern sonst hätte helfen können. Der TuS-Spieler trug wie fünf seiner Mannschaftskameraden Verletzungen davon. Diese reichten von Prellungen bis zu Knochenbrüchen. Es wurden Strafanzeigen gegen Kicker der zurückgezogenen FCB-Reserve gestellt, sodass auf einige Akteure nun noch zivilrechtliche Folgen zukommen könnten.

Die Beweislast gegen sie ist erdrückend. Auf einem rund zweiminütigen Video, das unserer Redaktion vorliegt und vom HFV-Sportgericht bei der Verhandlung als Grundlage für das Strafmaß genommen wurde, sind einige Bergedorfer Spieler, die besonders brutal zu Werke gehen, anhand ihrer Rückennummern klar zu identifizieren. Ohne die Bewegtbilder wäre ihre sportgerichtliche Verurteilung vermutlich weitaus schwieriger geworden. Denn als an jenem Sonntagnachmittag die herbeigerufene Polizei an den Sander Tannen eintraf, hatten die Akteure bereits die Flucht ergriffen. „Sie haben damals Fersengeld gegeben, aber sich bis heute nicht für ihr Verhalten entschuldigt“, sagte FCB-Jugendleiter Michael Meyer nach der Verhandlung dem NDR.

Wie der Referee die Prügelattacke erlebte

Es habe seit den Geschehnissen keinen Kontakt zu den Spielern gegeben. Dem Sportgericht blieben sie ebenfalls fern. Warum eine Partie in Hamburgs unterster Spielklasse, der Kreisklasse B, so ausartete, dass er sie schließlich abbrechen musste, ist für Schiedsrichter Dennis Daniel vom SC Vier- und Marschlande bis heute unverständlich. „Vor dem Anpfiff gab es keine Anzeichen dafür“, erklärte der 40-Jährige.

Allerdings sei er bald nach dem Anstoß dann etwas verwundert gewesen, wie stark der damals auf Rang acht stehende TuS bei den zweitplatzierten Hausherren aufspielte. „Nach 15 Minuten hat mich ein Bergedorfer gefragt, ob beim TuS alle spielberechtigt sind. Er hatte offenbar Zweifel daran. Ich habe ihm dann gesagt, dass sie Protest einlegen können, wenn sie Zweifel daran haben“, erklärte Daniel.

Der Frust beim FC Bergedorf, der das Hinrundenduell mit 7:1 klar gewonnen hatte, wuchs mit jedem Gegentreffer. Beim Stand von 0:3 kam es dann zu einem Verbalduell zwischen einem Bergedorfer und einem TuS-Akteur. „Ich habe beide getrennt. Eigentlich war die Situation damit erledigt. Aber dann kam ein anderer Bergedorfer und ist dem TuS-Spieler an den Kragen gegangen“, berichtet Referee Daniel. Er zeigte dem FCB-Akteur daraufhin die Rote Karte.

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Spielabbruch in Bergedorf und sechs Verletzte

Der mehrmaligen Aufforderung, den Platz zu verlassen, kam dieser nicht nach. „Von seiner Körpersprache her wollte er sich prügeln. Er stand mit erhobener Faust auf dem Feld“, erklärte Daniel. Es folgten eine Rudelbildung, Schubsereien, Schläge, Tritte und Jagdszenen, an deren Ende ein Spielabbruch sowie sechs verletzte TuS-Akteure standen.

„So etwas haben wir in dieser Form auch noch nicht gesehen“, war Christian Koops, Vorsitzender des Sportgerichts, fassungslos über die Dimension der Gewalt. Während gegen acht seiner früheren Akteure und einen TuS-Spieler nach der rund eineinhalbstündigen Verhandlung Urteile gefällt wurden, kam der FC Bergedorf 85 als Verein straffrei davon. Noch. Denn das Sportgericht forderte den Club auf, ihn den Namen eines weiteren Spielers sowie eines Zuschauers mitzuteilen, die ebenfalls an den Ausschreitungen beteiligt waren. Sollte dies nicht geschehen, könnte dem FCB eine saftige Geldstrafe drohen.

„Ich habe aber den Eindruck, dass sie sehr bemüht sind, an der Aufklärung mitzuarbeiten“, sagte Schiedsrichter Daniel nach der nicht-öffentlichen Verhandlung des Skandalspiels.