Dassendorf. Der 29-jährige Lohbrügger war zuletzt in Hongkong aktiv. Zurück in Hamburg will er sich in eine neue berufliche Existenz aufbauen.
Der Traum vieler Fußball spielender Jungs – er hat ihn wahr gemacht: Der Lohbrügger Zhi Gin Lam schaffte es beim Hamburger SV von der Jugend bis in die Bundesliga-Elf, spielte gemeinsam mit Weltstars wie Rafael van der Vaart, Heung-Min Son oder David Jarolim. Doch Verletzungen bremsten die Karriere aus. Zuletzt kickte der mittlerweile 29-Jährige als Profi in Hongkong, der Stadt, aus der sein Vater stammt.
Mit seiner Frau Josefine und dem im Oktober geborenen Sohn Lio wohnte Lam in der 24-Millionen-Einwohner-Stadt Guangzhou 200 Kilometer von Hongkong entfernt. Nachdem sich das Team
nun aufgelöst hat, kehrte er nach Deutschland zurück und läuft künftig für den Fußball-Oberligisten
TuS Dassendorf auf.
„Lohbrügger Jung“ ist „Idealtypus eines Transfers“ für die TuS Dassendorf
Zurück in Hamburg will sich Lam, der in Hongkong Grafik und Kommunikationsdesign studiert hat, eine neue Existenz aufbauen. „Die größte Umstellung ist das Wetter“, schmunzelt der Lohbrügger. „Als wir im November hier ankamen, hatte ich nur einen Pullover an. In Hongkong waren noch 30 Grad. Dafür ist die Luft hier viel frischer als dort.“ Auch an manches andere muss er sich erst noch gewöhnen. „In Guangzhou kannst du dir jederzeit absolut alles im Internet bestellen“, berichtet er. „Selbst den Kaffee von Starbucks bringt dir sofort jemand vorbei.“
Über Lams Cousin Christian Cebulla kam der Kontakt zur TuS Dassendorf zustande. Beim Oberliga-Serienmeister trifft der 20-fache Bundesligaspieler mit Henrik Dettmann, Dennis Bergmann und Mattia Maggio auf Mitstreiter aus alten HSV-Tagen. „Er ist der Idealtypus eines Transfers für uns“, freut sich TuS-Sportchef Jan Schönteich, „ein Lohbrügger Jung, der mit den oberen Ligen abgeschlossen hat, ein netter Kerl, der wie die Faust auf das berühmte Auge in unser Team und unser Dorf passen wird.“
Mit 14 Jahren in den HSV-Jugend, mit 20 Jahren Bundesligadebüt
Zhi Gin Lam lernte das Fußballspielen beim VfL Lohbrügge, fiel schon in der E-Jugend als Talent auf. Mit zwölf Jahren wechselte er zum SV Nettelnburg/Allermöhe, mit 14 in die HSV-Jugend. Zhi Gin (sprich: „Tschi Gin“) bedeutet „starker Wille“. Mit dieser Entschlossenheit verfolgte er seinen Traum, Profi zu werden. Er baute sein Abitur am Gymnasium Bornbrook und debütierte mit 20 Jahren unter Trainer Rodolfo Cardoso am 23. September 2011 beim 2:1-Sieg des HSV in Stuttgart in der Ersten Liga. Der damalige HSV-Sportchef Frank Arnesen schwärmte: „Ein Traumdebüt!“ Kurios: Sein künftiger Teamkollege in Dassendorf, Österreichs Ex-Nationalspieler Martin Harnik, erzielte damals den Treffer für die Schwaben.
Doch der HSV spielte eine grauenvolle Saison, und Cardosos Nachfolger Thorsten Fink stand nicht auf den flinken Dribbler. Auch wegen zahlreicher Verletzungen kam Lam nur noch sporadisch zu Einsätzen. „Von der Qualität her hätte ich mich in der Bundesliga auf jeden Fall durchgesetzt“, ist der 29-Jährige überzeugt. „Aber die Kraft, mich nach den vielen Verletzungen immer wieder zurückzukämpfen, hatte ich irgendwann nicht mehr.“
Historischer Moment in Deutschlands größtem Fußballtempel
Sein größten Moment aber, den nimmt ihm niemand. 14. September 2013: ein schwarzer Abend für den HSV, aber ein historischer für Lam. Im Signal-Iduna-Park überfährt Jürgen Klopps Borussia Dortmund den HSV mit 6:2. Dem damals 22-Jährigen gelingt sein erstes und einziges Bundesligator zum 1:2. Vom linken Strafraumeck schlenzt er den Ball aus 20 Metern wuchtig ins rechte untere Eck. BVB-Keeper Roman Weidenfeller fliegt vergeblich.
Für magische Momente möchte er auch in Dassendorf sorgen. „Mir geht es darum, mit der Mannschaft Spaß zu haben und viele Spiele zu gewinnen“, betont er. TuS-Sportchef Schönteich amüsiert sich derweil über Kommentare im Internet, der Verein möge sich nicht länger einem Aufstieg in die Regionalliga verweigern. „Das lächeln wir weg“, sagt er. „Über unsere Vereinspolitik entscheiden wir selbst.“