Bergedorf. 1070 Mitglieder traten bei der TSG im Sommer aus. Der 1. Vorsitzende, Boris Schmidt, zur Zukunft des Vereins.

Ein wenig ungewöhnlich fühlt er sich noch an, dieser Corona-Sommer bei der TSG Bergedorf. „Dies ist das erste Mal seit 37 Jahren, dass ich um diese Zeit nicht im Zeltlager Behrensdorf bin“, bedauert Boris Schmidt, der 1. Vorsitzende des Vereins. Das traditionelle Jugendzeltlager musste wegen der Pandemie abgesagt werden – zum ersten Mal seit 1952.

Training für angehende Sternenkrieger

Fantasie war gefragt. In Windeseile wurden 60 Einmann-Iglu-Zelte besorgt. Sommercamps im Skatepark Neuallermöhe, im Kissland und am Gleisdreieck gibt es, Angebote von Stand-up-Paddling über Windsurfen bis zu Strandsport, Frisbee, Basketball, Hockey, Triathlon, Minigolf, Baseball, Scooter-Fahren, Schach, Graffiti-Workshop, Comic-Zeichnen, Zirkus oder Englisch-Unterricht. Ja selbst den Den Umgang mit dem Laserschwert können angehende Sternenkrieger jetzt bei der TSG erlernen. „Wir machen so viel wie noch nie. Vieles davon hat mit einer Vereinsmitgliedschaft gar nichts zu tun, sondern ist offene Jugendarbeit“, betont Schmidt. Ein wichtiger Aspekt dabei: „Wir haben erreicht, dass die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, die sonst als Helfer in Behrensdorf zwölf Tage Sonderurlaub bekommen, diese nun auch für die Camps erhalten.“

Ein Verein erfindet sich neu. Notgedrungen. Denn die Lage ist dramatisch. Nach der Rekordzahl von 1070 Austritten gehen die Bergedorfer mit einer schweren Hypothek in die zweite Jahreshälfte. „Eine gewisse Fluktuation gibt es immer, aber durch die fehlenden Eintritte haben wir unter dem Strich 750 Mitglieder weniger. Ich bin skeptisch, dass wir das bis zum Jahresende auffangen können“, schätzt Schmidt.

Mitgliedsbeiträge machen nur 40 Prozent aus

Stammten vor 20 Jahren noch 90 Prozent der Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen, so sind es heute nur noch 40 Prozent. Der Rest sind Schul-Kooperationen, Kindergärten, Jugendarbeit und Beiträge für freie Kurse. „Unser Geschäftsmodell kommt uns in dieser Zeit entgegen“, ist der TSG-Vorsitzende überzeugt. Trotzdem will der Verein um jedes Mitglied kämpfen. Bis Ende August entfällt bei Neueintritten die Aufnahmegebühr. Zudem soll es in diesem Jahr trotz der gesunkenen Mitgliederzahlen keine Beitragserhöhung geben. „Das passt im Moment nicht in die Zeit, weil wir auch nicht den vollen Leistungsumfang bieten können“, ist sich Schmidt bewusst, „2021 wird es aber wieder eine Anpassung geben müssen.“

Mehr als 10.000 Euro allein für Hygienemaßnahmen

Obwohl der Betrieb wieder angelaufen ist, hat Corona den Alltag weiter fest im Griff. „Allein für die Hygienemaßnahmen mussten wir über 10.000 Euro aufwenden“, klagt Schmidt. Doch manches, was da aus der Not geboren wurde, hat sich inzwischen bewährt, allen voran der neu geschaffene Skatepark Allermöhe. „Wir stellen fest, dass die Mitglieder so ein betreutes Angebot schätzen“, sagt der 57-Jährige. „Ich glaube, wir setzen das auch in Zukunft fort, wenn der normale Betrieb wieder läuft.“

Auch das Outdoor-Fitnessstudio soll noch bis Ende September fortgeführt werden, weil diese Möglichkeit wegen der Pandemie von vielen Mitgliedern genutzt wird. „Es gibt viele Ängste unter den Mitgliedern“, hat Schmidt registriert. „Da sind wir ein Spiegelbild der Gesellschaft, die total unterschiedlich mit Corona umgeht. Es gibt viele, die sagen: ,Das ist doch alles Quatsch mit den Hygienemaßnahmen’, und es gibt auch viele Mitglieder, die froh sind, dass wir das alles machen.“

Trainingszeiten online buchen, nicht alle nutzen das

Die politischen Bestimmungen geben vor, dass jeder Sporttreibende erfasst werden muss, um im Falle einer Erkrankung die Infektionswege nachvollziehen zu können. Zudem sind die Kapazitäten begrenzt. Beispielsweise dürfen im Fitnessstudio des TSG-Sportforums am Billwerder Billdeich nie mehr als 20 Aktive gleichzeitig trainieren. Mit Zettel-Listen wäre das kaum zu erfassen. Hier kommt es der TSG zugute, dass sie einer der Pilotvereine beim Hamburger Digitalisierungsprojekt im Sport war. Die Reservierung erfolgt über eine App, beziehungsweise die TSG-Homepage im Internet. Das hat auch den Vorteil, dass der Verein gezielt Mitglieder informieren kann, falls ein Kursus ausfällt.

Doch nicht alle Mitglieder ziehen da mit. „Wer sich nicht online anmelden will, der kann auch anrufen“, erläutert Schmidt, „die Zahl der Anrufer ist viel höher, als wir erwartet haben. Wir dachten, wir könnten am Counter Personal einsparen, doch es kommen so viele Anrufe, dass das nicht möglich ist.“ So bietet der Verein beide Wege an. „Ich dachte, dass wir gesellschaftlich mit dem Digitalen schon weiter wären“, gibt Schmidt zu, „doch wir wollen niemanden abhängen. Das ist uns ganz wichtig.“