Dassendorf. Mit Mäzen Günter Wunder marschiert der Dorfclub ab 1994 durch die Hamburger Ligen bis in die vierthöchste Spielklasse.

Es gibt sie in jedem Verein: die magischen Momente. In einer Serie stellen wir Höhepunkte aus der Geschichte unserer Clubs vor. Heute: Der Aufstieg der TuS Dassendorf in die Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein im Jahr 1999.

Es läuft der letzte Spieltag der Verbandsliga-Saison 1998/99. Zum sicheren Aufstieg in die vierthöchste Spielklasse Deutschland fehlt der TuS Dassendorf, Hamburgs Überfliegerteam der vergangenen Jahre, noch ein Punkt. Es ist eine besondere Partie. Gegner ist mit dem ASV Bergedorf 85 der Ex-Verein von Dassendorfs Mäzen Günter Wunder. Ohne ihren Gönner wäre die TuS wohl nie soweit gekommen.

Bei 0:3 – „Wir spielen auf halten“

Doch obwohl es miserabel läuft, gibt Trainer Peter Martens in der zweiten Hälfte bei einem 0:3-Rückstand das Kommando: „Wir spielen auf Halten.“ Denn Konkurrent Eimsbütteler TV schwächelt auch. Am Ende verliert die TuS sogar 0:4, „rettet“ sich dank eines um vier Treffer besseren Torverhältnisses in die Oberliga.

Es ist der Höhepunkt eines Höhenflugs, den es beinahe nicht gegeben hätte. Rückblick: Im Sommer 1994 liebäugelt Kiesgruben-Besitzer Günter Wunder nach seinen Engagements in Börnsen und Bergedorf in seinem Heimatdorf einzusteigen. „Bedingung dafür war, dass wir den Klassenerhalt in der Kreisliga schaffen“, erinnert sich der damalige Betreuer der 1. Herren und heutige Vereinsvorsitzende Jörg Ziolek.

69 Partien in Folge unbesiegt

Dafür muss am letzten Spieltag in Hamwarde ein Sieg her. Dieser gelingt vor den Augen von Wunder und des designierten Trainers Martens. Die TuS, die seit 1979 ununterbrochen in der Kreisliga kickt, beendet die Saison als Elfter.

Danach wird der Kader umgekrempelt. Diverse Akteure aus Hamburgs höchster Spielklasse, wie Matthias Rauls oder der vor fünf Jahren verstorbene Arne Gronau, kommen nach Dassendorf. Durch die Kreis- und die Bezirksliga marschiert das unterforderte Starensemble ungeschlagen. Stürmer Claudio Markewitz schießt in zwei Jahren über 90 (!) Tore.

Legionärstruppe – von wegen

Doch die Dassendorfer sind nicht bloß eine Legionärstruppe. „Uns zeichnete eine enge mannschaftliche Bindung und ganz viel Herzblut auf dem Platz aus“, erinnert sich der in der Bezirksliga dazugestoßene Jan Schönteich. Das wird besonders deutlich, als die beeindruckende Serie von 69 ungeschlagenen Partien in Folge (58 Siege, 11 Remis) in der Landesliga bei HEBC endet.

„Wir wurden in der Stadionzeitung als ,zusammengekauft’ bezeichnet. Auf dem Platz ging es dann richtig zur Sache. Und obwohl wir durch ein halbes Eigentor in der letzten Minute 0:1 verloren haben, sind wir erst weit nach Spielschluss und einer feucht-fröhlichen Feier gegangen“, sagt Schönteich. An diesem Tag entstand auch der Dassendorfer-Jubelgesang „Wir sind zusammengekauft, null Kameradschaft hier“, den die heutige erste Herren immer noch singt.

Nach sieben Jahren steigt Wunder aus

Auch die Landesliga bleibt nur eine Durchgangssituation und endet mit dem dritten Titel in Folge. So wäre es wohl auch in der Verbandsliga gekommen, wenn Coach Martens nach einem Herzinfarkt nicht lange ausgefallen wäre. Nach einem dritten Platz reicht es schließlich eine Saison später zum Aufstieg in die vierte Liga. In der Oberliga trifft die TuS unter anderem auf den heutigen Zweitligisten Holstein Kiel.

Die TuS Dassendorf wird am Ende Neunter, gewinnt aber erstmals nach einem 5:1 gegen den SV Börnsen den Hamburger Pokal und spielt später im DFB-Pokal gegen Erstligist Unterhaching (0:5). Zur Mitte des zweiten Oberliga-Jahres verkündet Mäzen Wunder seinen Ausstieg zum Saisonende. „Ich wollte noch höher, aber die Gemeinde wollte das Dorf nicht voller Autos haben“, sagt der heute 84-jährige Günter Wunder, der sogar eine neues Stadion bauen wollte.

Helden von einst prägen zwei Erfolgsära

Die Dassendorfer schaffen zwar noch den Klassenerhalt, ziehen sich aber freiwillig in die Verbandsliga zurück. Nur sechs Spieler bleiben, Schönteich zuletzt schon Co-Trainer übernimmt das Kommando. Trotz des Umbruchs gelingt in Hamburgs Fußball-Oberhaus zweimal der Klassenverbleib. Inzwischen ist der heutige Mäzen Michael Funk im Boot, der nach einigen Jahren in der Landesliga erneut zum Angriff bläst. Das Trainerteam bilden drei Ex-Spieler aus den Wunder-Jahren: Jan Schönteich, Thomas Hoffmann und Olaf Gössel. Später kehrt auch Peter Martens zurück.

Sie leiten eine noch erfolgreichere Ära ein (fünf Hamburger Meistertitel, zwei Pokalsiege). Das nötigt dem immer noch der TuS verbundenen Günter Wunder Respekt ab: „Was der Funk alles macht, ist schon sagenhaft. Nur das sie nicht hoch wollen, das ist immer noch das gleiche Theater.“