Wentorf/Brunstorf. Seit Montag ist Sport wieder erlaubt: nur im Freien und auch nur in Schleswig-Holstein und nicht in Hamburg.

„Stop“ – in großen, pinken Buchstaben ist auf dem Gelände des Golf & Country Club Brunstorf in gehörigem Abstand zum Abschlag von Loch 1 eine Haltelinie auf den Sandweg gesprüht. Hier müssen die Golfer so lange auf den Start ihres „Flights“ (Spielrunde) warten, bis die Vorderleute auf die nächste Bahn weitergezogen sind.

Nur unter strengen Auflagen, was Abstands- und Hygiene-Regeln angeht, durften gestern wieder kontaktarme Sportarten im Freien wie Tennis oder Golf gespielt werden – und wohlgemerkt nur in Schleswig-Holstein, nicht in Hamburg. In Brunstorf herrschte dennoch Hochbetrieb. „Von 6.30 bis 19 Uhr sind alle zehn Minuten zwei Leute gestartet“, sagte Manager Thomas Marxsen.

An Loch 4 spielen gerade Carmen Matthies und ihr Mann Clive Smailes aus Schwarzenbek. „Ich wollte mal diesen neuen Bunker ausprobieren“, sagt der Engländer, als sein Annäherungsversuch aufs Grün übers Ziel hinausschießt und in der Sandgrube landet. Heute geht es bei ihnen nicht bierernst zu, die beiden genießen einfach ihre neue Freiheit.

Hinter ihnen liegen fünf Wochen Quarantäne, die erst am Sonnabend abgelaufen war. Das Paar war gerade in Südafrika, als der weltweite Lockdown kam. Drei Wochen durften sie ihr dortiges Resort nicht verlassen. Anschließend folgte die häusliche Quarantäne, nachdem sie von der Bundesregierung ausgeflogen worden waren. Oder um es mit Carmen Matthies’ Worten zu sagen: „Wir sind mit Heiko-Maas-Airlines zurückgekommen.“ Morgen wollen sie wieder in Brunstorf spielen.

Kuriosum erlaubt TSG Bergedorf das Tennisspielen

Szenenwechsel. Dank eines Kuriosums dürfen die Mitglieder der Tennisabteilung der TSG Bergedorf wieder spielen – als einzige Hamburger. Ihre Anlage liegt nämlich auf schleswig-holsteinischem Gebiet an der Marienburg in Wentorf. Darüber hatte sich die TSG in der Vergangenheit manches Mal geärgert. Jetzt schmunzelt Abteilungsleiter Dieter Lütgens nur, als er darauf angesprochen wird.

Vor ihm liegen unzählige laminierte Blätter Papier. „Kein Eingang“, „Tür schließen“, „Ausgang“ steht darauf. „Wir müssen die Zu- und Abwege so organisieren, dass sich die Leute nach dem Spielen nicht begegnen“, sagt Lütgens, der der Sparte seit Mitte der 1970er-Jahre mit einer kurzen Unterbrechung vorsteht.

Wie auch bei den Golfern in Brunstorf sind Dusch- und Umkleideräume geschlossen, nur der Gang zur Toilette ist möglich. Auf den Plausch bei einer Selter nach dem Match müssen die Tennisspieler verzichten. Erlaubt sind zudem nur Einzel- und keine Doppelspiele. Auf die Einhaltung der Restriktionen wacht stets ein TSG-Verantwortlicher.

Warten auf Lockerungen für alle Sportarten

„Das Spielen ist weitgehend nicht eingeschränkt. Nur das Drumherum ist anders. Aber Regeln einzuhalten, ist Sportlern ja durchaus geläufig“, sagt der TSG-Vorsitzende Boris Schmidt. Er hofft, dass Bund und Länder am Donnerstag weitere Lockerungen für den Sport beschließen. Dann auch für Hamburg, aber auch für alle anderen Sportarten. „Im organisierten Sport sind 27 Millionen Mitglieder in 90.000 Vereinen. Wenn etwa die Leichtathleten wieder auf die Anlagen dürfen, entlasten sie auch den öffentliche Raum. Ich denke da etwa an die Alster, wo die Leute ja im Slalom joggen“, sagt Schmidt.

Bis es soweit ist, sind die Tennisspieler privilegiert. Erich Eder und Uwe Rudat zum Beispiel. Die beiden Teamkollegen aus dem Herren-60-Team haben sich sofort verabredet, als klar war, dass Tennis wieder erlaubt wird. „Das ist ein Stück Normalität“, freut sich Rudat. „Ich fühle mich, als ob ich aus dem Gefängnis raus wäre“, sagt Eder, der Sportwart der TSG-Sparte. So eine lange (Tennis-)Pause hatten beide noch nie. Bei ihrem Comeback sind sie noch etwas eingerostet und auch nicht in Topform. Ihr Match endete – ganz ungewöhnlich – mit einem Unentschieden. „Jeder hat einen Satz gewonnen. Dann konnten wir nicht mehr, aber das ist Nebensache“, sagt Eder. Hauptsache, sie konnten wieder auf dem Platz stehen. Den müssen sie übrigens durch eine andere Tür verlassen als beim Betreten. Dort hängt in großen Buchstaben nämlich ein Schild: Kein Ausgang!