Lauenburg. Lena Gansor-Kaatz und Frank Mathias spielen bei der Lauenburger SV Handball und bilden ein Schiedsrichter-Gespann.
Frank Mathias war sich absolut sicher, Lena Gansor-Kaatz auch – nahezu zeitgleich bliesen sie in ihre Schiedsrichterpfeifen. Einziges Problem: Er zeigte in die eine, sie in die andere Richtung. Der Super-GAU für ein Refereegespann. „Auf dem Feld muss alles harmonisch wirken. Selbst wenn man eine andere Meinung hat, muss man mit einem Nicken auseinander gehen“, sagt Frank Mathias, der mit seiner Lebensgefährtin seit zwei Jahren gemeinsam Handball-Spiele leitet.
Doch nicht nur das. Beide stehen selbst noch aktiv bei der Lauenburger SV auf der Platte. Gansor-Kaatz bei den 1. Damen in der Schleswig-Holstein-Liga im Tor, Mathias bei den Landesliga-Männern im halbrechten Rückraum. Privat ein Paar, selbst aktive Handballer und gemeinsam als Schiedsrichtergespann unterwegs – diese Dreier-Kombination ist in Schleswig-Holstein einmalig.
Der Terminkalender ist proppevoll
„Wir pfeifen zusammen, damit wir überhaupt ein bisschen Zeit miteinander verbringen können“, sagt Frank Mathias. Denn ihr Terminkalender ist proppevoll. Ihre Liebe geht durch den Handball. Sein Training ist – in normalen Zeiten – dienstags und freitags, ihres montags und donnerstags. Am Mittwoch hat er die Kinder aus einer früheren Beziehung, und am Wochenende stehen eigene Punktspiele und Partien als Schiedsrichter an.
Alleine pfeifen beide bereits seit gut 20 Jahren. „Mein Vater hat mich dazu verdonnert, weil ich so im Alter von 18 bis 20 Jahren immer mit den Schiedsrichtern diskutiert habe“, sagt der 40-Jährige. Gansor-Kaatz pfiff derweil fast ausschließlich Heimspiele des LSV-Nachwuchses.
Als Schiedsrichter ist er der Zarte und sie die Harte
Zu ihrem Entschluss beigetragen, ein Team zu bilden, hat auch der allgemeine Mangel an Handball-Unparteiischen. Pro Mannschaft, die auf Landesebene in Schleswig-Holstein spielt, muss ein Verein ein Gespann stellen. „2019 musste die LSV wegen fehlender Schiedsrichter 850 Euro an Strafen bezahlen“, weiß die 36-jährige Laborleiterin. Als LSV-Schiedsrichterwartin konnte sie die Kosten auf kurzem Dienstweg weiterreichen. Denn ihr Freund, mit dem sie in Nostorf kurz hinter der Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern lebt, ist der Lauenburger Kassenwart.
Frostige Stimmung auf der Rückfahrt
Doch der Anfang als Gespann an der Pfeife sorgte mitunter privat für Verstimmung. Nach der eingangs beschriebenen Szene beispielsweise. Beide hatten im Spiel zwischen den zweiten Mannschaften des TSV Schwarzenbek und der SG Glinde/Reinbek auf Fuß entschieden. Nur halt jeweils von der anderen Partei verursacht. „Ich habe recht. Du brauchst gar nichts zu sagen!“, entschied Mathias wenig diplomatisch. Folge: „Die Rückfahrt war ein bisschen frostiger“, gibt er zu.
Inzwischen sind beide besser eingespielt. Mit klarer Rollenverteilung: Er ist der Zarte, sie die Harte. Bei Gansor-Kaatz hört sich das so an: „Frank ist der Kommunikative. Mir ist das zu anstrengend. Sich auf das Spiel zu konzentrieren, ist schwierig genug.“
Fußball-Schiri? Auf keinen Fall!
Derzeit dürfen sie bei den Frauen und in der Jugend bis hoch zur Schleswig-Holstein-Liga und bei den Männern bis zur Landesliga pfeifen. Partien von eigenen Staffelkonkurrenten versuchen sie jedoch zu vermeiden. „Vielleicht versuchen wir es noch, bis zur Oberliga zu kommen. Für mehr sind wir zu alt“, weiß Mathias.
Als aktive Spieler kennen sie natürlich alle Kniffe und Tricks. Faustregel: „Wer liegenbleibt, hat auch was. Wer sich wälzt, versucht mehr daraus zu machen“, sagt Mathias, dem noch eins wichtig ist: „Das Schöne ist, das wir als Handball-Schiedsrichter eine ganz andere Akzeptanz haben. Fußball-Schiri – das könnte ich mir nicht vorstellen.“
Wie es mit ihrer Schiedsrichterei weitergeht, hängt bei Frank Mathias und Lena Gansor-Kaatz auch von der eigenen Spielerlaufbahn ab. In der Sommerpause wollen beide eine Entscheidung treffen. Zumindest bei Mathias, einem Handballer in dritter Generation, der sich gerade mit einem angerissenen Kreuzband herumplagt, hört es sich nach Weitermachen an. „Ich hatte mal gesagt, dass ich nach der nächsten größeren Verletzung aufhöre. Aber das Kreuzband ist ja nur angerissen.“