Kirchwerder. Praktisch seit der Gründung des SC Vier- und Marschlande war Siegfried Niemand der Fußball-Abteilungsleiter. Jetzt ist er zurückgetreten.

Auf was sich Jens Adler eingelassen hat, das weiß der neue Fußball-Abteilungsleiter des SC Vier- und Marschlande ganz genau. „Siegi hinterlässt sehr, sehr große Fußstapfen“, sagt der 46-Jährige. „Siegi“ heißt eigentlich Siegfried Niemand und prägte beim SCVM die bisherige Geschichte des 1999 gegründeten Vereins.

Ein halbes Jahr nach der Fusion von TSV Kirchwerder und SV Ochsenwerder-Moorfleet übernahm er die Führung der Abteilung. Das war nur einer von vielen ehrenamtlichen Posten des 63-Jährigen. Nun ist Niemand, ein Jahr vor dem eigentlichen Ende seiner Amtszeit, aus persönlichen Gründen zurückgetreten.

Eigentlich war vorgesehen, dass der pensionierte Polizist und sein bisheriger Stellvertreter Adler auf der Jahreshauptversammlung die Posten tauschen und Niemand erst 2021 abtritt. „Aber“, sagt Niemand, „ich laboriere seit einem Jahr an einer verschleppten Lungenentzündung und muss gerade jetzt wahnsinnig vorsichtig sein. Außerdem ist gerade mein achtes Enkelkind geboren.“

Erstes Ehrenamt 1984

Wegen der Corona-Krise ist die Versammlung ausgefallen, sodass er nach so vielen Jahren etwas unwürdig auf schriftlichem Weg zurücktrat und beendete, was genau genommen bereits 1984 beim TSV Kirchwerder als F-Jugendtrainer seines Sohnes Marco begann. Viele Jahre wirkte er als Junioren-Coach. Mitte der 1990er-Jahre wurde er dann Fußball-Jugendleiter beim TSV.

Nach der Fusion prägte er schließlich die Geschicke beim SC Vier- und Marschlande, wo er gleichzeitig zum Posten des Abteilungsleiters auch Jugendleiter und Schiedsrichter war. Einige Jahre übernahm er auch die Platzpflege in Fünfhausen und saß im Jugend-Spielausschuss des Hamburger Fußball-Verband (HFV).

„Ich weiß gar nicht mehr, wie ich das früher im aktiven Dienst gemacht habe. Damals gab es ja noch keine Handys“, sagt Niemand. „Dafür wusste ich früher genau, wo jede Telefonzelle stand.“ Den Aufwand der ehrenamtlichen Tätigkeiten beziffert er auf „zwei Stunden morgens und zwei Stunden abends – wenn man es vernünftig machen will.“

In all den Jahren wurde es nie langweilig. Im SCVM machte er in seiner Amtszeit drei Ab- und zwei Aufstiege mit. Zudem schafften es mit Martin Harnik und Max Kruse zwei Spieler zu den Profis. „Welcher Verein schafft das schon?“, fragt Niemand, der sich besonders freut, dass die Vier- und Marschländer zwei mal mit dem Uwe-Seeler-Preis für ihre Jugendarbeit ausgezeichnet wurden.

Bald zum 175. Mal Blutspender

Auch persönlich erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. So ist er Träger der silbernen Ehrennadel des Hamburger Fußball-Verbands, Mitglied im „Club 100“ des Deutschen Fußball-Bundes für verdiente Ehrenamtler und seit 25 Jahren Schiedsrichter. Zudem steht er kurz vor seiner 175. Blutspende.

Es fehlte allerdings nicht viel, und Niemand hätte vieles davon nicht erlebt. 2005 hatte der Polizeibeamte einer Sondereinheit einen schweren Dienstunfall. Bei einer Einsatzfahrt mit dem Motorrad übersah ihn ein Lkw-Fahrer. Niemand prallte seitlich ins Fahrerhaus. „Die ganze rechte Seite war kaputt. Schulter, Bein, Fuß und alle Zehen waren gebrochen“, sagte Niemand, der danach dienstunfähig war. Vielleicht sagt er deshalb ganz uneitel: „Jeder Mensch ist ersetzbar.“

Jens Adler, sein Nachfolger beim SCVM, wird das anders sehen. „Aber ich stehe ja noch mit Rat und Tat zur Verfügung“, betont Niemand. Und ganz aufhören, kann so jemand wie er auch nicht: Er bleibt Stadionsprecher, macht weiter die Stadionzeitung – und hat sich als Liga-Obmann der 1. Herren angeboten.