Bergedorf. Bei den diesjährigen Hamburger Landesmeisterschaften setzen die Youngster die Glanzlichter.
Anna Holzmann (SC Poppenbüttel) und Leonie Müller (MTV Lübeck) hatten sich viel zu erzählen. Die beiden schnellsten Frauen des Nordens gingen nach dem 60-Meter-Finale, das Holzmann (7,60 Sekunden) knapp gegen Müller (7,69) gewann, gemeinsam durch die Alsterdorfer Leichtathletik-Halle. Den Trubel um sich herum hatten sie völlig vergessen. Solche Szenen machen den Charme von Leichtathletik-Landesmeisterschaften aus.
Gegensätze ziehen sich an
Konkurrentinnen auf der Bahn, aber freundschaftlich außerhalb der Bahn. Das gilt auch für Inga Schulz (15) und Elisa Unger (14) von der TSG Bergedorf. Beide sind enge Freundinnen, gehen gemeinsam durch dick und dünn. „Anfangs waren wir eher Konkurrentinnen. Mittlerweile machen wir vieles zusammen“, beschreibt es Elisa. Dabei könnten die Mädchen unterschiedlicher kaum sein. Die eine (Inga) spielte früher Fußball, die andere (Elisa) ging zum Ballett. Die eine (Inga) ist eher der Typ Sprinterin, die andere (Elisa) mag längere Strecken. In der Leichtathletik haben die Trainingskameradinnen eine gemeinsame Leidenschaft gefunden. „Dieses Gefühl, wenn man sich angestrengt hat, das mag ich einfach“, fasst Inga die Faszination dieses Sports in Worte. Sie wurde Fünfte über 400 Meter und Siebte über 800 Meter, Elisa, die auf die 800 Meter verzichtete, kam über 1500 Meter auf Rang fünf.
Mona Lisa auf Abwegen
Große und kleine Dramen gab es in Alsterdorf reichlich. Zum Beispiel beim Kugelstoßen der weiblichen Jugend U18, wo sich Lena Grollmuß von der LG Oberelbe schon als Siegerin fühlen durfte, als sie im letzten Versuch so richtig einen raushaute und mit 12,33 Metern die Führung übernahm. Doch die bis dahin an der Spitze liegende Elise Will (Preetzer TSV) wusste zu kontern. Sie stieß die Kugel auf 12,91 Meter und gewann.
Oder über 400 Meter der Frauen, wo die Favoritin Anna-Sophie Bellerich (SC Rönnau) mit einem Laufstil so schön wie die Mona Lisa auf der Zielgeraden gedankenverloren austrudelte. Marie-Luise Lauterbach (TSV Altenholz) kam mit einem Kamikazesprung von hinten, gewann um sieben Hundertstelsekunden.
Ein Sieg mit Ansage
Für die emotionalen Höhepunkte des Wochenendes aber sorgten zwei Talente der TSG Bergedorf. Glenn Kochmann und Ole Grot siegten jeweils über 1500 Meter. Der 15-jährige Glenn machte bei den U18-Junioren den Anfang. 1500 Meter sind mit ihren siebeneinhalb Runden eine knifflige Sache in der Halle. „Ich zähle während des Rennens die Runden nie mit, das empfinde ich als störend“, verrät er. Doch zum Glück gibt es im Zielbereich ja die Anzeige mit den noch zu laufenden Runden. „Als da eine ,2’ stand, habe ich losgelegt“, sagt Glenn, der schließlich souverän gewann. „Eine Riesenüberraschung“, jubelte TSG-Mittelstreckentrainer Frieder Nölting.
Anschließend verfolgte Nölting gemeinsam mit Marathon-Legende Steffen Benecke die 1500 Meter der Männer, bei denen sich der 18-jährige Ole Grot anschickte, die Elite des Nordens herauszufordern. Würde das eine Lehrstunde geben? Ja, aber fragt sich nur, für wen!
Grot lieferte eine taktische Meisterleistung ab, hielt sich die ganze Zeit klug an zweiter, dritter Stelle, bis er zwei Runden vor Schluss nur noch Jordan Lennart vom HSV vor sich hatte – wenn auch mit einigem Abstand. „Los Ole, der wird müde!“, schrie Nölting mehr hoffnungsvoll als überzeugt. Tatsächlich holte der Bergedorfer auf. Ausgangs der vorletzten Kurve war sich Nölting dann schon sicher: „Jetzt macht Ole den Sack zu.“ Tatsächlich zog Grot vorbei und siegte. „Ich habe schon sehr viel früher gemerkt, dass er nicht mehr kann“, gab der Youngster selbstbewusst zu Protokoll.
Auch die TSG-Staffel gewinnt
Für den dritten Bergedorfer Titelgewinn sorgte die 4x200-Meter-Staffel der Männer mit Sören Gnoss, Markus Neblung, Alexander Palm und David Rothmaier. In respektablen 1:33,60 Minuten gewannen sie einen Pleiten, Pech und Pannen-Wettbewerb, in dem es vier von neun Teams nicht ins Ziel schafften.
Titel Nummer vier für die TSG holte gestern Mika Sosna, der im Kugelstoßen der U18 eine Klasse für sich war. Mit 16,54 Metern hatte er über zwei Meter Vorsprung. Den Weitsprung der Männer gewann mit dem Börnsener Bennet Vinken (HSV) ein weiterer Youngster aus dem Heimatgebiet. Mit 7,07 Metern überwand der 19-Jährige als Einziger die Sieben-Meter-Marke.