Altengamme. Wenn sich Autofahrer und Radsportler begegnen, gibt es oft Stress. Denn oft kennen die Beteiligten die Regeln nicht.

Radsportler und Autofahrer, die sich auf Landstraßen begegnen, sind sich nur selten grün. Christian Hamburg kennt beide Seiten. Als Chef des Einrichtungshauses Ewald Hamburg in Altengamme ist er rund 30.000 Kilometer pro Jahr im Auto unterwegs. In seiner Freizeit ist der 46-Jährige ein begeisterter Radsportler, der fünfmal pro Woche trainiert. „Es gibt keine bessere Stressbewältigung als eine Sportart, bei der man sich total auspowern kann“, ist Hamburg überzeugt, „mit 180 Puls kann man nicht mehr an die Arbeit denken.“

Bis das nächste hupende Auto die Pedaleure aus ihrer Trance reißt. „Leider gibt es auf beiden Seiten viel Unwissenheit und gegenseitige Respektlosigkeit“, hat Hamburg beobachtet, „viele kennen die Regeln nicht.“ Vielen Autofahrern ist nicht bewusst, dass sie beim Überholen eineinhalb Meter Abstand halten müssen. Die Radsportler wiederum sollen bis zu einer Gruppe von sieben Fahrern hinter­einander, ab acht Fahrern jedoch zu zweit nebeneinander fahren, da sonst der zu überholende Pulk zu lang wird. Zudem spielt die Erfahrung der Pedaleure eine große Rolle, wie der Altengammer ausführt: „Wer es gewohnt ist, bei Rennen im Pulk zu fahren, tut sich leichter und wird sich auch nicht verlenken, wenn er nah überholt wird. Anfängern hingegen passiert das.“

Teamgefährte von Jan Ullrich

Hamburg weiß, wovon er spricht. Seine Karriere auf zwei Rädern hatte er einst als Radballer begonnen, wechselte dann aber schnell in den Rennsport. In seiner aktiven Zeit Anfang der 90er-Jahre fuhr er gemeinsam mit Radsport-Ikone Jan Ullrich beim Team der RG Hamburg. „Er war der talentierteste Radfahrer der vergangenen 30 Jahre“, ist Hamburg überzeugt, „der hatte von Natur aus so viel PS mehr als andere, das war unglaublich.“ Dass Ullrich später in den Dopingsumpf geriet, macht den Altengammer traurig: „Sein größter Vorzug war gleichzeitig auch sein Nachteil: Er war einfach blauäugig, zu nett, ging unbekümmert auf alle Menschen zu.“

„Leistungssport tut mir gut“

Nach einer längeren Pause kehrte Hamburg 2011 zum Radsport zurück und ist seitdem höchst erfolgreich bei den Masters unterwegs. Im Frühjahr will er in Lübeck seinen norddeutschen Meistertitel verteidigen. „Ich habe einfach gemerkt, dass der Leistungssport mir gut tut“, betont der 46-Jährige, „ich bin heute 15 Kilogramm leichter als damals und viel belastbarer.“

Am Sonnabend startet der 46-Jährige mit seinen Mannschaftskollegen vom Team von Hacht in die Frühjahrssaison. Start zum ersten Training ist um 11 Uhr am Zollenspieker Fährhaus. Dann geht es auf eine 100-Kilometer-Runde durch die Elbregion. Gäste sind herzlich willkommen. Allerdings sollten sie in der Lage sein, 100 Kilometer lang einen Schnitt von 30 Kilometern pro Stunde zu fahren. Oder zumindest 50 Kilometer lang. „Dann kann man abkürzen“, verrät Hamburg lächelnd. Wer Interesse hat, kann sich unter cch-radsport@ewald-hamburg.de anmelden. Schließlich wartet eine atemberaubende Strecke. „Die Vier- und Marschlande sind das Volksparkstadion der Radsportler“, schwärmt Hamburg.

Wie er selbst sind auch seine Teamkollegen allesamt erfolgreiche Männer der Tat. Da wäre zum Beispiel Enrico Busch, der 2015 Weltmeister der Unter-60-Jährigen wurde und als sein Hobby „Grundstücke mit dem Bagger verwüsten“ angibt. Oder Peter Pawlus, der Sieger der „Tour de Kärnten“, der Tour de France für Senioren. Oder Uwe Holst, der Dritte der deutschen Bergmeisterschaften. Oder Dr. Hajo Drees, der früher gegen Lance Armstrong fuhr – und gewann!

Gute Rennräder ab 2000 Euro

Wer ihnen nacheifern oder vielleicht sogar mit ihnen zusammen trainieren will, braucht natürlich erst einmal eine entsprechende Ausrüstung. „Gute Rennräder, mit denen man gewinnen kann, gibt es so ungefähr ab 2000 Euro“, sagt Hamburg, „bei versierten Fahrern kostet ein Rad im Schnitt 4000 Euro.“ Den Unterschied machen Messeinrichtungen, die in Echtzeit Watt- und Pulswerte angeben und so eine moderne Trainingssteuerung über diese Parameter erlauben. Denn Radsport ist Hightech-Sport. Das sollte doch auch dem ankommenden Autofahrer etwas Respekt abnötigen.