Bergedorf. Sport war eine willkommene Ablenkung vom Kriegsalltag. In Hamburg wurden sogar komplette Punktspielserien durchgeführt.
Bergedorf. „Wieder einer von der alten 1. Mannschaft ist dahin.“ Mit diesen Worten beginnt in der „Vereins-Zeitung“ von Spiel- und Sport Bergedorf (Ausgabe April/Juni 1918) der Nachruf auf Leo Meier. „Die Gegner fürchteten den (...) fähigen Verteidiger, der allerdings auf technische Feinheiten weniger Wert legte“, heißt es weiter. Gefallen ist der Fußballer am 11. März 1918 durch einen „Granat-Volltreffer“ an einem nicht genannten Ort.
Der Erste Weltkrieg hat die Sportvereine in Bergedorf schwer getroffen. Über ein Viertel der Mitglieder von Spiel- und Sport kehrte nicht von den Schlachtfeldern zurück. Insgesamt drei Viertel trieben nach dem vierjährigen Weltenbrand keinen Sport mehr. Und doch kam das Vereinsleben, die sportlichen Wettkämpfe – anders als vielleicht zu vermuten wäre – nicht zum Erliegen. Im Gegenteil, wie unser heutiger Beitrag zum Kriegsende vor 100 Jahren zeigt.
Sportbetrieb geht auch im Krieg weiter
„Das vergangene Vierteljahr brachte (...) einen Spielbetrieb auf breitester Grundlage, wie wir ihn (...) nur in der Friedenszeit kannten“, heißt es in der bereits zitierten „Vereins-Zeitung“.
Was Fußball betrifft, bildet Hamburg eine echte Ausnahme im Deutschen Reich. Nur hier konnten die Punktspielserien zwischen 1914 und 1918 komplett durchgeführt werden. Der Bergedorfer Fußballklub (BFC) von 1902 spielte in der zweithöchsten Liga, der 1B-Klasse. Die Leistungen sind schwankend, je nachdem wie viele gute Spieler gerade auf Heimaturlaub sind.
Doch je länger der Krieg dauert, desto schwieriger ist es für die Vereine, Mannschaften zu stellen. So kommt es im Frühjahr 1918 zur Kriegsvereinigung von BFC mit dem Spielverein Bergedorf zu Spiel- und Sport Bergedorf (SuS). Zum Angebot gehören Fußball, Tennis, Hockey, Schlag- und Faustball, Leichtathletik und Wanderungen. Nach dem Krieg bleibt die Zweckgemeinschaft bestehen.
Auch die Bergedorfer Turnerschaft von 1880 sollte zum neuen Fusionsklub dazugehören. Doch die Turner lehnten ab, weil sie ihren Namen nicht ändern wollten. Daran scheitern heute noch Fusionen.
Ehrenamtliche fehlen schon vor 100 Jahren
Zudem fehlten bereits vor 100 Jahren Ehrenamtliche. Der Spielbetrieb könne in Zukunft nur aufrechterhalten werden, „wenn den wenigen Herren, die die Leitung der Vereinsgeschäfte in der Hand haben, ihre Arbeit erleichtert wird. Es ist nicht damit getan, dass ein Mitglied den Monatsbetrag entrichtet, sondern sich freiwillig zu kleineren Arbeiten meldet“.
Für die Bergedorfer bildet der Sportverein aber vor allem eine Ablenkung vom Alltag. Die Not wird immer größer, Sportbekleidungen und -geräte sind rar. „Ferner geht unser Vorrat an Bällen auf die Neige“, ersucht der SuS-Vorstand 1918 seine Mitglieder „auf Kaufmöglichkeiten zu achten“.
In keiner der Vereins-Zeitungen aus den Kriegsjahren, die im Archiv der TSG Bergedorf vollständig erhalten sind und von dem 91-jährigen Werner „Erbse“ Schröder und mehreren Mitstreitern für die Nachwelt erhalten werden, fehlen Appelle, Kriegsspenden zu leisten.
Ihre Sporthalle hatte die Bergedorfer Turnerschaft bereits 1914 der Stadt zur Verfügung gestellt. Es gibt zudem ausführliche Berichte zu gefallenen, verwundeten oder vermissten Vereinsmitgliedern.
Der vielleicht größte Schatz im TSG-Archiv ist das Ehrenbuch der Bergedorfer Turnerschaft – ein dicker, großer Wälzer mit Leder-Einband und metallenem Vereinsemblem. Dort sind die Kriegserlebnisse der Mitglieder dokumentiert. Wie die von Heinrich Rüter (Jahrgang 1877), der im April 1916 ins Feld zog, am See Genezareth kämpfte, das Eiserne Kreuz der 2. Klasse erhielt und am 6. Dezember 1918 als Soldat entlassen wurde.
Erste Weltkrieg als Wendemarke für den Sport
Für den Sport im Allgemeinen bildete der Erste Weltkrieg eine Wendemarke. Der ehemalige Generalsekretär der CDU Peter Tauber, der sich in seiner Doktorarbeit mit diesem Thema beschäftigte, bezeichnet ihn als Beginn der modernen Sport- und Freizeitbewegung. Die Mitgliederzahl des Deutschen Fußball-Bundes wuchs in den 1920er-Jahren im Vergleich zur Vorkriegszeit um das Zehnfache. Vereine schossen aus dem Boden – auch im Heimatgebiet. 1919 wurden etwa der Düneberger SV und der SV Curslack-Neuengamme gegründet.