Kirchwerder. Springreiten Vierländerin Elisa Marlene von Hacht gewinnt Nachwuchs-Turnier beim Hamburger Derby

    Die Geschichte dieser großen Leidenschaft beginnt mit einer Geheim-Mission. Im Dezember 2006 stapfen Manuela von Hacht, ihre beste Freundin Andrea Stahlbuhk und deren Tochter Lynn bei nasskaltem Winterwetter über eine endlose Pferdekoppel in den Niederlanden. Sie sind auf der Suche nach einem „Welsh Mountain“-Pony für von Hachts fünfjährige Tochter Elisa Marlene. „Welsh Mountains“ gehören zu den beliebtesten Reitponys Europas. „Die haben viel Power, sind aber nichts für Kinder, die Angst haben“, schwärmt Andrea Stahlbuhk. Doch die Suche zieht sich. „Die hatten endlos viele Pferde dort, und wir waren schon ganz durchgefroren“, erinnert sich Stahlbuhk, „dann entdeckte Lynn eine Stute, die ihrem ersten Pony ,Bonfire‘ sehr ähnlich sah. Damit war es entschieden.“

    Am Heiligen Abend findet Elisa Marlene ein Foto des neuen Familienmitglieds mit dem Zungenbrecher-Namen „Windhoeks Joysveen“ – kurz „Joy“ – unter dem Tannenbaum. „Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Ich habe mich ganz doll gefreut“, erinnert sie sich an diesen magischen Moment in ihrem Leben. Fortan sind Mädchen und Pony unzertrennlich.

    Heute ist aus Elisa Marlene von Hacht aus Kirchwerder eine sportliche junge Frau geworden, die mit ihren 16 Jahren und 1,78 Metern Körpergröße längst jedem Pony entwachsen ist. Trotz ihrer Jugend ist sie eine erfahrene Reiterin, die nicht einen Moment zuckt, als der sechsjährige Hannoveraner „Pertino“, genannt „Paul“, ungeduldig am Zügel zerrt. „,Paul‘ hat gerade seine verrückten zwei Minuten“, lächelt sie entschuldigend, während der Reporter nervös auf Distanz geht. Doch die Sorge ist unbegründet. Mühelos bändigt Elisa Marlene den aufgeregten Wallach. Augenblicke später zeigen beide im Springparcours des Sportpferdehofs Heitmann ihr Können. Mit mächtigen Galoppsprüngen stürmt „Paul“ vorwärts, überwindet spielend die Hindernisse. „Er ist ein Pferd, das für einen kämpft und versucht, immer alles richtig zu machen“, lobt sie.

    Eine beeindruckende Performance zeigten beide am vergangenen Wochenende. Im Rahmen des traditionsreichen Spring- und Dressurderbys, das an fünf Tagen 90 000 Zuschauer nach Hamburg-Klein Flottbek lockt, gewannen sie die Einlaufprüfung des Eggersmann Junior Cups. Außerdem belegte Elisa Marlene auf der Amateur Tour mit „Pauls“ neunjährigem Vollbruder „Perth“ drei vierte und einen fünften Platz. „Eigentlich ist das sportlich noch wertvoller, weil es sich um S-Springen handelte, während die Einlaufprüfung nur ein M-Stilspringen war“, schätzt sie, „aber zu gewinnen ist immer etwas Besonderes.“

    Während die Zulassung zu anderen Springturnieren sonst oft allein am Startgeld hängt, muss man sich beim Eggersmann Junior Cup qualifizieren. Das Ticket nach Klein Flottbek lösten Elisa Marlene und „Paul“ 2017 auf Fehmarn. „Es war traumhaft, auf der Anlage des Derbys zu reiten“, schwärmt die 16-Jährige, die zum zweiten Mal in Hamburg dabei sein konnte, „alles ist so groß, und es herrscht eine tolle Atmosphäre. Leider ist im Finale vom Eggersmann Junior Cup dann eine Stange gefallen.“ So war es bereits 2017 gewesen, als sie auf „Lancoon“ Siebte wurde. Doch das konnte die Freude nicht trüben. „Mit so einem jungen Pferd wie ,Paul‘ in solch einer Atmosphäre so eine Leistung zu bringen, ist einfach unglaublich“, lobt Stahlbuhk.

    Der Aufwand, den Familie von Hacht für das Hobby der Tochter treibt, ist enorm. Der 16-Jährigen stehen mittlerweile vier Pferde zur Verfügung. So kann sie regelmäßig bei Turnieren starten und den Tieren trotzdem die notwendigen Ruhepausen gönnen. Der verspielte Holsteiner „Clown“ ist mit zehn Jahren der Älteste und geht ebenso S-Springen wie der sensible „Lancoon“ und der temperamentvolle „Perth“, die beide neun Jahre alt sind. Der sechsjährige „Paul“, vielleicht der Begabteste, hat das noch vor sich. „Es macht mir Spaß, mit ihm und an ihm zu wachsen“, betont Elisa Marlene. „Clown“ und „Perth“ wurden auf dem Sportpferdehof Heitmann ausgebildet. Die Brüder „Paul“ und „Perth“ sind sogar im Landgebiet geboren bei der Züchterin Andrea Ficht.

    Elisa Marlene reitet alle Pferde ohne Reitbeteiligung für andere selbst. Das verlangt von der Elftklässlerin der Stadtteilschule Kirchwerder viel Disziplin und täglich stundenlangen Einsatz im Stall. Doch der Aufwand beginnt sich auszuzahlen. „Mein großes Ziel ist der Hamburger Landeskader, um bei deutschen Meisterschaften reiten zu können“, sagt die ehrgeizige Teenagerin. Der Weg dorthin ist steinig: Nur zwei Mädchen in ihrem Alter sind bereits im Kader aufgenommen worden. „Wenn Elisa weiter solche Ergebnisse bringt, werden sie auf Dauer aber nicht an ihr vorbeikommen“, ist Stahlbuhk überzeugt. Was einst mit einem Foto unter dem Tannenbaum begann, hätte dann seine Erfüllung gefunden.