Bergedorf. Schuften In der Kampfsport-Akademie von Ibo Günes bereiten sich sechs Berufsboxer auf ihre Kämpfe vor

Es gleicht einer Sisyphos-Arbeit. Immer wieder wickelt Ibo Günes Mullbinden um die Fäuste seines Schützlings Hüseyin Cinkara, die zwischendurch mit Klebestreifen fixiert werden. So entsteht eine Bandage, die die Hände des Boxers schützen soll. „Ich habe das von Fritz Sdunek gelernt“, sagt Günes, Trainer und Besitzer der Budo-Kampfsport-Akademie in Bergedorf, nicht ohne Stolz. Die im Dezember 2014 verstorbene Trainer-Legende hat noch wenige Monate vor seinem Tod in der Akademie gearbeitet. Sdunek war es auch, der den Kontakt zu Alexander Dimi­trenko herstellte. Der frühere Schwergewichts-Europameister war Günes’ erster Profi, mit dem er in Bergedorf arbeitete. Aktuell sind es sechs, die er zusammen mit Bülent Basar trainiert. Einer von ihnen ist Hüseyin Cinkara, der alle seine zehn Kämpfe gewann.

Mit einem großen Holzschläger haut der 33-Jährige immer wieder auf einen ausrangierten LKW-Reifen ein. Der Crusiergewichtler hat einen Grund, wütend zu sein. Eigentlich sollte der aus der Ringer-Hochburg Schifferstadt stammende Profiboxer diesen Monat um die WBO-Europameisterschaft kämpfen. Aber sein Gegner hat abgesagt. „Er hat gekniffen“, sagt Cinkara verschmitzt.

Holzschläger und Reifen gehören zu einem Zirkeltraining, das Günes für seine Schützlinge aufgebaut hat. Sie alle träumen davon, Weltmeister zu werden. Um ihr Ziel zu erreichen, trainieren sie bis zu vier Stunden täglich an der Kurt-A.-Körber-Chaussee. Neben Cinkara sind das Agron Smakici, der sich aktuell in den USA auf einen Kampf in Kanada vorbereitet, die Brüder Danilo und Nikola Milacic, Ali Eren Demirezen und Karo Murat, der derzeit in Berlin trainiert und am 24. März in Hamburg um die IBO-Weltmeisterschaft im Halbschwergewicht boxt. Auch Demirezen kämpft an diesem Tag in der „edel-optics.de Arena“ am Kurt-Emmerich-Platz in Wilhelmsburg. Für den Schwergewichtler geht es um den WBO-Europameistertitel im Superschwergewicht.

Zurück in die Kampfsport-Akademie, zu der seit Mitte Januar auch ein Fitnessstudio mit neuen Geräten gehört. „Danilo, was ist denn das?“, fragt Günes. Sein Schützling geht mit dem Holzschläger nicht mit dem gewünschten Eifer zur Sache. Der 46-jährige Trainer, der früher als Schneider in Bergedorf gearbeitet hat und vom Karate kommt, legt nun Musik auf. Peitschenschlägen gleich knallen die Rhythmen über die Musikboxen. Der 20-jährige Danilo Milacic nimmt sofort den Takt auf. Geht doch! „Als Trainer muss man kreativ sein“, wirft Günes ein. Nach der siebten Runde des Zirkeltrainings, bei dem Kraft, Schnelligkeit und Körperbeherrschung gleichermaßen gefördert werden, hängen alle in den Seilen.

Weiter geht es mit Schattenboxen. Auch einen Boxring gibt es, in dem gesparrt wird – dann aber im Vergleich zu einem echten Kampf mit Kopfschutz. Die sechs Boxer, die in Bergedorf trainieren, werden von Erol Ceylan, dem Chef der EC Boxpromotion, gema­nagt. Der Hamburger Unternehmer wurde 2017 vom Bund Deutscher Berufsboxer zum „Promoter des Jahres“ gekürt.

Zum Abschluss des Trainingsvormittags sagt Hüseyin Cinkara: „Wir wollen so schnell wie möglich hochkommen. Erst Europameister werden, dann Weltmeister. Das gilt für uns alle.“ Doch nicht jeder Traum wird in Erfüllung gehen.