Glinde. Die Tanzsportabteilung des TSV Glinde ist die größte im Hamburger Raum und eine der größten in Deutschland.

Glinde. So ganz kann Walter Otto dann eben doch nicht aus seiner Haut. „Die sind ja völlig aus dem Takt“, entrüstet sich der Tanzsport-Abteilungsleiter des TSV Glinde über ein Paar, als er das Training der Turniertänzer beobachtet. Otto ist eben auch schon seit Jahren Wertungsrichter.

Wer steht, der geht

Die Kursleiterin Christine Garau-Heitmann korrigiert derweil geduldig Details, an denen ihre Tänzer arbeiten sollen: auf die Kopfhaltung achten, an die Ausweichbewegungen denken, wenn ein anderes Paar in die Quere kommt, und vor allem: die vorhandene Zeit voll ausnutzen. „Endrundentraining“ ist das Stichwort des Abends. Ein komplettes Turnier simuliert bei einem Training. Tanz folgt auf Tanz, da rinnt bei allen 14 Aktiven schnell der Schweiß. Immer wieder nehmen sich einzelne Paare kleine Kunstpausen am Rand des Parketts. Doch „wer steht, der geht“, heißt ein geflügeltes Wort unter Tänzern. Nur wer die Kondition hat, ein Turnier voll durchzutanzen, kann auch ganz vorn landen. Paare wie Grazyna und Michael Wiezbicki zum Beispiel, die nun mit raumgreifenden Schritten den frisch entstandenen Platz auf dem Parkett erobern. Im vergangenen Jahr erreichten sie unter 77 Paaren das Finale der deutschen Meisterschaften in der Senioren-III-S-Klasse und landeten schließlich auf dem siebten Platz.

Tanzabend mit Folgen

Doch ganz gleich, wie erfolgreich jemand ist. Wenn Garau-Heitmann die Musik unterbricht, lächelnd die Nachfragen ihrer erschöpften Tänzer beantwortet („Ja, das Lied war wirklich nur 1:30 Minuten lang) und ihre Korrekturen anbringt, dann hören alle wie gebannt zu. Denn sie wissen: Diese Frau hat es drauf. Mit ihrem früheren Mann Thomas Heitmann bildete die Glinderin eines der besten Standard-Tanzpaare der Welt. 1994 wurden die Heitmanns deutscher Meister in Hamburg und Sechster bei der Weltmeisterschaft in Kopenhagen. Und das alles nur, weil sie einst ihre Eltern bei „Hamburg tanzt“ in der Alsterdorfer Sporthalle miteinander bekannt machen wollten. Das junge Paar sah auf der Tanzfläche so gut miteinander aus, dass ihre Eltern sie anschließend so lange bearbeiteten, bis sie sich entschlossen, Turniertänzer zu werden. Doch natürlich ging die Jagd nach Bestleistungen nicht gänzlich ohne Konflikte ab. „Auf mancher Rückfahrt war es ganz schön still im Auto, aber zu Hause war dann immer alles ausgeräumt“, erinnert sich Garau-Heitmann schmunzelnd.

Diplomaten sind gefragt

Sie als Trainerin für den TSV Glinde gewonnen zu haben, rechnet sich Otto als großen Coup an. Die Erfolgsgeschichte seiner Abteilung sucht ihresgleichen. Mit knapp 500 Mitgliedern ist der TSV der größte Tanzsportverein im Hamburger Tanzsportverband und gehört zu den 25 größten in Deutschland. Möglich wird das alles durch die Arbeit der Trainer, die manchmal auch Diplomaten sein müssen, wenn Paare sich beim Training in die Wolle kriegen. „Ich versuche dann immer, denjenigen, der kritisiert wird, aufzubauen und dem, der kritisiert, schnell eine neue Aufgabe zu geben, auf die er sich konzentrieren kann“, verrät Garau-Heitmann ihre Tricks. Doch unter den zahllosen Hobbytänzern in den Anfänger-Kursen, von denen jeder Tanzverein lebt, kommt so etwas ohnehin eher selten vor. Oder wie Otto es ausdrückt: „Der Krieg beginnt erst im Leistungsbereich.“