Ein Selbstversuch: “25 Minutes“ in Bergedorf bietet Training durch elektrische Muskelstimulation an
Es kribbelt in den Beinen, die Bauchmuskeln ziehen sich zusammen und meine linke Gesäßhälfte beginnt, sich ganz ohne mein Zutun zu bewegen. Elektrische Impulse sorgen dafür, dass sich die Muskeln in meinem Körper immer wieder kontrahieren, ob ich will oder nicht. Ich bin zu Gast in Bergedorfs erstem EMS-Fitnessstudio.
EMS steht für elektrische Muskelstimulation und verspricht ein Fitnessprogramm im Schnelldurchlauf. In nur 20 Minuten werden 600 der insgesamt über 650 Muskeln des Körpers trainiert. "Die elektrischen Impulse gehen in die Tiefen- und quergestreifte Muskulatur. Wir erreichen dadurch die 18-fache Intensität eines herkömmlichen Work-outs", erklärt Thilo Horne. Der 51-Jährige ist Geschäftsführer und Inhaber bei "25 Minutes" in Bergedorf.
Bevor es losgeht, werde ich eingekleidet. Auf ein schwarzes T-Shirt und eine Radlerhose - beide aus besonderem leitfähigem Material - kommt die alles entscheidende Weste, mit der die Spannungsimpulse mittels Elektroden an die Muskeln übermittelt werden. Oberschenkel, Arme und Hintern bekommen ihre eigenen Manschetten. Alles ist nass. "Damit es besser leitet", erklärt Horne.
EMS ist kein neuer Trend. Die Idee, Muskeln mittels Impulsen im niederfrequenten Bereich zu stimulieren, wird schon seit Jahren in der Physiotherapie angewandt. Dementsprechend gut ist auch die Studienlage. Die Wissenschaft ist davon überzeugt, dass mithilfe von EMS schnell Muskeln aufgebaut werden können. Besonders bei Rückenschmerzen könne EMS helfen. Horne ist das beste Beispiel. Nach einem Bandscheibenvorfall suchte der Diplom-Pädagoge nach Möglichkeiten, seinen Rücken zu stärken. Er fand "25 Minutes" und damit gleichzeitig seinen Traumberuf. Innerhalb von sechs Monaten wurde er zum Franchise-Nehmer. "Das Tolle ist: Es funktioniert. Meinem Rücken geht es jetzt viel besser."
Das Work-out beginnt mit einer Eingewöhnung. Für jede der acht Muskelgruppen stellt Horne in Abstimmung mit mir die Intensität der elektrischen Stöße ein. Von 0 bis 99 reicht die Skala. "Den Höchstwert erreichen viele", sagt er. Bei den meisten Muskelgruppen startete ich bei einem Wert um 30. Die ersten Impulse sind befremdlich, aber nicht schmerzhaft. Schnell gewöhnen sich meine Muskeln an die Belastung, die Impulswerte steigen. Und als das eigentliche Work-out startet, bin ich so konzentriert, dass ich gar keine Zeit habe, über die Impulse nachzudenken. Im Vier-Sekunden-Rhythmus werden die Elektroden aktiviert, dann heißt es: anspannen.
Wer auf den Geschmack gekommen ist: Eine Basis-Mitgliedschaft kostet zwischen 70 und 80 Euro pro Monat und beinhaltet eine Trainingseinheit pro Woche. Das erweiterte Angebot mit zwei Terminen startet bei 100 Euro. "Es liegt im Premiumbereich, man hat aber auch immer einen Personaltrainer dabei", erklärt Horne. Abschrecken lassen sich die Kunden von den Preisen nicht. Im Oktober vergangenen Jahres ging "25 Minutes" in Bergedorf an den Start. Als fünftes von sieben Studios in Hamburg. 68 Mitglieder gibt es in Bergedorf schon. Zurzeit noch mehr Frauen als Männer. "Das Konzept richtet sich an Leute, die nur wenig Zeit oder keine Lust auf lange Work-outs haben", sagt Horne. Dabei profitieren die Betreiber der Studios vor allem von einem gesellschaftlichen Trend: Effektivität. Heutzutage muss alles schnell gehen. Kritiker bemängeln, dass beim EMS-Training Koordination und Bewegung zu kurz kommen. Deshalb kann, wer will, in Bergedorf auch in voller Montur auf einen Crosstrainer.
Nach 20 Minuten ist alles vorbei. Ich schwitze, meine Muskeln sind erschöpft. "Fürs erste Mal waren das gute Werte", lobt Horne. Das merke ich noch Tage später. Der Muskelkater ist amtlich. Aber so weiß ich wenigstens: Das Training hat sich gelohnt.