Hamburg. Frank Lüngen und sein Frau Sibylle aus Kirchwerder haben ein Buch über die Erfahrungen mit der Diagnose Krebs geschrieben.
Die Rückenschmerzen waren kaum noch auszuhalten. Nur noch nach Einnahme starker Schmerzmittel konnte Frank Lüngen Anfang 2020 überhaupt noch daran denken, seinem Job in einer Kanzlei an der Alster nachzugehen. Sitzen, liegen, stehen – alles tat weh. Selbst das geliebte Autofahren fiel dem 54-Jährigen aus Kirchwerder schwer.
Etwa vier Monate sollten da noch vergehen, bis ihm Ende April die erschütternde Nachricht überbracht wurde: „Plötzlich war es Krebs“. So lautet der Titel seiner Biografie. Darin schildert Frank Lüngen seine Erfahrungen mit der Krankheit. Und möchte damit vor allem eins: „Es soll Menschen, die etwa ähnliches erleben, Mut machen“, sagt der 54-Jährige.
Teil des Erlöses aus dem Buchverkauf soll an Deutsche Krebsstiftung gehen
Aufgeschrieben hat die Geschichte Ehefrau Sibylle. Schließlich könnte sich niemand sonst so sehr in seine Emotionen hineinfühlen wie seine „Bille“, betont Frank Lüngen. Das Buch „Plötzlich war es Krebs“ erscheint im Nibe Media Verlag und ist voraussichtlich ab 1. Juli lieferbar. Im Onlineshop des Verlags und bei Amazon kann es bereits vorbestellt werden.
Ein Teil des Erlöses soll an die Deutsche Kinderkrebsstiftung gespendet werden, hat das Ehepaar Lüngen entschieden. Frank Lüngen würde sich freuen, wenn er dadurch einen Teil dazu beitragen könnte, die Forschung voranzutreiben. „Denn sie war es auch, die mich gerettet hat“, sagt der 54-Jährige.
Erste Diagnose: Die Schmerzen kommen von der Hüfte
Schon Ende 2019 war es dem gebürtigen Rheinländer immer schlechter gegangen. Da waren die Ärzte noch davon ausgegangen, seine Hüfte wäre der Grund dafür. Doch als die Schmerzen im Rücken im Laufe der Monate nur noch schlimmer wurden und den 54-Jährigen zusätzlich Bauchweh und ständige Übelkeit überkam, sollte eine Magenspiegelung Aufklärung bringen.
Doch zu dem Zeitpunkt hatte schon die Corona-Pandemie die Welt erfasst. Und so war es in keinem Krankenhaus oder Praxis möglich, einen Termin für eine Magenspiegelung zu bekommen. Erst „nach Corona“ könnte er einen Termin bekommen. „Ja seid denn ihr alle verrückt?“, habe sich Frank Lüngen damals gedacht.
Mit akutem Nierenversagen ins Krankenhaus eingeliefert
Jeden Tag ging es ihm schlechter, manchmal musste er sich mehr als zehn Mal am Tag übergeben. So konnte es nicht weitergehen: Ein befreundeter Allgemeinmediziner aus Flensburg riet zur Einweisung ins Krankenhaus. An einem Montagmorgen im April war es soweit: Sibylle Lüngen brachte ihren Mann in die Notaufnahme im Bergedorfer Bethesda Krankenhaus.
Wenig später fand er sich auf der Intensivstation wieder: Akutes Nierenversagen. „Ach du heiliger Bimbam“, dachte sich Frank Lüngen und schrieb erstmal eine Whatsapp an seine Frau: „Ich glaub, das dauert hier ein wenig länger.“
Weitere Tests: Der Tumor im Rücken war so groß wie ein Handball
Die Nieren wurden behandelt und die Werte deutlich besser. Es folgten weitere Untersuchungen inklusive Magen- und Darmspiegelung, Computertomographie (CT), Knochenmark und Gewebeproben wurden entnommen. Schließlich kam der 27. April 2020 – dieses Datum wird Frank Lüngen nie vergessen.
Als die Ärztin durch die Tür trat und ihm sagte, er müsse jetzt stark sein. Er habe Krebs. Der Tumor in seinem Rücken habe einen Durchmesser von 20 Zentimetern – so groß wie ein Handball.
Die Nacht nach der Diagnose war die schlimmste Nacht seines Lebens
Das Gedankenkarussell raste: Kann ich jemals wieder in meinem geliebten Job arbeiten? Fallen mir jetzt die Haare aus? Muss ich sterben? Frank Lüngen musste reden.
Seine Frau durfte ihn aufgrund von Corona nicht im Krankenhaus besuchen und am Telefon konnte er ihr die Diagnose ja wohl kaum berichten. Also holte sie ihn im Auto hinter dem Krankenhaus ab. Sie fuhren ein Stück und er begann zu erzählen – und habe dabei fürchterlich geweint. Bevor er am nächsten Tag nach Hause durfte, verbrachte er noch eine Nacht im Krankenhaus und fühlte sich mit all den Gedanken im Kopf furchtbar allein. „Diese Nacht war die schlimmste Nacht meines Lebens.“
Die Ärzte müssen zu einer ganz intensiven Chemotherapie greifen
Doch schon am nächsten Tag, als er wieder zu Hause in Kirchwerder war, da war klar: Es muss weitergehen. Als nach weiteren Untersuchungen feststand, dass es sich bei dem Tumor um eine seltene Art von Lymphdrüsenkrebs handelt, entschieden die Ärzte, ihn mit einer ganz intensiven Chemotherapie zu bekämpfen.
Während der Therapiezeit habe er viel im Internet zu seiner Krankheit gegoogelt, er schloss sich Facebook-Gruppen an, bei denen er viel Unterstützung erfuhr und Tipps bekam. Also wollte auch er den Menschen gern etwas zurückgeben und fing an, einen Podcast aufzunehmen.
Ein Verlag zeigt Interesse, das Buch entsteht aus dem Podcast
„Ich habe mir alles von der Seele geredet“, sagt Frank Lüngen. Das sei für ihn ganz wichtig gewesen und er hofft, dass auch andere Menschen daraus Kraft schöpfen können. Bei Nibe Media stieß dieser Podcast auf so viel Zuspruch, dass er nun niedergeschrieben in dem Buch veröffentlicht wird.
Mitte April 2021 – fast ein Jahr, acht Chemotherapiezyklen und 25 Bestrahlungssitzungen nach der Diagnose – galt Frank Lüngen als „austherapiert“. Von dem einst 20 Zentimeter großen Tumor waren nur noch 4,8 Zentimeter geblieben, bei dem es sich allerdings um vernarbtes Gewebe handele, während die Tumorzellen vernichtet sind. Regelmäßige Check-ups werden ihn die kommenden Jahre noch begleiten. Aber vor allem auch die Hoffnung, dass er wieder ganz gesund wird.
Mit dem Wohnmobil durch Italien – dieser Traum soll nun wahr werden
Da der Tumor einen Teil seiner Lendenwirbelsäule angegriffen hat, muss er nun erstmal wieder auf die Beine kommen, wieder fit werden für den Sohn, die zwei Enkelsöhne und den Job. Und um den großen Traum wahr zu machen, der ihn durch die Krankheit trug: Wieder mit dem Wohnmobil und seiner Bille auf Reisen gehen. Ziel und Zeitpunkt stehen schon fest: „Im Januar soll es nach Italien gehen“, sagt Sibylle Lüngen.