Hamburg. Neubaupläne liegen auf Eis. Nachbarn berichten von vielen Menschen, die dort übernachten und zur Arbeit abgeholt werden.
Das Schild mit der Aufschrift „Hotel“ ist längst abgehängt, Touristen kommen wohl nicht mehr in die Wentorfer Straße 3 in Bergedorf. Aber was passiert jetzt eigentlich mit dem ehemaligen „Lauenburger Hof“? Die Immobilie gehört einer Bergedorferin. Wie berichtet, hatte sie große Pläne mit dem Areal und kündigte 2018 einen mehrgeschossigen Neubau an. Insgesamt sechs Nachbarn stemmten sich zunächst dagegen. Schließlich schrumpfte das Bezirksamt die Gebäudehöhe im Zuge des Genehmigungsverfahrens von sechs auf nur noch vier Geschosse plus Staffelgeschoss. Damit wurde das komplette Projekt von 49 auf nur noch 32 Wohneinheiten zusammengestaucht. Wenig später ließ der Verwalter indes wissen, es werde gar keinen Neubau mehr geben. Was nun?
„Der aktuelle Stand ist, dass ein laufendes Widerspruchsverfahren anhängig ist“, bestätigt Rechtsanwalt Gero Tuttlewsi aus der Bergedorfer Kanzlei Klemm & Partner. Er vertritt Peter Hartung, der gleich nebenan Orthopädieschuhtechnik betreibt und durch einen Neubau eine Verschattung und eine Wertminderung seines Hauses befürchtet. „Im März hatte ich Besuch von dem Verwalter“, berichtet Hartung, der seine Immobilie tatsächlich verkaufen würde. „Aber ohne ein gewisses Entgegenkommen ziehe ich meinen Widerspruch nicht zurück.“
Männer aus Rumänien und Georgien
Beobachtungen rund um das Objekt lassen Hartung und andere Nachbarn indes eines vermuten: dass in dem Haus zumindest zeitweise immer noch Übernachtungsgäste ein- und ausgehen, ebenso in dem kleinen gelben Haus, in dem ehemals der Kiosk „Alk-Express“ zu finden war. Auf Anfrage unserer Redaktion möchte die Objektverwaltung anonym bleiben und sich nicht äußern.
Ein Besuch vor Ort. Es ist früher Abend. Vor der Eingangstür des „Lauenburger Hofs“ steht gerade ein Georgier. Er bittet um eine Zigarette. Ein anderer Mann, der auf dem Gehweg steht, stammt aus Rumänien. Er beklagt, dass die Doppelzimmer „desaströs“ seien, man die Fenster nicht öffnen könne, er außerdem schon die Polizei gerufen habe, weil ihm Kleidung und ein Parfum gestohlen worden seien. Dann zeigt er einen Ausweis, der ihm erlaubt, auf dem Gelände des Kraftwerkes Moorburg zu arbeiten. Für eine Firma, die Hebebühnen verleiht. „Ich kenne hier die Hausbesitzer nicht“, sagt er, „es kommt immer einer, der sich Chef nennt und monatlich 300 Euro Miete haben will.“
Um 19.15 Uhr ist es längst dunkel. Ein weinroter Transporter mit Bremer Kennzeichen hält vor der Tür, sieben Männer stehen drumherum. Wohin sie wollen? „Steuer Deutsch“, sagt einer. Tatsächlich spricht der Fahrer hinter dem Lenkrad ein wenig Deutsch, aber „ich weiß nichts, ich hole nur drei Arbeiter ab“.
Für Subunternehmer auf Baustellen geschickt?
Nachbar Peter Hartung fragt sich, ob das alles legal sei. Er ist immerhin froh, dass der Sommer vorbei ist: „Bis September lebten im Hinterhaus, rückwärts zur Chrysanderstraße, bestimmt 50 bis 60 Leute. Ich schätze mal, dass die für irgendwelche Subunternehmer auf Baustellen geschickt wurden. Jedenfalls teilten die sich die Matratzen offenbar im Zwei-Schichten-Betrieb, denn eine Gruppe wurde morgens um 5 Uhr unter lautem Gehupe in drei Mercedes-Transporter mit dunkel getönten Scheiben verfrachtet, während die anderen hier laut Volleyball spielten.“
Auch dem rückwärtigen Nachbarn Wido Schüttfort und der Redaktion der Bergedorfer Zeitung waren die Menschen fremder Herkunft aufgefallen, ebenso der Freiwilligen Feuerwehr, da die jungen Männer gern das öffentliche WLAN vor der Wache nutzten. Nicht zuletzt wurden sie von dem Juristen Iftikar Malik beobachtet. Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete hatte an der Chrysanderstraße, gleich am Durchgang Reeperstieg, damals noch sein „Bürgerbüro“: „Das sah da nebenan irgendwie unseriös aus. Jedenfalls waren da viele junge Männer, wohl aus Usbekistan“, vermutet er.
Was aber sagt das kaum 300 Meter entfernte Bergedorfer Bezirksamt dazu? Ist schon mal geprüft worden, ob in dem ehemaligen Hotel überhaupt Menschen leben dürfen? Ist das offiziell noch ein Beherbergungsbetrieb oder ein Wohnraum, der nach dem Wohnraumschutzgesetz gewisse Qualitätsstandards vorweisen muss? Das zumindest wäre ein juristischer Ansatz für Zoll und Gewerbeaufsicht.
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Dazu erklärt Rathaussprecher Lennart Hellmessen: „Die beschriebene Situation im Lauenburger Hof und die Umstände der Betroffenen waren dem Bezirksamt bisher nicht bekannt und werden jetzt überprüft.“