Hamburg. Bergedorfs Koalition will Historiker in der City ansiedeln. Somit soll es viel Platz für Ausstellungen und das Archiv geben.
Wenn Bergedorfs City künftig auch ohne große Kaufhäuser das Herz der Stadt bleiben soll, brauchen Sachsentor & Co. eine gehörige Portion Heimatgefühl. Wie sonst soll es gelingen, dass Neu- und Alt-Bergedorfer sich mit ihrem Bezirk identifizieren?
Den perfekten Baustein für diese Perspektive hat Bergedorfs Koalition aus SPD, Grünen und FDP jetzt entdeckt: Das Kultur- & Geschichtskontor, Bergedorfs seit 30 Jahren etwas abseits vom Zentrum am Reetwerder residierende Geschichtswerkstatt, soll in die City ziehen. Ein entsprechender Antrag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung der Bezirksversammlung, die ab 18 Uhr als öffentliche Online-Sitzung auf YouTube verfolgt werden kann (Stichwort „Bezirksversammlung Bergedorf“).
Kultur- und Geschichtskontor soll in die Bergedorfer City ziehen
Die Koalition will das Bezirksamt beauftragen „größere und zugleich bezahlbare Räumlichkeiten“ zu suchen, die Platz für das umfangreiche Archiv, das Büro und vor allem attraktive Ausstellungen bieten. Hintergrund: Das Kultur- & Geschichtskontor ist spezialisiert auf erlebte Geschichte der Bergedorfer. Seine umfangreiche Sammlung aus Dokumenten, Bildern, Filmen und Objekten blickt nur Jahre und Jahrzehnte zurück – nicht Jahrhunderte wie ein Museum.
Seine Ausstellungen, Bücher und Forschungsprojekte erzählen von einer Zeit, die viele Bergedorfer aus Kindheits- oder Jugendtagen kennen. Darunter ist der Alltag nach den Kriegsjahren, die Veränderungen der City, als die Durchbruchstraßen in den 1950er-Jahren kamen. Oder auch die Geschichte der Jugendbewegungen von Bergedorfs APO 1968/70 bis zu den Hausbesetzern in den 1980er-Jahren.
Das Archiv des Kultur- und Geschichtskontors platzt bereits aus allen Nähten
Der Vorstoß der Politik wird vom Kultur- & Geschichtskontor ausdrücklich begrüßt: „Wir platzen hier am Reetwerder aus allen Fugen. Die ehemalige Wohnung samt altem Laden misst nur 121 Quadratmeter. Das ist schon lange viel zu klein für unser permanent wachsendes Archiv“, sagt Leiterin Caroline Bergen. „Seit einigen Jahren schon haben wir nicht mal mehr Platz für Ausstellungen.“ Auch drei Jahrzehnte nach der Gründung sei das Kontor mit seinen zahlreichen Angeboten zur Erforschung der Lokalgeschichte vielen Bergedorfern noch unbekannt – selbst den Geschichtslehrern einiger Schulen.
Der Wechsel an einen sichtbareren Ort, gern an der Fußgängerzone mit viel Laufkundschaft vor der Tür, sei schon Jahren der Wunsch des Kontors. „Nur gab es nie eine passende Immobilie“, sagt Caroline Bergen, die jetzt hofft, ein fester Teil von Bergedorfs Cityplanung der Zukunft zu werden. „Wir würden sehr gern unseren Teil dazu beitragen, indem wir zeigen, was Bergedorf eigentlich ausmacht, was unbedingt erhalten werden muss – und auch was vielleicht weg kann.“