Hamburg. Trotz Kritik aus der Wirtschaft entscheidet sich die Politik für den Umbau der Chrysander- und Schlossstraße. Was das bedeutet.

Es wird sich viel ändern für Autofahrer, die gern nah an der Fußgängerzone Sachsentor parken, auf der Seite des Villengebietes. Trotz scharfer Kritik aus der Wirtschaft hat sich der Verkehrsausschuss der Bezirksversammlung am Montag mit großer Mehrheit hinter den fahrradfreundlichen Umbau der Chrysanderstraße gestellt. Und auch die Bergedorfer Schlossstraße soll nach dem Ende der Pilotphase nach fast einhelliger Meinung der Politiker nun dauerhaft bleiben wie sie ist: eine Einbahnstraße mit der Freigabe des gegenläufigen Radverkehrs.

Chrysanderstraße in Bergedorf wird fahrradfreundlich umgebaut

Voraussichtlich im Herbst werden in beiden Bereichen Bauarbeiten beginnen, was die aktuell 16 Parkplätze an der Chrysanderstraße halbiert – und im Bereich Bergedorfer Schlossstraße die seit Pilotprojekt-Start im Mai 2020 bestehende Stellplatzreduzierung zum Dauerzustand macht. Die scharfe Kritik von Bergedorfs Wirtschaftsverband WSB und der Handwerkskammer, die in einem Brandbrief vor allem mit Blick auf den Umbau der Chrysanderstraße von „existenzbedrohenden Folgen für den Einzelhandel“ warnen, wischte Verkehrsausschuss-Chef Norbert Fleige (Grüne) vom Tisch: „Die paar Kunden, die auf den acht wegfallenden Parkplätzen bald nicht mehr stehen, würden Bergedorfs Wirtschaft auch nicht retten. Es ist für die Unternehmer besser, die Aufenthaltsqualität der Sachsentor-Region zu verbessern, anstatt alles zuparken zu lassen.“ Und Autofahrer könnten ja im Sachsentor-Parkhaus an der Schlossstraße parken.

Ähnlich sehen es auch die Fraktionen von SPD und FDP – und teils sogar die CDU. Für die Christdemokraten mahnte Verkehrsexperte Jörg Froh allerdings die Überarbeitung der vorliegenden Pläne an, um zumindest die Anlieferzonen für die Geschäfte und zusätzlich auch Aufstellflächen für Handwerker und Lieferdienste für die Anwohner vorzuhalten. Lediglich AfD-Fraktionschef Reinhard Krohn schlug sich vorbehaltlos auf die Seite der Autofahrer: „Durch Corona werden im Einzelhandel ohnehin noch viele Pleiten kommen. Jetzt ist der schlechteste Zeitpunkt, auch noch Parkplätze wegfallen zu lassen.“

Bergedorfer Schlossstraße soll auch umgebaut werden

Blick in die Chrysanderstraße: Der gesamte Parkstreifen links soll geopfert werden, um gegenläufigen Radverkehr zu ermöglichen.
Blick in die Chrysanderstraße: Der gesamte Parkstreifen links soll geopfert werden, um gegenläufigen Radverkehr zu ermöglichen. © Ulf-Peter Busse | Ulf-Peter Busse

Bergedorfs Tiefbauchef Lars Rosinski kündigte an, den Planungsprozess für die Chrysanderstraße in der besprochenen Form nun weiter voranzutreiben -- und auch in der Bergedorfer Schlossstraße einige Maßnahmen anzuschieben. Hier geht es kurzfristig schon um die Freigabe der alten Karstadt-Anlieferzone zumindest fürs Ein- und Ausladen privater Pkw sowie das Parken an den Wochenenden. Mittelfristig sollen auch die Kreuzungen der Schlossstraße mit der Chrysanderstraße und dem Vinhagenweg angefasst werden. Hier schweben Rosinski bauliche Maßnahmen vor, die allerdings noch mit der Verkehrspolizei abgestimmt werden müssen.

Im Ausschuss stellte der Tiefbauchef die Idee vor, an der Einmündung des Vinhagenwegs den Bürgersteig um einige Meter weiter auf die Straße zu ziehen, um die Querung für die vor allem an Wochenmarkttagen zahlreichen Fußgänger zu erleichtern. Zudem könnte von der Chrysanderstraße aus eine „Radfahrerschleuse“ in die Bergedorfer Schlossstraße führen: Eine kleine Verkehrsinsel auf der Fahrbahn verdeutlicht dabei im Kreuzungsbereich, dass es ab hier auf der Bergedorfer Schlossstraße gegenläufigen Radverkehr gibt.