Bergedorf. Viele Clubs der 1. Regionalliga haben Exportspieler in ihren Reihen. Das können sich die Bergedorfer nicht leisten.

Offiziell ist die 1. Basketball-Regionalliga Nord keine Profiliga. Dennoch geht es in der vierthöchsten Spielklasse Deutschlands auch um Arbeitsplätze. Viele der 14 Clubs haben sogenannte „Exportspieler“ unter Vertrag, um ihre Karten im Auf- oder Abstiegskampf zu verbessern. Diese ausländischen Berufsbasketballer kämpfen immer auch um ihre Zukunft, wenn sie mit ihren Teams auf der Platte stehen. Und das zuweilen mit unlauteren Mitteln, wie die Korbjäger der TSG Bergedorf Stargazers im Kellerduell mit dem MTV Wolfenbüttel schmerzhaft feststellen mussten.

Denn Emilio Arellano, mexikanischer Flügelspieler der Niedersachsen, ging von Beginn an derart hart zur Sache, dass Bergedorfs Spieler-Trainer Björn Fock („Er hat mir in den ersten fünf Minuten viermal in den Bauch geschlagen“) sein Team in einer Auszeit aufforderte: „Lasst euch von der Nummer acht nicht provozieren. Keiner schlägt zu!“

Kopf an Kopf standen sich beide Mitte des zweiten Viertels gegenüber

Nun sind Worte das eine, Erfahrung ist das andere. Denn über solche verfügt der „krasse Außenseiter der Liga“ (Fock) ebenso wenig wie über einen Profispieler. Stattdessen setzt der Coach auf Talente und zieht regelmäßig Akteure aus dem eigenen Oberliga-Team hoch. Einer davon heißt Samuel Ogunjimi und ließ sich mit der Erfahrung von nur wenigen Viertliga-Minuten dann eben doch von Heißsporn Arellano provozieren. Kopf an Kopf standen sich beide Mitte des zweiten Viertels gegenüber. Wolfenbüttels Mexikaner schaute dabei derart böse drein, dass einem als Zuschauer angst und bange werden konnte.

Ogunjimi drehte schließlich ab. Allerdings nicht eingeschüchtert. Er war in der Folge wie seine Mannschaftskameraden wieder sehr fokussiert, sodass die Stargazers am Ende einen 78:66-Erfolg gegen den früheren Zweitligisten feiern konnten, der ihre Chancen auf den Klassenerhalt enorm erhöhte. Denn weil die TSG bereits die Hinrundenpartie beim MTV gewann, überholten sie die punktgleichen Niedersachsen nicht nur in der Tabelle, sondern haben auch den direkten Vergleich auf ihrer Seite. Soll heißen: Sie bleiben bei Punktgleichheit auf jeden Fall vor Wolfenbüttel.

Mehrere Spieler fallen aus – also muss der Coach auf dem Feld ran

„Wir brauchen jetzt wohl noch einen Sieg. Vielleicht reicht es aber auch so schon“, sagte Fock. Er und seine Mannschaft sind in den kommenden Wochen wahrscheinlich auf die Hilfe der Konkurrenz angewiesen, um die drei unter ihnen stehenden Teams aus Bramsche, Cuxhaven und Wolfenbüttel am Ende hinter sich zu lassen. Denn selbst stehen die Bergedorfer im Saisonfinale vor sehr schweren Aufgaben. In den verbleibenden fünf Partien trifft die TSG neben dem Nachholspiel in Westerstede noch auf die ersten vier Mannschaften der Tabelle: Stade, Rasta Vechta, Neustadt und Aschersleben.

Den Auftakt macht am Freitag, 4. März, das Nordderby beim VfL Stade (20.30 Uhr, Glückstädter Straße 4). „Das wird hart“, befürchtet Fock, der mit seinem Team im Hinrunden-Duell (51:79) chancenlos war. Seinerzeit stand der Trainer noch nicht selbst auf der Platte. Doch nachdem der talentierte Aufbauspieler Jonah Wehrmeister vor einigen Wochen aufgehört hat, Corona zwischenzeitlich diverse Akteure außer Gefecht setzte und nun auch noch Stefan Röhrl und Alonzo Bakija verletzungsbedingt ausfallen, geht der Coach regelmäßig selbst wieder mit auf Korbjagd.

Aufbauspieler des VfL Stade kommt aus Reinbek

Mit einem größeren Budget hätte die TSG mit einer Nachverpflichtung auf die Personalnot reagieren können, so wie es just Wolfenbüttel tat, als 2,04-Meter-Mann Joshua Djanogly aus Israel geholt wurde. Doch solche kostspieligen Transfers sind für die Stargazers nicht möglich. Statt eingekaufter Klasse und Erfahrung bringt die TSG Talent und Leidenschaft aufs Parkett.

Sie hat zwar in ihren Topscorern Matej Jelovcic und Aleksandar Postic zwei Spieler in ihren Reihen, die bereits höherklassig aktiv waren. Aber wenn einer der Punktegaranten vom Gegner ausgeschaltet wird, kann Fock personell kaum reagieren. Und exakt das passierte im Heimspiel gegen Stade. Das Duo kam gegen die Niedersachsen zusammen auf gerade einmal 14 Punkte. Insbesondere unter dem Korb war die TSG dem VfL hoffnungslos unterlegen. Großen Anteil daran hatte Marvin Boadu, der sich 16 (!) Rebounds schnappte.

Der aus Reinbek stammende Aufbauspieler verfügt über viele Jahre Zweitliga-Erfahrung und würde auch dem jungen Bergedorfer Team fraglos gut zu Gesicht stehen. Finanzierbar ist er jedoch wie andere Profis für die TSG nicht, sodass Fock die Rolle seiner Equipe in Liga vier realistisch einschätzt: „Jeder Sieg für uns ist eine Sensation.“

TSG-Punkte gegen Wolfenbüttel: Matej Jelovcic (24), Aleksandar Postic (23), Prince Hukporti (15), Malte Steffens (6), Lars Fock (4), Davis Charmlash, Mathis Gierga (je 3).