Hamburg. Den Ursachen von Alzheimer auf der Spur: Professor Norbert Heisig, ehemaliger Direktor des St. Adolf-Stifts, ehrt Wissenschaftler.

Allein in Deutschland leben rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz, die meisten von ihnen sind von der Alzheimer-Krankheit betroffen. Die hirnorganische Krankheit, benannt nach dem deutschen Neurologen Alois Alzheimer (1864 bis 1915), führt zu einem Abbau der Nervenzellen im Gehirn. „Durchschnittlich treten Tag für Tag etwa 900 Neuerkrankungen auf“, sagt die Deutsche Alzheimer Gesellschaft – und setzt alle Hoffnungen in die Wissenschaft. Mit den Forschungen von Professor Jan Potempa könnten Heilungschancen kurz vor dem Durchbruch stehen: Er entdeckte biochemische Mechanismen, die einen Zusammenhang zwischen einer bakteriellen Parodontitis und Autoimmunreaktionen stehen.

„Bereits diesen Herbst wird sich zeigen, ob das Medikament, das sich in klinischen Studien befindet, wirksam ist. Dies wird den Weg ebnen, um die Alzheimer-Krankheit zu stoppen“, frohlockt die Universität Wroclaw (Breslau). Dort wurde jetzt der mit 50.000 Euro dotierte „polnische Nobelpreis“ vergeben – gestiftet von einem Bergedorfer Arzt.

Alzheimer: Möglicherweise gibt es bald ein Medikament gegen diese Krankheit

Professor Norbert Heisig ist der langjährige Chefarzt und Ärztliche Direktor des Reinbeker Krankenhauses St. Adolf-Stift wo er von 1972 bis 2000 arbeitete. „Ich wollte aber auch etwas in meinem Ruhestand machen und gründete 2001 die Deutsch-Polnische Gesellschaft der Universität Wroclaw“, sagt der gebürtige Breslauer. Die Gesellschaft mit ihren inzwischen knapp über 500 Mitgliedern leiste einen Beitrag zur Völkerverständigung im vereinten Europa.

Norbert Heisig knüpfte Kontakte zu potenziellen Sponsoren und initiierte verschiedene Forschungsprojekte sowie die Restaurierung der Altbauten in der Universität, die 1702 als Jesuitenuniversität mit einer theologischen und einer philosophischen Fakultät durch Kaiser Leopold I. gegründet worden war. „Wir haben etwa die Fresken im barocken Prunkraum saniert und insgesamt über eine Million Euro in kulturelle Aktionen investiert“, sagt Heisig, dem die deutsch-polnische Freundschaft sehr am Herzen liegt.

“Ich wollte etwas machen, dass die Leute sich an mich erinnern“

„Ein erstes Medikament wäre ein großer Schritt im Kampf gegen Alzheimer“, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. Norbert Heisig, Ehrensenator der Universität Wroclaw.
„Ein erstes Medikament wäre ein großer Schritt im Kampf gegen Alzheimer“, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. Norbert Heisig, Ehrensenator der Universität Wroclaw. © BGZ | Privat

„Ich wollte etwas machen, dass die Leute sich an mich erinnern“, erklärt der heute 87-Jährige den Grund dafür, dass er zudem 2010 die Norbert und Barbara Heisig-Stiftung ins Leben rief – mit Sitz in Bergedorf. Ziel ist die Förderung der Wissenschaft und Forschung an der Universität Breslau.

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Und hier nun knüpft der „polnische Nobelpreis“ an, dessen Bezeichnung Heise selbst als „etwas hochgestochen“ empfindet. Doch immerhin 50.000 Euro ist dem kinderlosen Witwer die Anerkennung einer hausragenden Leistung eines polnischen Wissenschaftlers wert. „Dafür hat er seinen Bungalow verkauft und noch zwei Jahre Bleiberecht, bis er in ein Seniorenheim umziehen kann“, verrät seine neue Lebenspartnerin Karin Kuhr, die zur Premiere der Preisverleihung eingeladen war und damit im Oratorium Marianum der Universität die Eröffnung des Akademischen Jahres 2021/22 erlebte.

Alle 20 Universitäten in Polen wurden angeschrieben

Im Vorfeld wurden alle 20 Universitäten in Polen angeschrieben, die zwölf Bewerber ins Rennen schickten. Zuletzt musste aus drei Finalisten ausgewählt werden, sagt Norbert Heisig, der den Vorsitz des Preiskomitees innehatte. Das entschied sich letztlich für Jan Potempa. Der Gewinner leitet die Abteilung für Mikrobiologie an der Jagiellonen-Universität in Krakau, lehrt zudem seit Jahren an der University of Louisville (Kentucky), von wo er nun mit seiner Familie anreiste.

„Ich freue mich, dass meine Arbeit dazu beigetragen hat, auch nur eine Krankheit – die Parodontose – zu verstehen und vielleicht zu einer besseren Behandlung der Alzheimer-Krankheit führen wird. Mitte November wird das US-Unternehmen Cortexyme die Ergebnisse klinischer Studien bekannt geben. Wenn es sich so herausstellt, wird es wahrscheinlich das erste Medikament gegen Alzheimer sein. Und selbst wenn nicht, wird ein Paradigmenwechsel bei der Betrachtung dieser Krankheit sowieso zu neuen Entdeckungen und Durchbrüchen führen“, sagte der Preisträger.

Seine Arbeit sei von bahnbrechender Bedeutung für die Medizin, betont auch der Bergedorfer Arzt: „Wenn eine chronische Zahnfleischentzündung einen Keim mit sich bringt, der im Gehirn Alzheimer auslöst. . . und dagegen jetzt ein Medikament erfunden wird, dann ist das der erste Schritt im Kampf gegen die Alzheimer-Krankheit“, freut sich Dr. Norbert Heisig.