Bergedorf. Der scheidende Bezirksamtsleiter Arne Dornquast blickt zum Abschied aus Bergedorf zurück – humorvoll und ernst.

Irgendwann am morgigen Freitagnachmittag ist Schlüsselübergabe. „Wahrscheinlich beim Hausmeister“, sagt Arne Dornquast, der nach zehn Jahren das Bergedorfer Rathaus als Verwaltungschef verlässt, ein, wie er betont, „enorm motiviertes Team von über 600 Mitarbeitern“ zurücklässt und zur Hamburger Sozialbehörde als Leiter des Amtes für Arbeit und Integration wechselt. Am 9. August ist für ihn in der Hamburger Meile erster Arbeitstag. Bevor der 56-Jährige zwei Wochen mit seiner Frau nach Ostholstein in den Urlaub abdüst und danach noch ein paar Tage in Düsseldorf beim Sohn (31) verbringt, blickt Dornquast auf Schlaglichter sowie nette und nervige Begegnungen seiner Amtszeit zurück.


Bezirksamtsleiter ist ein Traumjob, weil. . . er mir genau das ermöglicht hat, was ich zum Motto meiner Kandidatur 2011 gemacht hatte: „Heimat gemeinsam gestalten“.

Unerwartetes Lob bekam ich, als. . . am Ende des sehr aufwendigen Prozesses um die Gestaltung des Stuhlrohrquartiers Vertreter der Bürgerinitiative mir ausdrücklich dafür gedankt haben, das anfängliche Versprechen einer offenen und zugewandten Gesprächskultur eingehalten zu haben. Dies habe ihr Vertrauen in das Wirken von staatlichen Stellen erheblich vergrößert.

Den lustigsten, fast schon kuriosesten Moment erlebte ich, als. . . ich im Jahr 2012 mit rausgeflogener Bandscheibe im Bethesda-Krankenhaus lag. Mein Zimmernachbar, ein Vierländer Blumenhändler im Ruhestand, bekam zweimal täglich Besuch von seiner Frau. Allerdings kam morgens eine andere Frau zu Besuch als nachmittags. . .

Die schlafloseste Nacht in meiner Funktion als Bezirksamtsleiter hatte ich. . . wegen des Jahrhundertregens an Himmelfahrt 2018. Die halbe Nacht habe ich zusammen mit der Feuerwehr die betroffenen Quartiere besucht und den Rest der Nacht dann im Katastrophenschutzkeller des Bezirksamtes mit meinem Stab die Aufräumarbeiten und die Hilfe für die Betroffenen in die Wege geleitet. Am schlimmsten war es Auf der Bojewiese, da standen wir auf den Grundstücken knietief im Waser. Ich habe mich damals nur gefragt: Was hätte ich gemacht, wenn bei mir in Wentorf der Keller vollgelaufen wäre? Zusammen mit der Stadtreinigung und vielen anderen Engagierten ist das Krisenmanagement dann ja auch ganz gut gelungen.

Hartnäckigster und vielleicht unangenehmsten Gesprächspartner war in all den Jahren. . . Dagmar Strehlow (SPD), die über fünf Jahre in jeder Sitzung des Kulturausschusses charmant, aber hartnäckig nachfragte, wann denn der Zugang von der Schorrhöhe zur Sternwarte gemacht wird. Hätte mich, überspitzt gesagt, fast in den Wahnsinn getrieben. Frau Strehlow hatte ja recht, wir haben das Problem erst nach Jahren in den Griff bekommen.

Diese Kritik hat mich sehr getroffen: „Der Ton und die Stilmittel des Protestes gegen Oberbillwerder mittels persönlicher Angriffe gegen mich waren teilweise ziemlich geschmacklos. Wie zum Beispiel die Buttons „Dornquast führt Oberbillwerder zur Schlachtbank“ auf den Plakaten zu Infoveranstaltungen.

Das meiner Meinung nach wichtigste, von mir initiierte oder vorangetriebene Projekt ist. . . ohne Zweifel das Körber-Haus. Ich bin überzeugt, dass hier etwas richtungweisendes entsteht mit einem großartigen Angebot für Menschen jeglicher Couleur in Bergedorf, aber auch darüber hinaus. Ich würde mir wünschen, dass dieses Beispiel Schule macht und sich auch andere Städte daran orientieren. Das Gleiche hatte sich Kurt A. Körber übrigens auch für das Haus im Park erhofft – vielleicht ist ja jetzt die Zeit reif dafür.

Die beste Anekdote aus meinem Ratszimmer, die ich bisher nicht erzählt habe: Am Tag des offenen Denkmals 2013 musste ich mehreren Besuchern der Führungen durch mein Amtszimmer erklären, dass die Bücher in den Regalen nicht zum Mitnehmen sind – es wären wohl am Ende keine mehr übrig gewesen…

Auf diesen Moment hätte ich in meiner zehnjährigen Amtszeit gern verzichtet: Der gewaltsame Tod von Yagmur war 2014 für mich ein Ereignis, das mich noch heute erschüttert und fassungslos auf das blicken lässt, was Eltern ihren Kindern antun können. Die Familie stammt ursprünglich aus Bergedorf, insofern war unser Bezirksamt verfahrensbeteiligt.

Am meisten beeindruckt als Menschen haben mich. . . Fritz Manke, der sich beharrlich für die Menschen in Bergedorf-West eingesetzt hat. Und Ute Schönrock aus Lohbrügge mit ihrer tollen Arbeit für die Gemeinschaft, vor allem für Ältere.

Wenn ich demnächst am Bergedorfer Rathaus vorbei fahren werde, … dürfte ich am meisten vermissen, dass ich nach knapp zehn Minuten mein Fahrtziel schon erreicht habe.

Das wünsche ich meiner Nachfolgerin: Cornelia Schmidt-Hoffmann möge von den Menschen in Bergedorf herzlich empfangen werden und feststellen, dass viele schöne Momente die unvermeidlich negativen Erlebnisse weit überwiegen.

Und den Bergedorfern wünsche ich. . . mit dem Motto des Bergedorfer Entwicklungskonzeptes: Eigen bleiben. Offen sein. Weitergehen.