Bergedorf. Im Jahr 2015 kam Yamen Ahmad Alikaj als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland. Jetzt ist er der erste JGS-Judoka bei Olympia.

Als bei der Judo-Weltmeisterschaft in Budapest die Teilnehmer an den Olympischen Spielen in Tokio verkündet wurden, war auch Yamen Ahmad Alikaj dabei. Der 30-jährige Sportler von der Judo-Gemeinschaft Sachsenwald in der TSG Bergedorf war 2015 aus seiner syrischen Heimatstadt Aleppo nach Deutschland geflohen. Bei Olympia tritt er nun für das Flüchtlingsteam des Internationalen Olympischen Komitees an. „Das ist einfach ein Traum“, freut er sich. „Ich hatte meinen Kampf in Budapest ja verloren. Aber weil es ein so langes Duell war, bin ich trotzdem aufgestellt worden.“ Sein Trainer Florian Hahn, Sportdirektor des Hamburger Judo-Verbandes, erlebte den großen Moment per Livestream. Wohl noch nie hat er den ohnehin in sich ruhenden Alikaj so still erlebt. „Er war vollkommen überwältigt “, schmunzelt Hahn. „Wir hatten gehofft, dass er nominiert wird. Aber als es passierte, war er absolut sprachlos.“

Über den Balkan in ein neues Leben

Der Judosport bestimmt Alikajs Leben, seitdem er sechs Jahre alt ist. Früh schaffte er es in Syriens Nationalauswahl, konnte dann aber wegen des Krieges jahrelang nicht trainieren. Plötzlich war der Traum von Olympia weit weg. Am 12. August 2015 machte sich Alikaj auf den Weg in ein neues Leben. Über die Balkanroute kam er nach Deutschland, ein befreundeter Algerier nahm ihn dann mit zum Training der JGS. Dort erkannte Florian Hahn sein Potenzial. Seitdem basteln beide am großen Traum Olympia. Jetzt wird er Wirklichkeit. „Yamen hat so viel erleiden müssen“, weiß Hahn. „Dass er die Chance bekommt, die Olympischen Spiele zu erleben, und dann auch noch im Mutterland des Judosports, das gönnen wir ihm alle.“

Noch nie hat er gegen die Weltelite gewonnen

Am 14. Juli hebt der Flieger nach Japan ab, am 23. Juli um 13 Uhr unserer Zeit werden die Spiele in Tokio eröffnet. Dann wird Alikaj unter den Augen der Weltöffentlichkeit das Olympiastadion betreten. Nach der Mannschaft Griechenlands, die traditionsgemäß den Einmarsch der Nationen anführt, ist das Flüchtlingsteam an der Reihe. Das ist mit 29 Aktiven fast dreimal so groß wie 2016 in Rio de Janeiro. Die Sportler kommen aus Ländern wie Afghanistan, Syrien, Kongo, Iran, Irak oder dem Sudan und haben ihre Heimat hinter sich gelassen, um Krieg und Elend zu entfliehen. Nun starten sie unter der olympischen Flagge.

Am 26. Juli wird es in Tokio für Alikaj ernst

Seit zwei Jahren misst sich Alikaj bereits auf Weltmeisterschaften und Weltcups mit der Elite. Noch nie hat er einen Kampf gewonnen. „Wenn ihm das in Tokio gelingt, das wäre ein absoluter Traum und eine sportliche Sensation“, schwärmt Hahn. Zweimal pro Tag schindet sich Alikaj für Olympia im Training. Am 26. Juli wird es für den Elektroingenieur ernst. Dann ist seine Klasse, das Leichtgewicht bis 73 Kilogramm, an der Reihe.

Doch ein Sieg gegen die Besten der Welt, das wird schwer. Denn die können sich in den Leistungszentren viel professioneller vorbereiten als Alikaj. Dennoch ist Hahn überzeugt, dass es gelingen kann. „Anfangs ist Yamen ja immer ein bisschen ehrfürchtig auf die Matte getreten“, erinnert er sich. „Jetzt agiert er mutiger. Seine einzige Möglichkeit ist es, alles auf eine Karte zu setzen.“ Bei den Spielen 2016 in Rio schaffte es mit Popole Misenga aus der Republik Kongo ein Kämpfer des Flüchtlingsteams sogar bis ins Achtelfinale. „Kampfsport gibt dir immer alle Möglichkeiten, wenn du kämpfst wie ein Löwe“, schließt Hahn philosophisch.

Olympia-Aus für Miriam Butkereit

Auf Olympia verzichten muss hingegen die Glinderin Miriam Butkereit. Erwartungsgemäß wurde in der Gewichtsklasse bis 70 Kilogramm ihre Konkurrentin Giovanna Scoccimarro nominiert.