Hamburg. Seit seiner Studentenzeit sammelt Karl-Friedrich Marks historische Bierflaschen – am liebsten aus Bergedorf. Das ist seine Sammlung.

Es war dieses unglaubliche Knirschen, das seine große Leidenschaft entfachte – damals, als der Makler Karl-Friedrich Marks noch Jura-Student war und sich in den Semesterferien als Lasterfahrer verdingte. Er stand vor einem Abbruchhaus auf St. Pauli und schaute dem Bagger zu, als es so fürchterlich knirschte: Die Schaufel krachte gegen einen alten Brunnen, der voller Flaschen war. „Da hatten die Kneipenwirte immer ihr Leergut entsorgt“, weiß der Mann, der seither Tausende von Flaschen gesammelt hat – vorzugsweise aus der Bergedorfer Brauerei.

Makler Karl-Friedrich Marks hat ein ganz besonderes Hobby

Besonders schön sei natürlich der Staub auf den Flaschen, schwärmt der Sammler mit nostalgischem Blick.
Besonders schön sei natürlich der Staub auf den Flaschen, schwärmt der Sammler mit nostalgischem Blick. © BGZ | strickstrock

„Olles & Dolles“ steht auf einer Tafel: Der Keller in der Wentorfer Villa gleicht einem kleinen Museum. Meterweise Regale sind gefüllt mit klaren, brauen oder auch grünen Flaschen. Immerhin gab es Anfang des 19. Jahrhunderts acht Brauhäuser in Bergedorf. „Die besten Stücke stammen aus dem Jahr 1860“, sagt Marks stolz, der sich über mundgeblasenes Glas freut, über Porzellanbügel aus Dresden und über drei eingeprägte Bäume: „Das war das Signet der Börnsener Waldbrauerei, die 1894 ihren Betrieb aufnahm und das Bier sogar, in Stroh eingepackt, bis nach Südafrika verkaufte“, sagt der 75-Jährige.

Besonders beglücken ihn Flaschen, auf denen zwei Hände ineinander greifen – das einstige Symbol der Bergedorfer Actien­ Bierbrauerei, die in den Jahren 1863/64 am Ende der Chrysanderstraße ein mächtiges Brauhaus errichtete. Daran erinnert noch heute das riesige Gewölbe des Eiskellers, der vom Flusswasser der Bille gekühlt wurde, die heutigen Brauereiteiche.

Bergedorf Bier wird heute auch in Nigeria gebraut

Die Geschichte der Bergedorfer Brauerei, die seit 1874 den Namen Vereins­ Brauerei der Hamburg ­Altonaer Gastwirte trug, kurz Vereinsbrauerei, endete 1914: Die Holsten­ Brauerei kaufte sie wie auch viele weitere Konkurrenten in und um Hamburg auf – und legte sie kurz darauf still. Wobei seit 1985 bis heute ein Bergedorf Bier in Afrika gebraut wird – mit Lizenz in Nigeria. „Und Holsten macht seit 2012 auch wieder Bergedorf Bier“, freut sich Marks. Das dunkelgoldene und leicht malzige Getränk mit seinem Alkoholgehalt von 5,8 Prozent schmeckt etwas stärker als das von Oettinger abgefüllte Bergedorf-Beer.

„Die Klarglasflaschen waren übrigens immer für die Mitarbeiter, die ihren wöchentlichen Haustrunk bekamen“, erzählt Karl-Friedrich Marks, der manche Exemplare tatsächlich im Wald gefunden hat. Andere entdeckte er auf Flohmärkten, im Internet und unter Holunderbüschen auf alten Mülldeponien. „Manche wurden mir auch von Tischlern und Dachdeckern gebracht, die sie in den Hohlräumen von Geschossdecken fanden. Viele aus den Vier- und Marschlanden, wo es ja etliche kleinere Hausbrauereien gab.“

Karl-Friedrich Marks sammelt auch Blechdosen und historische Fahrräder

Ein Teil der Flaschensammlung von Karl-Friedrich Marks.
Ein Teil der Flaschensammlung von Karl-Friedrich Marks. © BGZ | strickstrock

Aber auch Wasser- und Limonadenflaschen zählen zu der großen Sammlung mit wunderschönen Etiketten – etwa mit der Aufschrift Sibbers & Heyden, Apotheken & Mineralwasserfabrik Bergedorf. „Diese Flasche wurde etwa 1910 bei Hein & Dietrichs in den Bergedorfer Glasbläserhöfen hergestellt“, erzählt der Sammler, der gern auch mal Aufkleber mit „Johannisbeere 1956“ sieht – weil eben alles Mögliche ab- und umgefüllt wurde, ab und zu auch Schellackbeize für Möbel. „Außerdem finden sich oft Farbreste“, weiß Marks, dessen Vater eine kleine Lackfabrik am Rödingsmarkt hatte.

Dass seine Sammel-Leidenschaft „völlig irre“ ist, mag Karl-Friedrich Marks gar nicht abstreiten. Kann er auch nicht, schließlich hat er zudem gusseiserne Ofenplatten und Kutschen gesammelt, historische Fahrräder, Tintenflaschen, blecherne Zwieback- und Kaffeedosen.

Und historische Plakate, die eingerahmt die Wände der Villa schmücken: „Mit deren Abbildungen entsteht demnächst sogar ein Buch“, verrät Marks, der sich auch für seine alten Bierflaschen eine schönere Verwendung wünscht – selbst wenn manche jüngst zerdeppert sind, weil das Regal zusammenkrachte: „Die übrig gebliebenen Flaschen könnten zum Beispiel als Dekoration in einer sehr stilvollen Kneipe oder Hotel-Lobby dienen.“