Bergedorf. Videospiel-Profis beziehen Komplex des ehemaligen Commundo Hotels am Bahnhof Nettelnburg. Bald soll ihr „Rcadia“ fertig sein.
Videospiele zum Beruf machen: Für viele klingt das befremdlich. Für die Mitglieder der „Unicorns of Love“ ist es Realität. Ab sofort haben die professionellen Videospieler aus Nettelnburg ein neues Hauptquartier. Die neun Mitglieder und zwei Hunde der international bekannten Gruppe sind als Erstes in das neue Gaming-House „Rcadia“ im ehemaligen Commundo Tagungshotel am Oberen Landweg 27 eingezogen – und haben den „Erlebnistempel“ damit eingeweiht.
Jedenfalls beim „Soft Opening“, denn bis der „Erlebnistempel“ Silvester 2022 komplett fertig ist, soll hier noch einiges geschehen – „Pixel für Pixel“, wie „Rcadia“-Geschäftsführer Tomislav Karajica es branchentypisch benennt. Auf 20.000 Quadratmetern entsteht hier in den nächsten 500 Tagen das größte Gaming-House Europas.
E-Sport: Haus für professionelle Teams und Hobbyzocker
Karajica ist begeistert, das Konzept der Erlebnisstätte endlich präsentieren zu dürfen – auch wenn es noch nicht vollendet ist. „In diesem Hotel sollen professionelle E-Sport-Teams, Hobbyzocker aber auch normale Studenten Platz finden, um kreativ zu sein und einander kennenzulernen.“ Insbesondere für Gamer solle „Rcadia“ ein Ort sein, um Videospiele professionell und intensiv trainieren zu können.
„Wenn alles fertig ist, haben wir 220 Hotelzimmer, in denen die Menschen dauerhaft wohnen können, wie die ,Unicorns of Love’ “, so Karajica. Ebenso würden sie jedoch an Teilnehmer sogenannter „Bootcamps“ (Trainingslager für mehr oder professionelle Videospieler für für einige Tage oder Wochen) oder an Einzelne für kürzere Zeit vermietet. 390 Euro sollen die durchschnittlich neun Quadratmeter kleinen Zimmer monatlich kosten. In den übrigen Räumen sei dann alles auf die Bedürfnisse der Gamer ausgerichtet.
Bereits jetzt sitzen überall im Hotelkomplex junge Frauen und Männer vor großen oder kleinen Bildschirmen. Einige steigen mit dem Flugsimulator virtuell in die Luft, andere liefern sich bei „F1 2021“ rasante Duelle im Rennauto oder begeben sich bei „Tower Tag“ mit Virtual-Reality-Brillen in Fantasiewelten. Aber: Auch körperlicher Ausgleich sei für die Profis wichtig, erklärt Sebastian Lampe, Head of Gaming: „Deshalb gibt es hier auch ein Fitnessstudio und Räume mit Tischtennisplatten und Billardtischen.“ Klar: Mancher Zocker verbringt im Bootcamp vier bis fünf Stunden am Tag vor dem Bildschirm, da schaden zwei Stunden täglicher Sport nicht. Sogar ein Bereich für „digital detox“ ist in „Rcadia“ eingeplant – ein Raum, wo es keinen Empfang für Smartphones gibt.
E-Sport hat sich in 20 Jahren extrem entwickelt
Aber was ist E-Sport überhaupt? Vivien Mallant, Managerin der „Unicorns of Love“ und übrigens Nicht-Spielerin, erklärt: „Der Begriff steht einfach für Wettkampf im Videospiel.“ Genau wie die „Unicorns of Love“ gebe es heutzutage viele junge Menschen, die hauptberuflich als „Spieler“ agierten. „Diese Branche hat sich in den letzten 20 Jahren extrem entwickelt“, so Mallant. Mittlerweile gebe es weltweit eine riesige Community. Einige Online-Wettkämpfe hätten sogar mehr Zuschauer als die Fußball-Weltmeisterschaft. Mit ihrer Gruppe war Mallant 2020 bereits bei der WM für das Fantasy-Computerspiel „League of Legends“. Weltweit gehörten sie damit zu den zwölf besten Teams des Online-Spiels.
„Als E-Sport-Team besuchen wir viele Länder“, so Mallant. „Dabei merken wir oft, dass die Hotels nicht auf die Bedürfnisse professioneller Gamer ausgerichtet sind.“ Denn ab einem gewissen Spielerniveau reiche es nicht mehr aus, nur von zu Hause zu spielen. Umso mehr freue sich das Team nun, mit dem „Rcadia“ ein neues Hauptquartier zu haben, wo sie unter optimalen Bedingungen trainieren könnten. Vivien Mallant betont: „E-Sport ist kein Nischenhobby mehr.“
„Gaming House“ für E-Sport in Bergedorf auch für Aufklärung
Tomislav Karajica und Vivien Mallant wissen aber auch, dass es momentan noch viele Diskussionen über den pädagogischen Wert von Videospielen gibt. „Deshalb ist es wichtig, hervorzuheben, dass das hier auch ein Ort der Aufklärung sein soll“, so Karajica. Sowohl Eltern als auch Kinder sollen hier die Gelegenheit bekommen, sich über Videospiele zu informieren.
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Als Bergedorferin meint Vivien Mallant, dass es für Kinder und Jugendliche hier kaum Möglichkeiten gebe, etwas zu unternehmen. „Die jungen Leute hängen deshalb oft in der Stadt oder zu Hause herum, während die Eltern andere Dinge machen“, weiß sie aus ihrer eigenen Jugend. Wenn die Kinder dann zu Video- oder Computerspielen griffen, wüssten die Eltern meistens kaum Bescheid, worum es dabei geht. „Ich denke, dass unser Gaming-House Eltern und Kinder verbinden kann“, so Mallant. Im „Rcadia“ könnten alle an der Videospielwelt teilhaben.