Lohbrügge. Landgericht beschäftigt sich im Revisionsprozess mit der Festnahme des damals 29-jährigen Täters.
27. Juni 2019 gegen 20 Uhr, ein erster von vielen heißen Tagen dieses Sommers neigt sich langsam dem Ende zu. Die Tür der Bergedorfer Polizeiwache steht offen, damit etwas frische Luft hineindringen kann. Da betritt ein junger Mann flotten Schrittes den Inspektionsraum, holt mit einer schnellen Bewegung eine halbautomatische Schusswaffe aus der Gesäßtasche.
In einem hohen Bogen legt er die Pistole nebst das Magazin auf den Tresen. „Ich stelle mich“ oder „ich will mich stellen“ – genau kann sich heute keiner der beteiligten Beamten an die Worte erinnern.
Täter verfolgt Aussagen regungslos und mit verschränkten Armen
Diese Szene und was sich danach im Polizeikommissariat 43 ereignete, ist am gestrigen Freitag ausgiebig vor der Großen Strafkammer des Hamburger Landgerichts beleuchtet worden. Dort muss noch einmal das als „Lohbrügger Drogenmord“ bekannte Verbrechen verhandelt werden, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) das Landgerichtsurteil gegen Salman A. aus dem Februar 2020 aufgehoben hatte. Staatsanwaltschaft und Nebenkläger waren erfolgreich in Revision gegangen.
Drei Polizisten sind gestern vom Landgericht vernommen worden, um ein Bild vom damals 29-Jährigen zu bekommen. Der verfolgt die Aussagen regungslos und mit verschränkten Armen.
Beamter nimmt euphorisches Lachen wahr
Der Wachhabende steht damals als einziger Polizist im Raum, anfangs mit dem Rücken zur Tür. Er dreht sich um, sieht die Pistole und versucht erst einmal die Bedrohlichkeit der Lage abzuschätzen. Die Fahndung nach dem mutmaßlichen Täter hatte die Polizisten seit Stunden in Atem gehalten.
Als die Waffe auf dem Tresen liegt und Salman A. einen Schritt zurückmacht, die Pistole sich also außerhalb seiner Reichweite befindet, bemerkt der Wachhabende, dass die Anspannung von ihm zu weichen scheint. So etwas wie ein euphorisches Lachen will der Beamte wahrgenommen haben. Der Mörder ist außer Atem und wirkt aufgepusht.
29-Jähriger lässt sich widerstandslos festnehmen
„Hektik“ kommt in einem Nebenraum auf, wie die beiden anderen Beamten erklären. Sie verfolgen die Szene durch eine Glasscheibe, sprinten in den Inspektionsraum, bringen den jungen Mann zu Boden und fesseln ihn. Allen Anweisungen der Polizisten folgt Salman A. ohne Umschweife. Sie bringen ihn in einen hinteren Raum, durchsuchen ihn, reden mit ihm.
Als erstaunlich ruhig und gelassen wird er beschrieben, angesichts der Tatsache, dass er gerade einen Menschen „erschossen“ hat, wie er selbst sagt. „Ich will das mit der Kripo klären“, sagt er und es klingt für einen Beamten, als wäre es damit in Ordnung. Salman A. macht den Eindruck, als fühle er sich in Sicherheit: „Wenn ich es nicht getan hätte, wäre ich dran gewesen.“
Streit um 20.000 Euro wegen eines misslungenen Drogendeals
Die Bundesrichter hatten in der Revision argumentiert, dass mit elf Jahren statt der für Mord üblichen lebenslangen Haftstrafe ein falscher Maßstab angelegt worden ist. Das Landgericht war von einer in Teilen Notwehrsituation ausgegangen, als die tödlichen Schüsse fielen. Angeblich hatte das Opfer dem Täter schon einmal in einer ähnlichen Situation eine Schusswaffe an den Kopf gehalten. Der Täter war zugleich Opfer einer räuberischen Erpressung. Das Opfer und zwei Begleiter wollten von Salman A. bei einem Treffen auf dem Lohbrügger Marktplatz 20.000 Euro aus einem geplatzten Drogendeal eintreiben.
Der Prozess vor dem Landgericht wird am 31. März fortgesetzt.