Neuallermöhe. 2005 hat Marc Ehrich seinen Blog gestartet. Der heute 48-Jährige schaffte es sogar in die BBC – mit einer besonderen Aktion.

Es können wohl nicht viele Hamburger von sich behaupten, schon einmal von der altehrwürdigen britischen BBC interviewt und zitiert worden zu sein. Marc Ehrich hat es geschafft – und das auch dank einer Reichweite, die der Neuallermöher seiner Musikliebe verdankt. Denn der 48-Jährige bloggt seit 2005 über Musik, aber auch über Lifestyle, Politik, Kunst und Design. Zu Hoch-Zeiten klickten monatlich bis zu 100.000 Menschen auf seine Seite www.testspiel.de. oder folgten ihm auf seinem dazugehörigen Facebook-Account. So hatte er 2015 auch viel Aufmerksamkeit für die Aktion, die ihn in die BBC brachte.

„Ich fand die Idee des Bloggens interessant“

Dabei hatte er ganz bescheiden angefangen. „Ich habe 2005 mit dem Bloggen begonnen, weil ich die Idee irgendwie interessant fand“, sagt Marc Ehrich, der hauptberuflich als Produktmanager beim Berufsnetzwerk „Xing“ arbeitet. Blogs spiegeln Meinungen, Ideen, Gedanken des Bloggers wider. Marc Ehrich hatte viele Gedanken loszuwerden: „Ich bin riesiger Musikfan und Hobbyfotograf“, erzählt er.

Also begann er, Kritiken über Musikalben bekannter Künstler zu schreiben, Konzerte anzukündigen oder zu besprechen. „Erst war ich nicht so bekannt, aber irgendwann war ich drin in der Bloggosphäre.“

Irgendwann hatte die Seite richtig viel „Traffic“

Die Musikindustrie nahm Kenntnis von dem Neuallermöher – er bekam Einladungen zu Konzerten, ihm wurden die Musikalben vor dem eigentlichen Erscheinungsdatum zur Verfügung gestellt, damit er sie rezensieren konnte. Die Nutzerzahlen auf testspiel.de stiegen weiter. „Irgendwann war dann richtig Alarm und wir hatten richtig Traffic“, erzählt er. Der Blog nahm nun immer mehr Zeit ein, brachte aber auch Werbegeld, sodass Marc Ehrich in Teilzeit arbeitete und sich – mit der Unterstützung von bis zu zehn Kolleginnen und Kollegen – intensiv um den Blog kümmerte.

Eine Anti-Pegida-Aktion schlug riesige Wellen

Als Musikmagazin gedacht, wurden auf der Seite aber immer auch mal gesellschaftliche Themen angesprochen. 2015, als in Dresden die Pegida-Bewegung gegen die „Islamisierung des Abendlandes“ an Fahrt aufnahm, hatte Marc Ehrich eine Idee. Er fand technisch eine Möglichkeit, wie Facebook-Nutzer herausfinden konnten, welcher ihrer Kontakte Pegida „geliked“, also positiv bewertet, hatte. Und schuf so die Möglichkeit, diese Kontaktpersonen zu „entliken“.

Das Thema schlug riesige Wellen. „Ich habe das ganze Internet durch“, sagt er. Zahlreiche deutsche Zeitungen, aber auch die BBC, griffen das Thema um das umstrittene „Spionage-Tool“ auf.

Heute möchte er nicht mehr um jeden Preis mitmischen

Doch wie so vieles im Internet, ebbte diese Welle irgendwann ab. Für Marc Ehrichs Blog brach ab 2017/18 dann eine neue Zeit an. Musik wird seitdem zunehmend über YouTube, Instagram oder Streamingdienste wie Spotify promotet – und Marc Ehrich hat inzwischen auch nicht mehr den Ehrgeiz, auf jedem Kanal mitzuspielen. „Das Schöne ist, dass nun der Druck raus ist.“ Noch immer hat er monatlich um die 10.000 Besucher, die auf testspiel.de den bunten Mix durch die Musikszene lesen („ich mag alles querbeet, außer Schlager, Klassik und Hitparaden-Pop“). Und auch auf Facebook ist er noch sehr aktiv., hat teilweise sehr viele Likes für seine Beiträge.

Doch um in der riesigen Internet-Community richtig durchzustarten, „müsse man eben immer am Ball bleiben“ und jetzt beispielsweise Videos und Podcasts machen. „Das sind auch alles schöne Formate“, meint der Familienvater. Doch die Zeit fehlt. Jetzt sei der Blog eben „eher ein Ehrenamt“.