Hamburg. Joachim Bruschke geht in den Ruhestand – und schaut zurück auf 30 Jahre, in denen er das Bergedorfer Stadtbild mitgeprägt hat.

Viele Bergedorfer können sich noch an den alten, chaotischen Bahnhof mit dieser kantigen Fußgängerbrücke erinnern. Dass es inzwischen einen modernen S-Bahnhalt samt Busbahnhof gibt, ist in großen Teilen Joachim Bruschke zu verdanken: „Das war ein Lehrstück, an dem vorab zehn Jahre lang geplant wurde. Und es gab unglaublich viele Mitspieler, also die Bahn, die VHH, die Fundus AG und viele andere“, sagt der 65-Jährige – und freut sich noch immer sehr, dass er mit Stadtplanerin Birte Grabow den sogenannten Shared Space etablieren konnte.

„Wir waren ein tolles Team“, sagt Bruschke, der seit 2016 immerhin 120 Mitarbeiter führte, als Leiter im Management des öffentlichen Raums. Was so sperrig klingt, vereint den Tiefbau mit der Wasserwirtschaft und der Grünabteilung. „Bruschke kennt hier im Bezirk wohl jede Gehwegplatte“, sagt Baudezernent Uwe Czaplenski über den frischgebackenen Ruheständler: „Und er er konnte immer super-exakt kalkulieren.“

Er machte sein Abitur nach und studierte Bauingenieurwesen

Da muss der Genannte indes schmunzeln und betont, dass die Kostenkalkulation für den Bergedorfer Bahnhof nicht auf seinem Mist gewachsen ist: „Erst sollten es bloß 17 Millionen sein, am Schluss waren es dann 45 Millionen Euro.“ Was aber auch daran gelegen habe, dass die Statik für das Parkhaus eine Bohrpfeilwand verlangte: „Schließlich fahren darüber Busse, das sind dynamische Lasten.“

Spannende Aufgaben in der Bauverwaltung

Aber gebaut und organisiert habe er schon immer gern – was sich zunächst nicht herauskristallisierte: Nach der Volksschule am Richard-Linde-Weg besuchte er die Handelsschule an der Wentorfer Straße, um die Mittlere Reife zu machen: „Ich wollte eigentlich Polizist werden.“ Es kam anders: Am Holzdamm in den Innenstadt lockte ein großer Telefonanbieter mit einer Lehre zum Industriekaufmann. Doch auch das war ihm nicht genug: „Ich habe dann mein Abitur auf dem Wirtschaftsgymnasium nachgemacht und Bauingenieurwesen studiert.“ Mit dem Diplom in der Tasche ging es dann noch 18 Monate zur technischen Ausbildung in der Hamburger Bauverwaltung – jetzt endlich war der Beamtenstatus erreicht.

Die sanften Rundungen der Bordsteine

„Das war ziemlich anspruchsvoll, ich lernte alle technischen Aufgabengebiete der Stadt kennen“, sagt Bruschke, dessen erstes eigenes Projekt die Umgestaltung des Eidelstedter Busbahnhofs war. „Nicht abrupt, sondern elegant laufen die Bordsteine und halten mit sanften Rundungen das Gefälle“, schwärmt er noch immer: „Das ist hervorragend gelungen, aber ich hatte auch wochenlang Zeit.“

Er baute das Gewerbegebiet Allermöhe

Zehn Jahre blieb er der Hauptabteilung Stadtverkehr treu und liebte Straßenverläufe, deren Höhen, Deckschichten, Leitungen und Kosten. Doch 1991 gab es diese verlockende Stelle in Bergedorf: „Da habe ich als erstes das Gewerbegebiet Allermöhe gebaut. Damals kam der Sand noch per Lkw aus einer Kiesgrube nahe der DDR-Grenze. Das mag man sich heute gar nicht mehr vorstellen.“ Auch Neuallermöhe war in Planung – inklusive eines schönen Mittelreihenhauses. Da lebt er heute mit seiner Ehefrau, einer Wirtschaftsinformatikerin, die in Südafrika aufgewachsen ist.

Zweimal Sackgasse bitte

Wenn Joachim Bruschke mit seiner 1200-er BMW durch Bergedorf braust, kommen ihm viele Projekte in den Sinn: Da ist etwa der Ausbau der Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin, der zu den Sackgassen im Möörkenweg und der Chrysanderstraße führte: „Da hätte man für zig Millionen Euro ein Mörder-Siel verlegen müssen, und die Rampe wäre für den Verkehr viel zu steil“, erklärt der Bau-Ingenieur die gekappten Straßen. Fährt er weiter bis zum Lohbrügger Markt, muss er wieder grinsen: „Da steckten schon 400.000 Euro in der Planung eines externen Büros. Als die Bürger dann sagten, sie wollten hier bloß parken dürfen, musste ich zusehen, wie ich die Rechnung kleinhalten konnte.“

Ist denn irgendwas mal so richtig in die Grütze gegangen? „Eigentlich nicht, bloß die Erschließung Am Schilfpark war ein Fehler. Da hätte man erst den Vertrag unterschreiben lassen sollen, bevor eine Brücke versprochen wird.“ Auch die Planung für Oberbillwerder sieht er skeptisch: „Die Verkehrsanbindung bleibt schwierig.“

Tiefbauchef Lars Rosinski als Nachfolger

Das aber wird nicht zu einem vierten Hörsturz führen. Ab sofort gibt Joachim Bruschke seinen Job an Tiefbauchef Lars Rosinski weiter und geht in den Ruhestand – und „es fühlt sich besser an als befürchtet“. Denn da steht ein schnuckeliger Wohnwagen in der Heide, da will ein Haus renoviert werden, „und manchmal muss ich auch Langeweile aushalten“, meint der 65-Jährige, der 30 Jahre lang umtriebig den Bezirk verändert hat. Ein bisschen stolz wird und darf er immer sein: „Wer kann schon sagen, dass er seine Heimat gestaltet hat? Das war nicht nur ein Job, halt auch viel Herzblut.“

Ach, da wäre aber doch noch etwas: „Seit einem Jahr engagiere ich mich im Aufsichtsrat der Bergedorf-Bille. Das macht wirklich Spaß.“ Er kann es eben doch nicht lassen mit dem Bauen und Organisieren.