Hamburg. Die sechs Kandidaten der größeren Parteien haben wir schon vorgestellt. Doch wer sind die anderen Bewerber im Wahlkreis 23?

55 Zentimeter lang ist der Bergedorfer Stimmzettel für die Bundestagswahl 2021 am Sonntag, 26. September. Neben den insgesamt 22 Parteien, die im Wahlkreis 23 (Bergedorf/Harburg) antreten, stehen auch zwölf Direktkandidaten auf dem hellgrauen Zettel. Sie alle haben ein Ziel: den Bundestagssitz für Bergedorf und Harburg zu erobern.

Die sechs Kandidaten der größeren Parteien haben wir bereits vorgestellt. Doch wer sind die sechs anderen Bewerber, die im Wahlkreis 23 antreten? Wir stellen sie und ihre Parteien hier kurz vor.

Partei „die Basis“ wird der Querdenker-Szene zugeschrieben

Überall am Straßenrand zu sehen ist seit Wochen Wahlwerbung der Partei „die Basis“, die sich für eine direkte Demokratie ausspricht. Erst im Juli 2020 wurde sie gegründet, der Hamburger Landesverband sogar erst im Dezember. Entstanden ist „die Basis“ als Reaktion auf die Corona-Politik.

Sie wird der Querdenker-Szene zugeschrieben: Die ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie seien „kaum nachvollziehbar“, die Anzahl der Intensivbetten künstlich gesenkt worden, um Subventionen einzuheimsen, heißt es auf einem Online-Flyer vom August. Die Partei wirbt mit den Begriffen „Freiheit, Machtbegrenzung, Achtsamkeit und Schwarmintelligenz“ für sich.

Was genau Katja Schäfer für ihren Wahlkreis erreichen möchte, bleibt unklar

Als Direktkandidatin blickt in Bergedorf Katja Schäfer aus Bautzen von den Plakaten. Die 52-Jährige war laut eigenen Angaben das erste Mitglied des Hamburger Parteiteams, dem mittlerweile über 750 Personen angehören. Schäfer schreibt in ihrem Profil auf ihrer Website: Vergangenen Sommer sei sie auf den „großen Demos in Berlin“ gewesen.

Bis vor einigen Monaten habe Politik die gelernte Kosmetikerin, Versicherungskauffrau und Fachwirtin nur frustriert. In der Partei „die Basis“ habe die Mutter eines 21-jährigen Sohnes nun das Gefühl, etwas bewirken zu können. Was genau Katja Schäfer für ihren Wahlkreis erreichen möchte, bleibt unklar.

Stellvertretende Landesvorsitzende der ÖDP, Benjamin Krohn, wohnt in Wentorf

Auch vertreten ist die „ÖDP“ (Ökologisch-Demokratische Partei) – mit deutlich mehr Bergedorfer Personenbezug: Der stellvertretende Landesvorsitzende Benjamin Krohn wohnt derzeit in Wentorf. Für Bergedorf kandidiert dieses Jahr die Hamburgerin Manuela Körlin, die sich im Wahlkreis für mehr Naturschutz und „achtsamen Wohnungsbau im Einklang mit der Natur“ einsetzen möchte.

Auch Änderungen im Bildungssystem und die Förderung von Bio-Produkten stehen auf ihrer Agenda. Klar im Fokus steht dabei der Kampf gegen den Klimawandel. Die 42-Jährige arbeitet als Dozentin und als Coach und verbringt ihre Freizeit gern am Elbdeich.

Jan-Martin Thoden möchte ein weiteres Schwimmbad in Bergedorf durchsetzen

Für mehr internationalen Zusammenhalt wirbt Jan-Martin Thoden von der pro-europäischen Volt-Partei, die sich das Motto „Europäisch denken, lokal handeln“ auf die Fahne geschrieben hat. Und handeln möchte der 46-jährige Elektroniker in Bergedorf an vielen Stellen: Maßnahmen gegen das alltägliche Verkehrschaos entwickeln, Kultureinrichtungen besser unterstützen, ein weiteres Schwimmbad durchsetzen, mehr Freizeiteinrichtungen für junge Leute und eine grundsätzlich gerechtere Gesundheitsversorgung. Bis 2040 möchte seine Partei „Volt“ europaweite Klimaneutralität erreichen und setzt dabei auf Teamwork der europäischen Staaten.

Ebenfalls auf dem Bergedorfer Wahlzettel: die „Freien Wähler“. Direktkandidat ist der Ikea-Angestellte Thomas Lindner. Der 47-Jährige sieht seine vielfältige Praxiserfahrung in verschiedenen Berufsfeldern als seine Stärke – schließlich sei er nach dem Hauptschulabschluss direkt in den Job gegangen und habe schon viel ausprobiert.

Thomas Lindner will den ÖPNV in Bergedorf stärken

Sein Schwerpunkt lautet: „Stadt und Verkehr“ – er möchte den Bergedorfer ÖPNV stärken, bessere Förderung für Sprachanfänger, Lernschwache und Hochbegabte und mehr „grünen Wohnraum“ schaffen. Die „Freien Wähler“, die in Bayern mit der CSU die Landesregierung stellen, stehen laut eigenen Angaben für den Erhalt von Traditionen, für die Sicherung der Bürgerrechte, Freiheit und transparente Politik.

Als „radikal“ bezeichnet sich die MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands), für die Narzisse Nianur antritt. Sie möchte den „Kampf der Arbeiter unterstützen“ – „gerade in Bergedorf und Harburg gibt es viele Arbeiter, die Ausbeutung im Betrieb kennen“, sagt die 57-Jährige.

Narzisse Nianur fordert die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich

Die technische Angestellte fordert zudem „eine 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich zur Schaffung von Millionen Arbeitsplätzen“. Auch die globale Impfstoffverteilung empfindet sie als ungerecht – und wirbt dabei für den Sozialismus: In diesem System stünde der Schutz der Menschen und nicht das Profitinteresse der Monopole im Vordergrund.

Als Gegenpol dazu steht Manfred Dammann auf der Liste der Direktkandidaten. Als Niedersächsischer Landesvorsitzender der rechtsextremen NPD ist er derzeit in der Gemeinde Wohnste nahe Sittensen zu Hause. Trotzdem lässt der gelernte Tischlermeister sich für den Wahlkreis Bergedorf/Harburg aufstellen. Erst am 12. September hatte er als Einzelbewerber für die Bürgermeisterwahl im niedersächsischen Eschede kandidiert, erreichte dort jedoch nur 2,5 Prozent der Stimmen.