Bergedorf. Marko Pfahl ist einer der vielen Menschen, denen wir zum Ende dieses Jahres Danke sagen müssen.

Wenn Marko Pfahl (40) auf das Jahr 2020 zurückblickt, dann wird die Allgemeinheit über ihn, seine 500 Kollegen im Bethesda und über 1,7 Millionen Pfleger in Deutschland genau dies sagen: Danke, dass Ihr in der Pandemie für uns da wart! Der gebürtige Greifswalder startete im 2004 am heutigen Bergedorfer Agaplesion Bethesda Krankenhaus die Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger. Seit 2007 gehört Pfahl ununterbrochen zur Chirurgischen Station der Klinik. Er verrät im Interview, warum er seinen Beruf so liebt und was er dem Bundesgesundheitsminister geraten hätte. 

Hamburger Abendblatt: Herr Pfahl, auch wenn Sie bisher nicht direkt auf der Corona-Station arbeiten mussten: Wie sehr schwebt die Angst vor einer Infektion bei ihrer Arbeit mit?

Marko Pfahl: Natürlich habe ich mir anfangs Gedanken gemacht: Kommen wir mit unserer Station da sauber durch? Steckt man sich an? Das hat mich natürlich vor allen Dingen wegen meiner kleinen Familie beschäftigt: Wer betreut dann unseren siebenjährigen Sohn, wenn ich mich angesteckt habe? Meine Lebensgefährtin und ich sind beide berufstätig. 

Wie dicht sind Sie denn dran an den Corona-Patienten?

Pfahl: Ich habe meine Stationsleitung darum gebeten, nur im äußersten Notfall auf der Isolierstation eingesetzt zu werden, eben aufgrund der Sorge, eventuell meinen kleinen Sohn anzustecken. Darauf wird Rücksicht genommen. Wenn Not am Mann ist, würde ich dort natürlich sofort arbeiten. 

Inwieweit ist Ihre Arbeit durch das Virus und die dazugehörende Schutzprozedur komplizierter geworden?

Pfahl: FFP2-Masken während des gesamten Dienstes tragen zu müssen, ist schon belastend. Man bekommt einfach schwerer Luft. Es fühlt sich so an, als würde man immer gegen einen Widerstand atmen. Hinzu kommt, dass, wenn Abstriche bei unseren Patienten gemacht werden, wir die komplette Schutzkleidung überziehen müssen. Auf allen Stationen im Haus gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen und Hygienevorschriften. Die meisten unserer Patienten sind sehr alt und haben Vorerkrankungen.

Wie motivieren Sie sich jeden Tag aufs Neue?

Pfahl: Das hat bei mir ganz viel mit den Menschen, mit denen ich zu tun habe, und den medizinischen Anforderungen meines Berufs zu tun. Dies beides macht für einen Krankenpfleger den besonderen Reiz aus.

Fühlen sie sich eigentlich im Krisenjahr als ein Corona-Held?

Pfahl: Die Aufmerksamkeit für uns tut schon gut. Bloß die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit der Corona-Soforthilfe für Pflegekräfte war überflüssig, da bisher nicht alle Pflegekräfte in den Kliniken berücksichtigt werden konnten. Da hätte man besser erst einmal gar nichts sagen sollen. Ich sehe mich zudem nicht als alleinigen Helden. Das ist unter Pflegekräften immer eine Sache von Teamwork.

Was macht denn ihrer Meinung nach das Bergedorfer Bethesda-Team der Chirurgischen Station aus?

Pfahl: Es ist ein junges, nettes Team aus etwa 30 Pflegekräften. Wenn es zum Beispiel bei mir einen Engpass bei der Betreuung meines Kleinen gibt und ich dringend einen Dienst tauschen muss, dann sind meine Kollegen immer für mich da. Jeder unterstützt jeden.

Der Pflegeberuf galt zumindest vor Corona aufgrund unattraktiver Arbeitszeiten und wenig Verdienst als wenig populär. Erklären Sie mal bitte, warum der Beruf des Krankenpflegers dennoch attraktiv ist.

Pfahl: Das ist eine Sache des Blickwinkels. Man muss Spaß daran haben, sich um Patienten aller Altersklassen zu kümmern und auch mal einen Spruch einstecken zu können. Auch Patienten sind nicht alle gleich. Was unseren Beruf wirklich nicht so leicht macht, ist das Schichten-System, weil man zum Beispiel auch mal fünf Tage am Stück Spät- oder Nachtdienst schieben muss. Es kam gerade in diesem Jahr öfter vor, dass ich wegen krankheitsbedingter Ausfälle oder durch Personalverschiebungen an freien Tagen angerufen wurde, ob ich nicht einspringen könne.

Gehen Sie da immer ran? Körper und Geist brauchen doch auch mal Auszeiten.

Pfahl: Schon, aber der Betrieb in unserem Krankenhaus muss ja weitergehen. Da ruft man selbstverständlich zurück. Es war ja trotz Corona nicht so, dass man jeden Monat sieben Tage am Stück für jemanden einspringen musste.

Haben Sie vor manchem Dienstbeginn auch mal Angst? Etwa wenn es passieren könnte, dass ein von Ihnen gepflegter Patient sterben könnte?

Pfahl: Natürlich. Tod und Sterben gehören zu unserem Beruf dazu. Und das geht mir auch nahe, vor allem bei jungen Patienten, weil ich ja selbst Vater bin. Diese Belastung ist nur in einem eingespielten Team gut wegzustecken. Und ich bin dankbar, zu Hause eine kleine Familie zu haben – die lenkt mich wunderbar ab.​