Bergedorf/Lohbrügge. Marius Nitzbon spielte während des Lockdowns in der Hasse-Aula sein zweites Album „litte human“ ein. Die Akustik war einzigartig.

Die einzig­artige Akustik dieses denkmalgeschützten Raumes ist zu hören. Doch da ist noch mehr: ein Vogelgezwitscher in den frühen Morgenstunden, peitschender Regen an der Außenwand, ein vorbeifahrendes Auto durch die Hassestraße. Das alles macht Marius Nitzbon gar nichts aus: Der Musiker spielt mitten in der Nacht Klavier und Synthesizer in der Hasse-Aula in Bergedorf. Ein neues Album entsteht.

So viel steht fest: Marius Nitzbon hat den ersten Lockdown während der Corona-Krise bestens genutzt. Äußerst kreativ sozusagen, denn aus den Aula-Sessions ist die zweite LP des 21-Jährigen namens „little human“ entstanden. „In der Hasse-Aula fühlt man sich als Gast richtig klein“, sagt Nitzbon und liefert damit auch eine kleine Erklärung für den gewählten Titel mit. Nitzbon machte an der Rudolf-Steiner-Schule Abitur, trat früher häufiger in der dazugehörenden Aula auf und fragte im April dieses Jahres bei der Schulleitung an, ob er den traditionellen Ort zum Musik machen nutzen könne. Er konnte – und schleppte sein gesamtes Equipment für einen Monat in die Aula.

Zweites Album hatte der junge Musiker nicht geplant

Dabei war ein neues Album eher nicht geplant. Der Entstehungsprozess des Werks basiert auf einer traurigen Begebenheit: „Ich schrieb für einen verstorbenen Freund aus Kanada den Song ,For Chris’, der nicht auf der neuen Platte ist“, erklärt der Musiker. „Und durch Improvisationen sind allein fünf Album-Tracks entstanden.“ Der Spezialist für minimalen Elektrosound resümiert: „Ich konnte etwas machen in der Zeit, wo viele andere es nicht konnten.“

Doch alle sollen an seiner Kreativität partizipieren. Nitzbon baut einen Spannungsbogen bis zur Veröffentlichung von „little human“ im Februar 2021 auf. Am 23. Oktober erscheint der erste Vorbote „Dancing drops“, mit „Neverending story“ und „Swell“ sind weitere Vorab-Auskoppelungen geplant. Alles zunächst nur digital über geläufige Streaming-Dienste – doch sein mit sieben Stücken kompaktes Zweitwerk möchte Marius Nitzbon sowohl als CD als auch auf Vinyl auf den Markt bringen. Auf Youtube wird die neue Musik ebenfalls visuell unterstützt. Kumpel Leo Holldack drehte kurze Clips, während Nitzbon die neuen Stücke in der Hasse-Aula live spielte.

Neues Album ist keine Party-Platte

„Es ist ein ähnlicher Ansatz wie beim ersten Album ,Colours for the blind’, aber es klingt zeitgemäßer“, meint Nitzbon, der bei der Arbeit seinen Rhythmus umstellte, tagsüber schlief („Da war es wegen der B 5 zu laut“), manchmal auch in der Aula, in der Nacht komponierte und spielte, und die spärlichen Geräusche einfach mit aufnahm. Kleiner Tipp: Bei „Dancing drops“ lohnt sich genaues Hinhören.

Wer eine Party-Platte erwartet, liegt aber falsch: Es-Moll dominiert auf „little human“. Eine Gemeinsamkeit zum ersten Album bleibt: Nitzbons Musik ist und bleibt instrumental, denn: „Gesungener Text gibt Gedanken vor“, sagt er. Das wolle er nicht, seine Musik sei „ergreifend, intensiv, gefühlvoll genug“.

Nitzbon zieht für das Studium nach Münster

Mittlerweile feilt der 21-Jährige nicht mehr in der elterlichen Wohnung am Reetwerder auf gerade mal zehn Quadratmetern an seinen Liedern, sondern in der Garage von Uropa Walter Nitzbon, der einst eine Schlosserwerkstatt an der Bodestraße führte. Dort sind nun Synthies, Klaviere, Mixer und Laptop im geräumigeren Studio installiert. Doch der nächste Umzug naht: Ab 1. November zieht es den jungen Mann zum Studium nach Münster – das Fach heißt Keyboard- und Musikproduktion. Mal sehen, ob Marius dort ein ähnlich kreatives Umfeld wie in der Hasse-Aula findet.


Hier gibt es die Musik von Marius Nitzborn zu hören