Hamburg. Europas Marktführer in Sachen Motorrad setzt künftig auf intelligente Software. Was die kann und was das für die Kunden bedeutet.

Es gibt wohl nur wenige Motorradfahrer, die den Namen nicht kennen: Die Firma Detlev Louis mit Zentrale am Rungedamm im Gewerbegebiet Allermöhe ist Europas größter Händler für Motorradbekleidung und -zubehör. Über 80 Filialen gibt es in Deutschland, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz – dazu Onlineshops in sieben Sprachen. Tausende Biker suchen mit ihren Wünschen, Fragen und Problemen täglich den Kontakt zu den Allermöher Motorradspezialisten.

Motorrad: Intelligente Software für Firma Louis in Allermöhe

Um den Kundenservice zu optimieren, hat Detlev Louis nun die novomind AG an Bord geholt: Die Hamburger Software-Spezialisten haben „iAgent“ entwickelt, eine sogenannte Omnichannel-Customer-Service-Plattform, die entscheidend dabei hilft, die durchschnittlich 60.000 eingehenden Kundenanfragen im Monat einfacher und schneller zu bearbeiten.

Ob die Anfragen übers Service-Telefon, den Facebook-Messenger oder per E-Mail eingehen, spielt dabei keine Rolle. Auch „Trusted Shop“-Bewertungen sind integriert.

Das neue System erkennt auch spezielle technische Fragen

Die novomind AG entwickelt seit 20 Jahren intelligente, weltweit einsetzbare Omnichannel-Commerce- und -Customer-Service-Software. Das Hamburger Unternehmen gehört zu den Technologieführern in Europa. Ein rund 500-köpfiges Team in der novomind Gruppe betreut derzeit rund 250 Unternehmen. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) gehört zum Leistungsportfolio, Unternehmensgründer Peter Samuelsen zählt zu den KI-Pionieren in Deutschland.

Etwa die Hälfte der monatlich 60.000 Anfragen erreiche das Service-Center in Allermöhe telefonisch. Sie werden von den 45 Mitarbeitern des Kundenservice beantwortet. In Allermöhe befindet sich auch das einzige Lager des Spezialisten für Biker-Ausstattung, der europaweit 1900 Mitarbeiter beschäftigt. Von dort aus werden Helme, Ersatzteile, Zubehör, Handschuhe oder Jacken versendet.

Louis suchte seit 2018 nach einer Software, um Kundenanfragen zu bündeln

Bereits Ende 2018 begann die Suche nach einem System, um verschiedene Kontaktkanäle zu bündeln, berichtet Jan Ole Petersen, Leiter des Bereichs Kundenbeziehungen bei Detlev Louis. „Ein Problem war auch, dass sich häufig die gleichen Kunden über verschiedene Kanäle bei uns gemeldet haben.“

Im vergangenen Jahr sei zudem das Thema Telefonie noch schwieriger geworden, weil viele Kollegen im Homeoffice arbeiteten. Nun seien die Anrufe in das „iAgent“-System integriert. „Die Kollegen telefonieren über den PC und nicht mehr mit einem klassischen Telefon“, sagt Petersen.

Das neue System könne auch spezielle technische Fragen erkennen und an die zuständigen Mitarbeiter weiterleiten. „Früher waren viele Zwischenwege notwendig, die nun wegfallen“, sagt Petersen, und Unternehmenssprecher Kay Blanke ergänzt: „Das läuft nun alles viel direkter, schneller, strukturierter und effizienter.“ Facebook-User würden eine schnelle Antwort erwarten, „genau wie ein Anrufer“, meint Stefan Grieben, Chief Executive Officer (Vorstandsvorsitzender) der novomind AG.

Das System liest die Frage des Kunden und liefert dem Mitarbeiter Antwortsvorschläge

Das System würde die Kontaktanfragen per E-Mail oder soziale Medien sortieren und dem Detlev-Louis-Mitarbeiter auf dessen Bildschirm Hinweise liefern, die zur Problemlösung beitragen. Grieben: „Es liest die Frage und gibt dem Mitarbeiter Vorschläge für die richtige Antwort, baut also ein Gerüst auf.“

Dabei könne es sich beispielsweise um den Link zu einer DHL-Sendungsverfolgung handeln, der von der Software umgehend gesucht wird. Sie bündle auch die Fragen des Kunden. Die Mitarbeiter müssten auch nicht längere Formulierungen für jede Kundenantwort neu tippen. Sie werden von dem System – nach eingehender Prüfung der Fragen – vorgeschlagen.

Kunde wird durch seine Kontaktdaten bereits erkannt

Weiterer Vorteil: „Das System liest die Absenderadresse und schreibt den korrekten Namen des Kunden auf“, sagt Petersen. Es sei mit dem Warenwirtschaftssystem verknüpft, erkenne frühere Bestellungen des Kunden. „Es gleicht sich mit der Datenbank ab, arbeitet proaktiv.

Der Kunde, der bei uns bereits in der Vergangenheit bestellt hat, wird durch seine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse erkannt.“ Parallel würden die Bestellungen an den Logistikbereich weitergeleitet.

Mehr als 200 Unternehmen in Deutschland, „meist mittlere bis große Firmen“, würden inzwischen mit „iAgent“ arbeiten, berichtet Grieben. „Sie stammen vor allem aus den Bereichen Handel, Touristik, Versorgung und Finanzwesen, kommunizieren viel mit Kunden.“

Software „iAgent“ wurde ursprünglich für einen Versandhändler entwickelt

Die Ursprungsversion der Kommunikationssoftware kam bereits vor 20 Jahren auf den Markt, als Service-Center nur Telefonie kannten und Mitarbeiter manuell die Mails sortierten, sagt der CEO und fügt hinzu: „Sie konnte natürlich weniger als die Updates, sortierte aber auch schon E-Mails, erkannte Kunden über deren Mail-Adresse, suchte Bestellungen raus, vermittelte den Kunden an einen Mitarbeiter und machte Antwortvorschläge.“

Entwickelt wurde „iAgent“ ursprünglich für einen deutschen Versandhändler, der damals rund 30.000 Mails im Monat erhielt, berichtet Grieben. Damals sei das System in das E-Mail-Programm Outlook integriert worden, „heute befindet es sich vernünftig aufgebaut auf der Desktop-Oberfläche“.

Telefonie sei seit drei Jahren integriert. Doch die novomind AG komme „aus dem digitalen Bereich und nicht, wie unsere Mitbewerber, aus der Telefonie“.

Hamburger Spezialisten wollen nun weltweit expandieren

„Bei uns arbeiten zu 90 Prozent Informatiker“, sagt Grieben. Mindestens einmal im Jahr bekämen die Kunden, mit denen ein Nutzungsvertrag geschlossen worden ist, ein Update. Die Zentrale der Firma, eine der größten in den Bereichen Customer Service und E-Commerce-Software weltweit, befindet sich auf 5000 Quadratmetern an der Bramfelder Chaussee. Mit „iAgent“ wollen die Hamburger nun international expandieren.