Hamburg. Boberger Eisenbahnbrücke ist nicht mehr verkehrssicher, doch ein Neubau wird Staus bringen. Politik kritisiert mangelnde Koordination.

Seit dem 4. April 2019 wird auf der Bundesstraße 5 (B5) zwischen Billstedt und Mümmelmannsberg gebaut. Neben der Fahrbahnerneuerung stand dabei in erster Linie der Brückenneubau über der Autobahn 1 (A 1) an der Anschlussstelle Billstedt im Zentrum. Statt der üblichen vier Fahrstreifen (zwei je Richtung) mussten sich Bergedorfer Autofahrer seither mit drei Fahrstreifen und einer Wechselverkehrsführung arrangieren.

Doch nun folgt der nächste große Eingriff: Ab dem 1. November startet der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) Phase zwei der B 5-Bauarbeiten: Dann wird in Boberg (in Höhe der Straße Am Langberg) die 40 Meter lange Eisenbahnbrücke über der AKN-Strecke Tiefstack-Glinde abgerissen und komplett erneuert.

Verkehr Hamburg: Auf B5 bleiben nur zwei Spuren

Auch das wird in der geplanten Bauzeit bis zum 30. April 2023 zu Verkehrsbehinderungen führen: Von vier Spuren bleiben ständig nur zwei übrig, also nur jeweils eine von und nach Bergedorf. Darüber hinaus wird es an Wochenenden mehrere Vollsperrungen der Straße und der Gleise geben.

„Sie wurden gepiesackt. Das wird noch weiter andauern.“ Heinrich Beaupoil vom LSBG zeigte Verständnis für gefrustete Autofahrer, erklärte aber im erstmals wieder in Präsenz ausgetragenen Verkehrsausschuss auch die Notwendigkeit dieses Abrisses in mehreren Bauabschnitten. Der verbaute Spannstahl in den Hauptträgern sei an mehreren Stellen rissig, die Brücke auf Sicht nicht mehr verkehrssicher.

Ein Erhalt der Brücke ist nicht möglich

Seine Behörde wisse bereits seit dem Jahr 2011 von den Schäden an dem Bauwerk aus dem Jahr 1957 und kontrollierte die Brücke regelmäßig. Jetzt ginge es aber nicht mehr, denn „die Hauptträger könnten plötzlich reißen“. Den Abriss empfehle auch ein entsprechendes Gutachten: „Ein Erhalt ist nicht möglich, wir müssen die Brücke neu bauen, damit wir langfristig die Verkehrssicherheit garantieren können“, so Beaupoil. Eine Behelfsbrücke komme aus Platzgründen nicht in Frage.

Mehrere Zuhörer jedoch wollen den drohenden Verkehrskollaps auf der B 5 nicht hinnehmen. Jörg Froh (CDU) traut der Bauplanung insgesamt nicht: „Was passiert, wenn die Baustelle rund um die Anschlussstelle Billstedt nicht freigegeben wird? Können Sie dann mit dem Abriss der Eisenbahnbrücke beginnen?“ Momentan seien diese Ausfahrten noch gesperrt, die Zeit werde knapp – LSBG-Vertreter Beaupoil wollte dazu keine 100-prozentige Garantie geben.

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Robert Gruber (Die Linke) erzürnte genau diese Ungewissheit: „Koordinationstechnisch eine Katastrophe! Wenn diese beiden Maßnahmen sich jetzt überschneiden, dann ist Bergedorf monatelang abgetrennt.“ Denn die Fahrt in die Hamburger Innenstadt über die A 25 ist keine echte Alternative, führt ins nächste Nadelöhr: die Baustelle auf den Elbbrücken.

Verkehr Hamburg: Politiker befürchten massive Probleme

Es sind klare Worte aus der letzten Reihe des Rathaussaals während des Verkehrsausschusses. „Wenn die Anschlussstelle Billstedt zur A1 nicht zum 1. November freigegeben wird, dann sollten Sie noch mal überlegen“, mahnt CDU-Verkehrsexperte Jörg Froh: „Das zusammen mit dem neuen Brückenabriss in Boberg würde bedeuten, dass über diese Route kein Verkehr von und nach Bergedorf fließt.“

Der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) plant dennoch den Abriss der maroden Eisenbahnbrücke in Höhe der Straße Am Langberg zu Anfang nächsten Monats, weil es laut Referent Heinrich Beaupoil derzeit keine Anhaltspunkte für eine Verzögerung der ersten Bauphase rund um die Anschlussstelle Billstedt gebe.

B5: Auch Gleise müssen zeitweise gesperrt werden

Der Boberger Brückenabriss bringt bis April 2023 auch zehn Straßenvollsperrungen und sechs Vollsperrungen der Gleise mit sich. Diese sind laut LSBG überwiegend auf lange Wochenenden (Freitag, 21 Uhr, bis Montag, 5 Uhr) angesetzt – gleich in diesem Jahr wird es zwei Vollsperrungen im November und eine weitere im Dezember geben.

Vom 1. November an wird zunächst die nördliche Brücke über die AKN-Gleise verstärkt, der südliche Teil hingegen komplett abgerissen. Ist dies beendet, verschwindet die nördliche Teilbrücke. So könne jederzeit eine Fahrspur je Richtung aufrechterhalten werden, erklärt Heinrich Beaupoil.

Für weiteres Unverständnis im Plenum sorgte, dass der Landesbetrieb die beiden großen Eingriffe nacheinander über vier Jahre streckte und nicht zeitgleich erledigte. Überdies folgt noch Phase drei auf der B 5 parallel zum Abriss der Eisenbahnbrücke: Vom 4. März 2022 wird bis zum 20. Juli 2022 eine neue Deckschicht im Bereich der Kandinskyallee aufgetragen.