Hamburg. Wenig Grundfläche, viel Parkraum: Werden Autos „gestapelt“, ist das möglich. Liberale sehen Bedarf an mobilen Parktürmen.
Im Schneckentempo drehen sie ihre Runde. Und noch eine und noch eine. Parkplatzsuchende Autofahrer brauchen in der Bergedorfer Innenstadt vor allem an den Markttagen viel Geduld. Nun soll ein ganz neuer Ansatz für mehr Parkraum in der City diskutiert werden: mobile Parktürme („Tower Hubs“). Ein entsprechender Prüfauftrag, den die FDP initiiert hatte, wurde jetzt in der Bezirksversammlung beschlossen.
Einige Start-ups in Deutschland beschäftigen sich bereits mit der Idee. Dabei geht es um ein vertikales Parksystem, also einen raumsparenden Turm. Die Autos fahren nicht über mehrere Ein- und Ausfahrten zu den Ebenen, sondern werden per Aufzug und Rotationsprinzip binnen weniger Minuten zu ihren Stellplätzen geschoben. Bis zu 16 Auto können so gewissermaßen auf den Etagen „gestapelt“ werden. Bei höheren Türmen auch mehr.
Tower Hubs für mehr Parkplätze in Bergedorf?
Sonja Jacobsen (FDP) pries in der Bezirksversammlung die Vorteile solcher „Tower Hubs“. Denn sie seien platzsparend und zudem einfach auf- und abzubauen. „Wir müssen also kein Stahlbeton-Parkhaus für die Ewigkeit bauen“: Vielmehr könnten die „Tower Hubs“ auch mal versetzt und an anderer Stelle ausprobiert werden. Jacobsen betonte den Bedarf für die Bergedorfer Innenstadt: „Wir wollen, dass die Einkaufslagen auch weiterhin mit dem Auto erreichbar sind.“ Der Frascatiplatz sei für Menschen mit Gepäck oder Handicap – Senioren, Familien mit kleinen Kindern oder auch Handwerker – zu weit weg.
Die FDP, die für ihren Prüfauftrag die Bergedorfer Koalitionspartner von SPD und Grünen gewinnen konnte, hat auch bereits über Standorte nachgedacht. An der Bergedorfer Straße 127 etwa, neben dem Restaurant November, befinde sich ein öffentlicher Parkplatz, der sich für einen solchen Turm anbiete. Von hier aus sei es ganz nah zu Arztpraxen und in die Fußgängerzone.
Pro Stellplatz fallen bis zu 19.000 Euro an
Die Parktürme sind jedoch nicht ganz billig, pro Stellplatz würden geschätzt 16.000 Euro anfallen, hat die FDP recherchiert. Noch einmal 3000 Euro mehr wären es, wenn eine E-Ladevorrichtung mitgebaut werde. Die Opposition sieht viele offene Fragen.
Sind die Parktürme die Lösung für das Stellplatzproblem in der Bergedorfer City? Die Opposition ist noch skeptisch. Robert Gruber (Die Linke) stellte fest: „Es gibt gerade mal ein paar Firmen, die das projektieren“, es fehlten Erfahrungswerte, so Gruber. Viele Fragen seien offen: „Wem gehören die Parkgebäude? Was kostet das Parken und wer kassiert?“ Auch die Kostenkalkulation sei vage. „Ich will ja nicht gegen einen Prüfauftrag reden, aber das alles scheint wenig durchdacht.“
Parkplatzmangel in Bergedorf längst ein heißes Eisen
Wie die AfD sah die CDU – beide traditionell autofahrerfreundlich – aber auch den Nutzen der FDP-Initiative. Der Stellplatzmangel in Bergedorf ist längst ein politisch heißes Eisen, wie etwa der Streit um den geplanten Umbau der Chrysanderstraße zugunsten von Radfahrern und zu Lasten von Parkplätzen zeigt. Stephanie Pelch (CDU) freute sich deshalb, dass „nun auch die Koalition“ die Notwendigkeit erkannt habe, die Parkplatznot zu thematisieren. Offene Fragen rund um die Parktürme könnten noch geklärt werden, „dafür ist es ja schließlich ein Prüfauftrag“.
Tatsächlich soll die Verwaltung nun sechs Monate Zeit bekommen, um die Idee einem gründlichen Faktencheck zu unterziehen. Wie viele Stellplätze gibt es derzeit im Innenstadtbereich? Wie groß ist der Bedarf? Welche Anbieter für Parktürme gibt es? Welche Standorte wären denkbar? Und könnte der Landesbetrieb Verkehr für den Betrieb der Türme gewonnen werden?
Bislang sind Tower Hubs kaum gebaut worden
Vor allem die Standortfrage könnte schnell zum Problem werden, denn Flächen in der City sind rar und die Türme nicht immer schön. „Vor den Kulissen des Schlosses oder im Villengebiet ist das wirklich nicht vorstellbar“, stellte Stephanie Pelch fest.
Zudem sind solche Türme bisher kaum gebaut worden. Das soll aber nicht so bleiben: Das Start-up „VePa“ (Vertical Parking) aus der Nähe von München plant nach eigenen Angaben den Bau von vier Parktürmen als Pilotprojekt beim „Klinikum rechts der Isar“. Start: Dezember 2021. Auch die „Park-to-go GmbH“ ist auf dem Markt unterwegs, wirbt für einen „Car Tower“ in verschiedenen Ausführungen und Größen. Die Modelle sind entworfen für eine Kapazität von sechs bis 16 Fahrzeuge. Auch Platz für SUVs soll sein. Betriebs- und Instandhaltungskosten seien gering.
Reserviert und bezahlt wird über eine App
„VePa“ wirbt damit, zwölf Parkplätze auf einer Fläche von zweien zu schaffen. Nur fünf Tage dauere der Auf- oder Abbau des Turms. Der Turm kann etwa mit Elektroladestationen und Solardächern ausgestattet sein. Beide Systeme werden sich aber wohl eher an junge Kunden richten. Denn das Reservieren und Bezahlen soll wohl per App oder Internet angeboten werden. Der „Car Tower“ wird zudem mittels Touchscreen bedient.