Bergedorf. Die Moderatorin (62) ist Gast bei den „Altersbildern“ in Bergedorf. Ein Interview über Lebensfreude, Weltrettung und Ölprinzen.
Neugierige Fragen zu stellen, ohne jemals aufdringlich oder taktlos zu wirken: Kaum eine Moderatorin im deutschen Fernsehen beherrscht diese Kunst wohl so mühelos wie Bettina Tietjen. Die 62-Jährige ist seit vielen Jahren im Geschäft und aus verschiedenen Fernsehformaten bekannt – etwa aus der NDR-Talkshow oder der Sendung „DAS!“ mit Gesprächspartnern auf dem roten Sofa. Sie hat auch mehrere Bücher geschrieben, zuletzt „Früher war ich auch mal jung“ über ihre Jugend-Tagebücher. Nun ist die Moderatorin in Bergedorf zu Gast: Am Donnerstag, 13. Oktober, spricht sie in der Reihe Altersbilder mit Andreas Bormann über Ängste und Hoffnungen im Alter und liest aus ihrem Buch. Wir haben Bettina Tietjen im Urlaub am Meer erwischt und mit ihr über das Älterwerden, über Wüstentrips und Weltrettung gesprochen.
bz: Aufenthalte in Paris und New York, ein echter Ölprinz als Verehrer: In Ihrer Jugend war ja ordentlich was los; danach kamen auch noch Kinder und Karriere. Was glauben Sie: Werden die nächsten 20 bis 30 Jahre auch so aufregend?
Bettina Tietjen: Na, wie das so ist, wenn man ein bisschen älter ist und seit 30 Jahren verheiratet: Man versucht, sich das Leben nett und abwechslungsreich zu gestalten. Aber ein Ölprinz wird wohl nicht mehr um die Ecke kommen! (lacht)
Sie schreiben an einer Stelle, dass das Älterwerden „träge und vorsichtig“ macht und dass „der Hunger nach Wagnis und Abenteuer“ fehlt. Klingt da echtes Bedauern mit – oder sind Sie im Grunde zufrieden so wie es ist?
Ich bin zufrieden so wie es ist. Nur manchmal denke ich, man könnte öfter mal was Verrücktes machen. Wir fahren zwar oft spontan los mit unserem Wohnmobil, mal hier hin, mal da hin, waren gerade unter anderem am Gardasee, in Nizza und in Arles. Aber eine Wüstentour haben wir jetzt noch nicht gemacht… Dafür müsste ich meinen Mann wohl noch ein bisschen bearbeiten. Aber im Ernst, man ist ja auch einfach froh, wenn man noch gesund ist.
Sie haben es ja bei Ihrem Vater erlebt, der an Demenz erkrankt war...
Aber er war über 80 und hatte es bis dahin ganz gut. Erst mit 83 fing es an schlimmer zu werden. Es stimmt, man muss jeden Tag genießen und mobil sein. Gerade, wenn
man über 60 ist. Ich sehe es oft bei Anderen, mit Anfang 70 geht es los: künstliches Knie, künstliche Hüfte...
Sie sind 62. In drei Jahren könnten Sie in Rente gehen, ein anderer Lebensabschnitt beginnt. Eine schreckliche oder eine schöne Vorstellung?
Ich bin ja Freiberuflerin und gehe nicht so klassisch in Rente. Mir macht es Spaß zu arbeiten und ich teile es mir gut ein. Manches habe ich schon reduziert. Die tägliche Sendung „DAS!“ mit dem roten Sofa mache ich jetzt nur noch zehn Wochen im Jahr. Dann moderiere ich ja noch die NDR-Talkshow und schreibe meine Bücher… Es muss ausgewogen sein für mich, Freizeit und Arbeit. Auf Stress habe ich keine Lust. Wenn die Work-Life-Balance stimmt, ist alles gut und dann kann ich auch noch weiter arbeiten.
Die Zuschauer kennen Sie als fröhliche und lebensbejahende Person. In Ihrem Buch wird aber klar, dass Ihr jüngeres Ich sich schon früh auch mit Themen wie dem Lebenssinn und Glauben beschäftigt hat. Sind das Themen, die für Sie mit dem Älterwerden wieder wichtiger werden – oder wird man im Gegenteil immer lockerer?
Also, beides, ehrlich gesagt. Einerseits wird man lockerer, weil man sich nicht mehr so viele Sorgen macht. Man hat viel erlebt und weiß, dass sich oft vieles fügt. Andererseits denkt man schon darüber nach, was noch kommt. Wie gestalte ich mein Leben, das noch vor mir liegt? Aber ich plane nicht mehr so langfristig und habe nicht mehr solche Zukunftsängste. Als junger Mensch weiß man nicht, was man werden soll, womit man Geld verdienen kann, ob man den Richtigen trifft. Solche Dinge haben sich ja längst erledigt. Ich würde sagen, ich bin lebenslustig, unbeschwert und und fröhlich, aber natürlich habe ich auch meine nachdenklichen und traurigen Momente, zum Beispiel, wenn in meinem Umfeld Menschen krank werden oder sterben.
Mit diesen Themen beschäftigen Sie sich ja auch seit vielen Jahren über Ihr soziales Engagement.
Ja, ich bin Schirmherrin im „Hospiz für Hamburgs Süden“ des DRK in Harburg. Ich bin da regelmäßig zu Besuch, beispielsweise mal zu einem Mittagessen oder beim Tag der offenen Tür. Ich mag dieses Haus sehr, die Atmosphäre ist friedlich und warmherzig. Außerdem bin ich schon sehr lange Schirmherrin vom Ronald-Mc-Donald-Kinderhaus in Kiel, wo Familien ein Zuhause auf Zeit finden können, wenn die Kinder schwer krank sind und operiert werden müssen. Die Kinderhilfe ist eine tolle Institution. Wichtig ist mir auch mein Engagement für die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft.
In Ihrem Buch haben Sie sich selbst einmal die Frage gestellt: „Habe ich meine Chance genutzt, die Welt zu verändern?“ Das ist ja ein hoher Anspruch. Soll das jetzt noch kommen?
Ich weiß nicht. Als junger Mensch hatte ich schon die Illusion, dass man das kann und tun müsste. Aber ich bin nun mal keine Luisa Neubauer. Wenn ich sehe, was diese jungen Leute alles auf die Beine stellen für Fridays for future, das finde ich absolut bewundernswert. Die widmen dem Klimaschutz ihr ganzes Leben. Dafür bin ich nicht gemacht. Ich verändere die Welt eher im Kleinen. Durch meine Ehrenämter und auch durch meinen Job. Als Moderatorin bin ich ja auch eine Multiplikatorin und Vermittlerin von Inhalten. Und wenn ich eine Lesung mache und die Leute mir hinterher sagen, sie hätten so viel gelacht und schon lange keinen so schönen Abend mehr gehabt, dann habe ich immerhin ein paar Menschen glücklich gemacht. Natürlich ist das etwas anderes, als gegen die Klimakatastrophe zu kämpfen oder Geflüchtete aus dem Mittelmeer zu retten. Aber das ist eben meins.
Der Abend mit Bettina Tietjen beginnt um 19 Uhr im Haus im Park am Gräpelweg 8. Anmeldungen kostenfrei per E-Mail an hip@koerber-stiftung.de oder unter Telefon 040/725 70 20.